Aus für Winkleranlage in Leuna
Am 17. August 1990 erreicht der letzte Kohlezug aus Deuben die Winkleranlage in den Leunawerken. Zwei Wochen später, am 31. August, wurde die Anlage komplett stillgelegt. Für viele Leuna-Mitarbeiter ein Meilenstein im noch anstehenden Veränderungsprozess. Denn die Anlage wurde seit 1925 zur Synthesegaserzeugung auf Braunkohlebasis genutzt. Nun war endgültig Schluss. Nach Ansicht von Experten war ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage wegen des hohen Energie-, Arbeitskräfte- und Instandhaltungsbedarfs nicht mehr möglich.
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Der letzte Kohlezug erreicht die Winkleranlage Bau 2179. Die Aufschrift lautet: „Ich bin der Letzte! Leuna lebe wohl. Deuben 17.8.90“ Foto: Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg (LHASA, MER), I 525, FS Nr. FNc 90-479-100
- Anmerkung:
Die Umgestaltung der Synthesegaserzeugung führte zur endgültigen Einstellung der Winkleranlage. Damit wurde eine fast 60 Jahre in Leuna eingesetzte Technologie beendet. Foto: LHASA, MER, I 525 Leuna-Werke, Fotosammlung, Nr. C 90/592/105
- Anmerkung:
Wie Tausende andere Betriebe der ehemaligen DDR wurden auch die Leunawerke am 1. Juli in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt und der Treuhand unterstellt. Am 31. August wurde der neue Firmenname Leuna-Werke AG auf dem Hauptverwaltungsgebäude installiert. Foto: LHASA, MER, I 525, FS Nr. FN 90-518-1
Die Leunawerke südlich von Halle waren das größte Chemieunternehmen der DDR. Allerdings verbuchte das Kombinat Ende 1989 bei einem Jahresumsatz von 2 Milliarden DM rund 500 bis 600 Millionen DM Verlust. Nicht zu vergessen die enorme Umweltbelastung, die vom Chemieriesen ausging. (Leuna emittierte 1989 etwa 20 Tonnen Schwefeldioxid und 17 Tonnen Staub pro Stunde!)
So ist es nicht verwunderlich, dass es zwischenzeitlich ernsthafte Überlegungen gab, das Werk komplett zu schließen. Allerdings sind die Verantwortlichen dann vor der sozialen Dimension zurückgeschreckt – auf einen Schlag wären 23 000 Menschen arbeitslos gewesen. (Quelle: „Leuna. Metamorphosen eines Chemiewerks, S. 289ff.)
Modernisierung von Leuna wird zur Chefsache
Am Ende kam es zu einem Kompromiss, der sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Aspekte im Blick behielt und darauf abzielte, einige industrielle Kerne zu erhalten. Die Modernisierung der Leunawerke wurde Anfang der 1990er Jahre zur Chefsache, Bundeskanzler Helmut Kohl setzte sich persönlich dafür ein. Ein entscheidender Schritt bei der Privatisierung war die Übernahme der Erdölraffinerie durch den französischen Mineralölkonzern Elf Aquitaine, der später mit Total fusionierte.
Nach und nach erholte sich das Unternehmen und der Standort entwickelte sich zu einem Schmelztigel internationaler Chemieunternehmen. Auf einem Areal in etwa so groß wie 1 820 Fußballfelder arbeiten heute rund 9 000 Menschen. Verwaltet wird die gesamte Infrastruktur von der InfraLeuna GmbH. Seit der Wende wurde die Umweltbelastung um 95 Prozent gesenkt.