Sachsen-Anhalt sei für die meisten Ausländerinnen und Ausländer nur eine Durchgangsstation, beobachtet die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit verliere das Land dringend benötigte Potenziale für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Mit ihrem Antrag will die Fraktion auf die Landesregierung einwirken, die Partizipation von Migrantinnen und Migranten zu stärken, bürokratische Hindernisse abzubauen und Bildungsangebote zu verbessern. Eine besondere Bedeutung komme der Entwicklung einer allgemeinen Willkommenskultur zu.
Willkommenskultur muss verbessert werden
Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erklärte, aufgrund des demographischen Wandels gingen dem Land zukünftig schlichtweg die Arbeitskräfte abhanden. Mit fast 48 Jahren sei das Durchschnittsalter der Menschen hier so hoch wie nirgends in Deutschland, deshalb brauche es gelungene geregelte Zuwanderung. Laut Zahlen der Arbeitsagentur würden bundesweit 400 000 Arbeitskräfte pro Jahr benötigt, so Striegel.
Koalitionsvertrag hat Zuwanderung im Blick
„Sachsen-Anhalt ist heute so vielfältig wie nie zuvor“, unterstrich Arbeits- und Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Bereits in den vergangenen Jahren hätte man bei der Verbesserung der Willkommenskultur erste Erfolge erreicht. Neben der Qualifizierung von einheimischen Arbeitslosen müsse man zukünftig die Potenziale von Zugewanderten bestmöglich nutzen. Dies gelinge Schritt für Schritt immer besser, so die Ministerin. Demnach habe sich die Zahl der Beschäftigten aus Asylzugangsländern in den vergangenen fünf Jahren verzehnfacht. Trotzdem müsse Sachsen-Anhalt mit guten Bildungs-, Arbeits- und Lebensbedingungen noch mehr im In- und Ausland um Zuwanderung werben.
Tobias Krull (CDU) verwies auf den Koalitionsvertrag und die dort festgehaltenen Ziele und Maßnahmen zum Thema Zuwanderung. Diese gelinge umso besser, wenn sich Einheimische und Zugewanderte im Alltag begegneten. Das Zusammenleben würde nur auf der Grundlage unseres Rechtssystems funktionieren. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse sollte beschleunigt werden, zudem sollten Menschen die hier studierten, bestenfalls als Fachkräfte in Sachsen-Anhalt bleiben. Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gebe es einige Schnittmengen, er sei jedoch so komplex, dass er im Ausschuss weiterberaten werden müsste.
Genügend Integrationshilfen vorhanden
Im Antrag werde behauptet, dass es Migranten schwer hätten, sich im ländlichen Raum in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies sei schon deshalb falsch, weil die meisten in den Städten lebten, kritisierte Oliver Kirchner (AfD). Außerdem gebe es bereits genug Maßnahmen und Mittel zur Integration der Zuwanderer. Besonders kritisierte Kirchner das von den Grünen gewünschte schnellere Wahlrecht für Zugewanderte. Kirchner plädierte für das Modell „Kanada“, dort müssten sich Menschen bereits bevor sie einwanderten, um einen Job, eine Wohnung und die Sprache kümmern.
Menschen mit offenen Armen empfangen
Andreas Silbersack (FDP) erklärte, die Liberalen würden sich ein bundesweites Einwanderungsgesetz wünschen, dabei sollten Humanität und Fachkräfteanwerbung miteinander verbunden werden. Daher müsse man zwischen Arbeits- und Flüchtlingsmigration unterscheiden. Ohne Willkommenskultur würden Menschen einfach nicht gern nach Sachsen-Anhalt kommen, sagte Silbersack. Mit acht Prozent Zuwanderung könne man die Herausforderung der Zukunft nicht meistern, egal ob in der Landwirtschaft oder der Pflege. „Ohne offene Arme kommt keiner nach Sachsen-Anhalt.“
Nicht nur schlechte Jobs für Migranten
„Migration und Freizügigkeit sollten endlich als Menschenrechte begriffen werden, statt als abzuwehrendes Problem, das man möglichst verhindern will“, sagte Henriette Quade (DIE LINKE). Es sei völlig absurd, dass Fachkräfte händeringend gesucht würden, Anerkennungsverfahren für Berufe aber unendlich dauerten. Ebenso sei es nicht verständlich, dass Menschen, die bereits hier als Geduldete im Land seien, nicht geholfen werde, zu Arbeitsmigranten zu werden. Außerdem dürfe Migration nicht bedeuten, dass Migranten nur die schlecht bezahlten Jobs machen sollten und nur dann willkommen seien.
Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD) verwies darauf, dass man im internationalen Wettbewerb nur mithalten könne, wenn man die Willkommenskultur und die Fachkräfteanwerbung im Ausland verbessere. Es entspreche nicht der Lebensrealität, dass es einen unüberbrückbaren Widerspruch zwischen einer gewachsenen ländlichen Dorfgemeinschaft und Zuwanderung gebe. Für die Integration sei das Erlernen der deutschen Sprache Grundvoraussetzung, dies solle zukünftig sowohl in der Kita als auch in der Erwachsenenbildung intensiviert werden.
Der Antrag wurde in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (federführend) überwiesen sowie in die Ausschüss für Bildung, für Wirtschaft und Tourismus, für Inneres und Sport, für Finanzen sowie für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien sowie Kultur (mitberatend).