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Plenarsitzung

Entscheidung über Fähren vertagt

Eine Entscheidung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zum Thema Fähren wird vertagt, ebenso ein Antrag der AfD-Fraktion zum gleichen Thema. Das hat der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr in seiner Ausschusssitzung am 25. März 2021 beschlossen. Hintergrund sind unterschiedliche Auffassungen darüber, inwieweit die beihilferechtlichen Vorgaben der Europäischen Union bei dem Gesetzentwurf berücksichtigt werden müssen. Während sich die Fraktion DIE LINKE für eine positive Beschlussempfehlung aussprach, verwiesen insbesondere die CDU-Fraktion und das Verkehrsministerium auf mögliche rechtliche Bedenken der EU.

Fähre überquert bei Werben die Elbe

Für die Hansestadt Werben hat die Fähre über die Elbe nach Havelberg eine hohe Bedeutung. Foto: www.arneburg-goldbeck.de

Was der Gesetzentwurf vorschlägt

Die Fraktion DIE LINKE hatte Ende Januar einen Gesetzentwurf zur Beteiligung an den Kosten der landesbedeutsamen Fähren des Landes Sachsen-Anhalt (Fährfin-G) vorgelegt. Darin werden zwölf landesbedeutsame Fähren definiert, die zukünftig besser vom Land finanziert werden sollen. In Paragraf 2 des Fährfin-G heißt es: „Das Land garantiert den Betreibern landesbedeutsamer Fähren nach § 1 Abs. 2 eine Übernahme der Landrevisionskosten in Höhe von 100 v. H. Die Betriebskostendefizite werden als Zuschuss in Höhe von 50 v. H. übernommen. Näheres regelt eine Verordnung.“

  • Was ist eine landesbedeutsame Fähre?

    Die Landesregierung unterscheidet verschiedene Typen von Fähren und deren Bedeutung: Landesbedeutsame, regionale und lokale. Eine Fähre gehört zu den landesbedeutsamen Fähren, wenn die Straßenverbindung, die durch den Fährbetrieb gewährleistet wird, von überregionaler Bedeutung ist. Das gilt immer dann, wenn eine Landes-​ mit einer Bundesstraße verbunden wird. Die nächste Brücke muss weit entfernt sein und für die Verkehrsteilnehmer schwer zu erreichen. Zudem müssen die Fähren einen Beitrag zum flächendeckenden Verkehrsnetz leisten oder kommunale Straßen mit dem überregionalen Straßennetz verbinden. Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt zwölf landesbedeutsame Fähren, nur sie werden finanziell vom Land gefördert. Sachsen-Anhalt beteiligt sich zurzeit mit bis zu 90 Prozent an den zuwendungsfähigen Kosten von Landrevisionen – einem TÜV für die Fähren.

    Quelle: mlv.sachsen-anhalt.de

Meinungen aus der Ausschuss-Debatte

Das Verkehrsministerium erklärte, es sei Aufgabe der Landesregierung, auf mögliche Risiken eines Gesetzentwurfs hinzuweisen. Dennoch könne der Landtag natürlich entscheiden, wie er wolle. Die Landesregierung müsse sich jedoch  an Recht und Gesetz halten. Der zuständige Rechtsexperte des Ministeriums sei in der Frage der beihilferechtlichen Vorgaben zu einem anderen Urteil gekommen als der Gesetz- und Beratungsdienst (GBD) des Landtags.

Für die Fraktion DIE LINKE sind diese Verweise auf mögliche Probleme bei den beihilferechtlichen Vorgaben der EU „an den Haaren herbeigezogen“. Wenn dem wirklich so wäre, warum hat das Ministerium nicht längst in Brüssel nachgefragt und sich Klarheit verschafft, fragte ein Abgeordneter der Fraktion DIE LI NKE. Zudem hätte sich das Ministerium bereits um eine Modifzierung des Gesetzentwurfs bemühen können.

Der Abgeordnete hielt die Bedenken gegen den Gesetzentwurf für „vorgeschoben“, es sei eine „schlechte Ausrede“. Er kritisierte weiter, mit diesem „unmöglichen Vorgehen der Landesregierung“ werde ein Gesetzentwurf abgelehnt, für den esbreite Unterstützung bei den Anzuhörenden gegeben habe. Seiner Ansicht nach habe der GBD eine Risikoabschätzung zu der EU-Beihilfe-Problematik abgegeben, die zu dem Schluss komme, dass das Risiko sehr gering sei.

Ein Vertreter der CDU-Fraktion unterstrich dagegen in der Debatte im Ausschuss, es könne nicht sein, dass man etwas beschließe, was vielleicht im Nachhinein wieder zurückgenommen werden müsste, weil es vielleicht gar nicht erlaubt gewesen sei. „Wir wollen rechtssichere Gesetze und keine Schnellschüsse!“ Das Gesetz basiere noch auf einer zu dünnen Faktenlage, daher schlug er vor, bei der EU in Brüssel nachzufragen und sich Klarheit zu verschaffen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN drückte ihr Bedauern aus, dass es in dieser Legislatur vermutlich nicht mehr gelingen werde, dem Gesetzentwurf „absolute Rechtssicherheit“ zu  zu geben. Ähnlich äußerte sich ein Vertreter der SPD-Fraktion und schlug vor, den Gesetzentwurf nicht abzulehnen, sondern das Thema zu vertagen. Damit verbunden richtete er die Bitte an das Verkehrsministerium, sich in Brüssel zu erkundigen, ob es dort rechtliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf gibt oder nicht. Für weitere Debatten über das Thema in der nächsten Legislatur wäre dies hilfreich.

Entscheidung wird vertagt

Nach Abstimmung im Ausschuss stellte der Ausschussvorsitzende fest, dass eine endgültige Beschlussempfehlung über den Gesetzentwurf und den Antrag der AfD-Fraktion auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden, bis die offenen Fragen vom Ministerium geklärt sind.

In Sachsen-Anhalt verkehren derzeit zwölf landesbedeutsame Fähren, zehn setzen auf der Elbe und zwei auf der Saale über. Grafik: www.mlv.sachsen-anhalt.de

Breite Unterstützung bei Anzuhörenden

In den vergangenen Wochen hatte sich der Ausschuss darauf geeinigt, eine schriftliche Anhörung zum neuen Gesetzentwurf durchzuführen. Alle Kommunen, Landkreise und Fährbetreiber, die sich bislang zurückgemeldet haben, begrüßten den Gesetzentwurf ausdrücklich. Manche sprachen sich zudem für eine noch höhere Beteiligung an den Betriebskostendefiziten aus. 

Ähnlich wie bereits in der mündlichen Anhörung im Oktober 2020 verwiesen die Anzuhörenden darauf, welch hohe Bedeutung der Fährverkehr für die ländlichen Regionen in Sachsen-Anhalt habe (Pendler, Touristen, Wirtschaft, Tradition). Keine Gemeinde wolle daher auf die Fähren verzichten, allerdings fehle es bei fast allen an der finanziellen Ausstattung, die Fähren wirtschaftlich zu betreiben.

Die Kosten seien einfach zu hoch, insbesondere wenn die Fähren wegen Niedrigwassers lange Zeit still stünden. Damals hatten sich die meisten Anzuhörenden zudem gewünscht, dass das Land zukünftig 100 Prozent der Revisionskosten übernimmt und nicht nur 90 Prozent wie bislang. Der neue Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE kommt diesem Wunsch nach.

Die Kommunalen Spitzenverbände betonten in ihrem schriftlichen Statement zum neuen Gesetzentwurf: „Um eine nachhaltige Sicherstellung des Fährbetriebes und damit letztlich gleichwertige Lebensverhältnisse in Sachsen-Anhalt zu gewährleisten, halten wir es für notwendig und sinnvoll, die Finanzierungsverantwortung des Landes nicht auf landesbedeutsame Fähren zu beschränken." Eine entsprechende Regelung müsse alle Fährverbindungen erfassen.

Zu den Dokumenten

Anhörung im Landtag im Oktober 2020