Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Auftragsvergabe soll einfacher werden

Im Bereich des Beschaffungswesens stelle die öffentliche Hand im Vergleich zu den privaten Auftraggebern aufgrund des enormen Auftragsvolumens den größten Nachfragesektor dar. Dies ermögliche ihr, eine wirtschaftspolitische, sozialpolitische und innovative Vorbildfunktion wahrzunehmen, konstatieren die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. Ziel des nun vorgelegten Gesetzentwurfs sei, ein zeitgemäßes und nachhaltiges Vergabegesetz zu schaffen.

Symbole für Recht, Gesetz, Gerechtigkeit, Paragraphen, Justiz

Die Koalitionsfraktionen wollen die Vergabe von öffentlichen Aufträgen einfacher gestalten.

„Es ist ein guter Tag für Sachsen-Anhalt, die Bürger und die Kommunen“, konstatierte Andreas Silbersack (FDP). Der vorliegende Gesetzentwurf diene dazu, die Bürokratie abzubauen, Kommunen zu entlasten und gleichzeitig faire Löhne zu zahlen. Die Vergabeverfahren seien bislang sehr kompliziert und langwierig gewesen, dies werde sich nun ändern. Denn bei den einzelnen Schwellenwerten für Vergaben sei man nach oben gegangen, so der FDP-Abgeordnete. Damit sei es für Schulen beispielsweise möglich, Toiletten ohne kompliziertes Verfahren zu sanieren. Zudem gebe es das „Best-Bieter-Prinzip“, wonach nur der Sieger eines Verfahrens entsprechende Nachweise bringen müsste.

Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) begrüßte den vorgelegten Gesetzentwurf. Er zeige, dass wesentliche Bestandteile des Koalitionsvertrags auch umgesetzt würden und es möglich sei, gemeinsam gute Lösungen zu finden. Wichtige Aspekte seien die Bindung an einen Mindestlohn, die Entbürokratisierung und die Erhöhung der Schwellenwerte (für Bauaufträge auf 120.000 Euro, für Liefer- und Dienstleistungsaufträge auf 40.000 Euro). Erst ab diesen Auftragsvolumen würde zukünftig das komplexe Vergabeverfahren anzuwenden sein.

Die öffentliche Hand habe besondere Verantwortung bei der Vergabe von Aufträgen. Man arbeite mit Steuergeldern und müsste deshalb sparsam sein, gleichzeitig aber alle sozialen Standards einhalten, konstatierte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Gerade die Festlegung des Mindestlohns als Standard bei den Vergabeverfahren sei eine gute Entwicklung. Auch die weiteren sozialen Kriterien fänden seine Zustimmung. Es fehlt allerdings das Kriterium des „fairen Handels“, erklärte Meister einen Aspekt des Grünen-Änderungsantrags. Ebenso plädiert er dafür, auch  ökologische und klimafreundliche  Kriterien stärker bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen.

Ulrich Thomas (CDU) beschrieb, dass es manchmal faktisch unmöglich sei, bestimmte Kriterien während eines Vergabeverfahrens wirklich zu überprüfen. Wie solle beispielsweise eine Kommune feststellen, ob bei der Anschaffung neuer Computer Lithiumbatterien enthalten seien, an denen vielleicht Kinderhände mitgewirkt hätten? Dies sei schlichtweg unmöglich, so der CDU-Abgeordnete. Seiner Fraktion sei es wichtig, „ein bürokratiearmes Verfahren“ auf den Weg gebracht zu haben. Den Vergabemindestlohn sah er weiterhin kritisch, weil der Mindestlohn „politisch festgelegt“ werde. Seiner Ansicht nach gebe es erste Tendenzen, dass der Mindestlohn dazu führe, dass einzelne Unternehmen überlegten, abzuwandern.

Der Gesetzentwurf enthalte positive Ansätze, wie beispielsweise die Erhöhung des Schwellenwertes und die Festlegung des Mindestlohns, sagte Matthias Lieschke (AfD). Dennoch gebe es „erhebliche Mängel“ im Entwurf. Die Berücksichtigung der vielen sozialen Standards wären zu „unbestimmt“ mit vielen „Kann“- und „Soll“-Regelungen. Dies könnte zu unnötigen Klageverfahren bei unterlegenen Bietern führen. Zudem werde es weiter schwierig für neue Unternehmen, da sie keine Referenzen vorlegen und somit keine Chance auf Berücksichtigung finden könnten, kritisierte der AfD-Abgeordnete.

Holger Hövelmann (SPD) unterstrich, die Kommunen könnten bei der Vergabe von Aufträgen viel bewirken. Die Unternehmen müssten aber auch ein Interesse daran haben, sich für öffentliche Aufträge zu bewerben. Von dem Gesetz würden alle Seiten (Unternehmen, Arbeitgeber und Kommunen) profitieren. Das Wichtigste aus Sicht der SPD-Fraktion: „Es wird sichergestellt, dass in Sachsen-Anhalt niemand zu schlechten Löhnen für die öffentliche Hand arbeitet!“ Denn gerade die öffentliche Hand müsste dafür sorgen, dass die Menschen anständig bezahlt würden. Außerdem würde das Vergabegesetz „unbefristeten Verträgen ohne Sachzwang den Kampf ansagen“.

„Das, was im Gesetz drin steht, ist zu 90 Prozent FDP-Programmatik“, analysierte Wulf Gallert (DIE LINKE). Sachsen-Anhalt sei eines der Länder mit der geringsten Tarifbindung. Wenn man über ein Vergabegesetz spreche, müsste man Betriebe motivieren, in die Tarifbindung hineinzugehen, dies geschehe mit dem vorliegenden Gesetzentwurf jedoch nicht. Außerdem gebe es eine Art „Gummiparagraphen“, der es – bei welchen Krisen und Notlagen auch immer – ermögliche, das Gesetz auszuhebeln, monierte Gallert. Wirklich hilfreich wäre es darüber hinaus gleich einen Mindestlohn von 14 Euro festzulegen. „Dieses Gesetz hat extrem viele Mängel, es ist  nicht im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und muss deutlich verbessert!“

Am Ende der Debatte wurde der Gesetzentwurf in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus (federführend) und in den Ausschuss für Finanzen sowie den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (mitberatend) überwiesen.