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Plenarsitzung

Tariftreue und Mindestlohnverstöße

In Sachsen‐Anhalt sei 2024 nur ein Prozent der Betriebe mit abhängig Beschäftigten auf Einhaltung des Mindestlohngesetzes kontrolliert worden, moniert die Fraktion Die Linke. Bei den verbliebenen Kontrollen habe sich die Häufigkeit der Verstöße seit 2021 mehr als verdoppelt. Die Landesregierung soll per Antrag gegenüber der neuen Bundesregierung darauf hinwirken, die Personalkapazitäten des Zolls für Betriebsprüfungen und Kontrollen gegen Verstöße des Mindestlohngesetzes zu erhöhen, um den Mindestlohn konsequent durchzusetzen. Zudem sollen schwere Verstöße bei erheblicher Schwere nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat bewertet werden.

Die Fraktion Die Linke setzt sich mit einem Antrag für die Einhaltung des Mindestlohngesetzes ein.

Die Fraktion Die Linke setzt sich mit einem Antrag für die Einhaltung des Mindestlohngesetzes ein.

Weniger Kontrollen, aber mehr Verstöße

Der Slogan „Arbeit muss sich wieder lohnen“ bedeute bei den Verantwortlichen derzeit nur, dass diejenigen weniger bekommen sollen, die nicht arbeiten (können), monierte Wulf Gallert (Die Linke). „Das ist ein Treten nach unten, wir fordern stattdessen soziale Sicherheit für Menschen, die sich in Arbeit befinden.“ Prozentual gesehen, hätte in 2024 jeder vierte Betrieb gegen die Bestimmungen des Mindestlohngesetzes verstoßen. „Warum gibt es immer weniger Kontrollen, wenn immer mehr Verstöße festgestellt werden?“, fragte Gallert. Eine Verstärkung gebe es dagegen beispielsweise bei der Kontrolle von Bedarfsgemeinschaften (Bürgergeld). In diesem Zusammenhang müsse die Landesregierung aktiv werden. Eine Erhöhung des Mindestlohns sei wünschenswert, aber der nutze nur etwas, wenn dessen Einhaltung auch überprüft werde.

Faire Löhne, fairer Wettbewerb

„Schwarzarbeit ist ein ernst zu nehmendes Problem, das die Gesamtgesellschaft belastet“, erklärte Finanzminister Michael Richter (CDU) in Vertretung des Wirtschaftsministers. Die verstärkte Kontrolle und Überwachung sei bei besonders betroffenen Branchen (Baugewerbe, Gaststättengewerbe) angeraten. Es sei sicherzustellen, dass die zuständigen Bundesbehörden ausreichend Ressourcen hätten, um flächendeckend Kontrollen durchführen zu können. Viele Menschen seien sich nicht bewusst, dass sie Anspruch auf einen Mindestlohn hätten, so der Minister. Es müssten Anreize geschaffen werden, damit sich die Unternehmen an die Mindestlohngesetze hielten. Die Landesregierung setze sich für faire Löhne und faire Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaft ein.

Mindestlohnerhöhung wäre falsch

Eine politisch gesetzte Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro sei falsch, weil die Tarifautonomie verletzt werde, erklärte Matthias Redlich (CDU). „Wir gönnen jedem mehr Lohn“, so Redlich, aber die Produktivität einer Arbeit müsse sich auch in der Vergütung abbilden. Falsch sei ein Mindestlohn, wenn dadurch Jobs abgeschafft, automatisiert oder ins Ausland transferiert würden. Falsch sei er außerdem, wenn er zur Preisverteuerung führe und damit die Inflation erhöhe. Durch den Antrag der Linken werde neue Bürokratie geschaffen und offenbare ein „tiefes Misstrauen gegen unsere Unternehmen“.

„Lohnerhöhung nicht die beste Lösung“

„Betrug am Versorgungssystem ist, wenn man Millionen von Menschen ins Land einlädt und die dann nichts einzahlen“, monierte Tobias Rausch (AfD). Wenn man einen Mindestlohn von 15 Euro wolle, dann nehme man auch „12 Euro für einen Döner und 40 Euro für einen Haarschnitt“ in Kauf. Für Rausch sei eine bloße Lohnerhöhung nicht die beste Lösung. Lieber solle man für mehr Netto vom Brutto sorgen oder den Steuerfreibetrag erhöhen.

Lehnen „Klassenkampfrhetorik“ ab

„Sie betreiben die Spaltung der Gesellschaft“, warf Andreas Silbersack (FDP) dem Linken-Abgeordneten Gallert vor. Zwar klinge der Titel des Antrags vielversprechend, doch dann offenbare er ein Weltbild, „das wir Freien Demokraten entschieden ablehnen“, weil er alle Unternehmer unter einen Generalverdacht stelle, so Silbersack. Seine Fraktion lehne die „Klassenkampfrhetorik“ der Linken ab, „wir brauchen Vertrauen in unsere Unternehmen“. Er kenne kein Unternehmen, das es sich noch leisten könne, unter Mindestlohn zu bezahlen.

„Gesetz darf kein zahnloser Tiger sein“

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist eben manchmal doch besser“, meinte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). „Löhne, die nicht zum Leben reichen, sind sittenwidrig.“ Es habe im Vergleich mit europäischen Nachbarn in Deutschland lange genug gedauert, einen Mindestlohn durchzusetzen. „Unser Mindestlohngesetz darf kein zahnloser Tiger sein.“ Verstöße seien nicht hinnehmbar, hier müsse der Staat aktiv werden. Eine höhere Prüfdichte sei angeraten. Menschen um ihren verdienten Lohn zu bringen, dürfe nicht länger nur ein Kavaliersdelikt sein. Der Mindestlohn allein begrenze allerdings nur bedingt das (drohende) Armutsproblem, hier müssten noch andere Sicherungssysteme greifen.

„Ein Leben in Würde ermöglichen“

„Der Mindestlohn ist in Deutschland eine Erfolgsgeschichte“, konstatierte Holger Hövelmann (SPD). Sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten durch ihn mehr Geld in der Tasche, gerade in Sachsen-Anhalt sei das ein hoher Anteil der Beschäftigten. Der Mindestlohn ist die Umsetzung eines Versprechens des Sozialstaats: dass jeder arbeitende Mensch einen Lohn erhalte, der ihm ein Leben in Würde ermöglicht. Es sei beschämend, dass es im Land Arbeitgeber gebe, die das ihren Arbeitnehmern nicht ermöglichen wollen. Solch ein Unternehmen habe auf dem Markt nichts verloren, so Hövelmann. Es gehe allerdings nicht darum, Arbeitgeber unter Generalverdacht zu stellen.

Der Antrag der Fraktion Die Linke wurde im Anschluss an die Debatte zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus (federführend) und in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (mitberatend) überwiesen.