Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland und in Sachsen-Anhalt sei in den letzten Wochen aufgrund einer Welle von erschreckenden Erkenntnissen und Insider-Informationen stark beschädigt worden, erkennt die CDU-Fraktion. Genannt seien die Vorkommnisse rund um die ehemalige Intendantin des oder die „geleakten“ Informationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des NDR über angebliche Informationsfilter. Die CDU-Fraktion hatte zum Thema eine Aktuelle Debatte beantragt.
Einzelne Sender könnten fusionieren
Deutschland habe eine Krise beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, erklärte Markus Kurze (CDU). Mit Sorge betrachte man, was man alles in den Nachrichten zu hören und zu lesen bekomme. Der ÖRR sei zu groß und zu teuer geworden, und nun offenbare sich eine kritikwürdige Form der Selbstbedienungsmentalität. Für die CDU sei der ÖRR eine wichtige Säule im dualen Rundfunksystem, man müsse aber auch klarmachen, dass es so wie momentan nicht weitergehen könne.
In verschiedensten Umfragen sei wahrzunehmen, dass eine große Mehrheit den verpflichtenden Beitrag ablehne und viele Menschen gar ganz auf den ÖRR verzichten würden, gab Kurze zu bedenken. Die Strukturen und Inhalte innerhalb der Sendeanstalten müssten geprüft werden. Im Norden und Süden der Republik sollte darüber nachgedacht werden, einzelne Sender zu fusionieren, um Kosten einzusparen, ohne die Regionalität zu beschneiden. Die Kontrollinstanzen würden mit dem neuen Medienstaatsvertrag verbessert, man müsse schauen, ob diese Maßnahmen ausreichten. Es gelte auch, Wettbewerbsverzerrung beispielsweise mit den Printmedien zu verhindern.
Staatsminister wirbt für Reformen
„Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist erschüttert“, monierte Rainer Robra (CDU), Staatsminister und Minister für Kultur. Wem öffentliches Geld anvertraut werde, müsse transparent zeigen, wie er damit umgehe. Die Landesregierung setze sich seit Jahren für strukturelle Reformen im ÖRR ein, „denn als demokratische Gemeinschaft brauchen wir umfassende Angebote, die frei und unabhängig entstehen“, so Robra. Die rechtlichen Grundlagen seien immer wieder neu zu justieren, Schwachstellen zu finden und abzustellen.
Die Sendeanstalten müssten Prioritäten setzen und die Strukturen in ihren Häusern zeitgemäß gestalten. Kein Staatsvertrag schreibe vor, wie viele Krimis und Quizshows produziert oder zu welchen Summen Sportrechte akquiriert werden sollen. Nirgends stehe, dass pro Tag 1 800 Sendestunden produziert oder welche Summen an Moderatoren, Intendanten und externe Experten gezahlt werden müssten. Die Sendeanstalten müssten mehr noch als zuvor einer Gremienkontrolle unterworfen werden, so der Staatsminister. Sparpotenzial bestehe sehr wohl, auch ohne den eigentlichen Auftrag durch die Politik zu beschneiden.
„Ostdeutschen Rundfunk“ schaffen
Die Aktuelle Debatte biete die Möglichkeit, sich einmal jenseits der Verhandlungen eines Staatsvertrags über die aktuelle Situation im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verständigen, lobte Stefan Gebhardt (DIE LINKE). Es erschließe sich nicht, dass niemand etwas über die Bonus-Zahlungen beim RBB gewusst haben wolle. Transparenz sehe anders aus.
Die Politik habe mit der inhaltlichen und journalistischen Ausgestaltung des Programms nichts zu schaffen, die Politik müsse sich um die Schaffung der richtigen Strukturen kümmern, betonte Gebhardt. Er habe beobachtet, dass der Osten strukturell benachteiligt werde. Den Linken schwebt ein „Ostdeutscher Rundfunk“ vor; hiermit könne man im Sinne des Strukturwandels zu Einsparungen gelangen, ohne dass es die Zuschauer am Programm merken würden.
Notwendige Reformen anstoßen
Holger Hövelmann (SPD) erklärte, die Missstände beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk müssten lückenlos aufgeklärt werden. Berechtigterweise sei in dem Zusammenhang auch die Frage nach einer Strukturreform wieder aufgekommen. Natürlich könne man darüber diskutieren, ob manche kleineren Landesanstalten wie beispielsweise der Saarländische Rundfunk mit anderen zusammengelegt werden könnten. Am Ende entschieden darüber jedoch die einzelnen Länder. Angesichts der Vertrauens- und Legitimationskrise sei es wichtig, dass die Landespolitik die notwendigen Reformen anstoße, so Hövelmann. „Unsere Aufgabe ist es nicht, draufzuhauen, sondern konkrete Änderungen in Aufgaben und Struktur zu erwirken.“
Kein einheitlicher Sender für den Osten
Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk von den Bürgerinnen und Bürgern bezahlt werde, sei die Debatte völlig angebracht, sagte Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Trotz der Kritik genieße die Berichterstattung des ÖRR weiterhin großes Vertrauen in der Bevölkerung, wie eine Umfrage des MDR belege. Der dritte Medienänderungsstaatsvertrag sehe zukünftig eine größere Kontrolle vor, um die Einhaltung der Kriterien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu verbessern. Den Vorschlag der Fraktion DIE LINKE nach einer Art Einheitssender im Osten lehnten die Grünen ab, betonte Frederking. „Für uns Grüne ist entscheidend, dass der ÖRR transparenter, reformiert und gestärkt aus der Krise hinausgeht.“
Finanzierung muss auf den Prüftstand
Guido Kosmehl (FDP) denkt, die Stärkung der Gremien sei lange überfällig. Allerdings müssten die Gremien ihre Verantwortung auch wahrnehmen, und genau das hätten sie beim RBB nicht getan. Wenn man Reformen anstoßen wolle, müsste man sich frühzeitig in die Diskussion einbringen, pflichtete er dem Abgeordneten Hövelmann bei. Seiner Meinung nach gehöre auch die Finanzierung auf den Prüfstand. Aus eigenen finanziellen Mitteln könnte der Saarländische Rundfunk vermutlich nicht überleben. Kosmehl halte ebenfalls nichts von einem „Ost-Sender“, der drei Länder umfassende MDR sei als Rundfunkanstalt groß genug.
Starker Vertrauensverlust
„Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat stark gelitten“, konstatierte Tobias Rausch (AfD). Einer Studie zufolge würden zwei Drittel aller Jugendlichen dem ÖRR nicht mehr vertrauen. Dies liege beispielsweise daran, dass in der Flüchtlingskrise bewusst falsche Bilder gezeigt worden seien, die nicht der Realität entsprochen hätten, meinte Rausch. Ähnlich sei es auch in der Corona-Krise gewesen. Außerdem kritisierte der AfD-Abgeordnete, dass die Redakteure und Moderatoren beim ÖRR oft nicht kritisch nachfragten, jüngstes Beispiel sei der Auftritt von Bundeswirtschaftsminister Habeck in der Sendung „Maischberger“ gewesen. Was dieser dort zum Thema Insolvenz gesagt hätte, sei einfach unkritisch akzeptiert worden, monierte Rausch. Für die AfD-Fraktion sei ein „zwangsfinanziertes Rundfunksystem“ einfach nicht mehr zukunftsfähig.
Ergebnis und Dokumente
Am Ende der Aktuellen Debatte wurden keine Beschlüsse zur Sache gefasst.