Der Ausschuss für Bildung und Kultur hat sich am Freitag, 22. Januar 2021, in einem Fachgespräch mit der Weiterentwicklung der Industriekultur in Sachsen-Anhalt beschäftigt. Ziel ist es, das große Erbe zukünftig besser sichtbar zu machen und zu vermarkten.
Reich an Kultur- und Industriegeschichte
Sachsen-Anhalt ist ein Kulturland – daran besteht sicher kein Zweifel. Viele historische Persönlichkeiten, deren Wirken international bekannt ist, sind eng mit Sachsen-Anhalt verbunden. Denken Sie nur an Martin Luther, Walter Gropius, Georg Friedrich Händel oder das Bauhaus. Das Reformationsjubiläum 2017 und das Bauhausjubiläum 2019 haben bewiesen, welches Potenzial in diesen kulturellen Schätzen steckt, sowohl zur Identitätsstiftung innerhalb Sachsen-Anhalts als auch im wirtschaftlich- touristischen Bereich über die Grenzen des Landes hinaus.
Neben einem Kulturland ist Sachsen-Anhalt aber auch ein Land mit einer langen und sehr erfolgreiche Industrie- und Technikgeschichte. Seit vielen Jahrhunderten wurden hier beispielsweise Kalisalze, Kohle und Kupfer abgebaut und weiterverarbeitet. Bis auf die Braunkohle ist davon heute nicht mehr viel geblieben und mit dem beschlossenen Braunkohleausstieg bis 2038 wird auch dieser Industriezweig verschwinden.
In Bitterfeld-Wolfen gelang 1922 zum ersten Mal die Herstellung von Kunstseide und fünf Jahre später von PVC. Im Jahr 1936 wird bei Agfa-Farben der weltweit erste Farbfilm hergestellt. Nicht zu vergessen sind auch Hugo Junkers und seine berühmte Tante Ju oder Ferropolis, die Stadt aus Eisen. Viele weitere spannende Entdeckungen aus dem Bereich der Industrie- und Technikgeschichte in Sachsen-Anhalt sind auf der Internetseite www.industrietourismus.de zusammengefasst. Vielen dieser Orte ist jedoch gemein, dass sie in den vergangenen Jahren in Vergessenheit geraten.
Die bedeutende Industriekultur Sachsen-Anhalts zu bewahren, bekannter zu machen und das kulturtouristische Potenzial besser auszuschöpfen, hat die Landesregierung bereits 2016 im Koalitionsvertrag als Ziel verankert. Im Mai 2018 hat der Landtag auf Antrag der Koalitionsfraktionen den Beschluss gefasst die Industriekultur in Sachsen-Anhalt weiterzuentwickeln.
Landesregierung hat umfassende Strategie erarbeitet
Rund zwei Jahre später im April 2020 hat die Landesregierung eine 123 Seiten umfassende Industriekulturstrategie mit dem Titel „INDUSTRIE+KULTUR+GESCHICHTE ERLEBEN - Bestandsaufnahme und Optionen für Sachsen-Anhalt“ erarbeitet. Darin erläutert sie mögliche langfristige Schritte zur Weiterentwicklung der Industriekultur, verweist auf etwaige Fördermittel und Kooperationspartner und legt eine erste Bestandsaufnahme von Orten in ganz Sachsen-Anhalt vor, die für das Großprojekt von Bedeutung sein könnten. Dabei wird deutlich, dass, vor dem Hintergrund der Finanzierbarkeit, eine Priorisierung der Teilprojekte notwendig sein wird.
Als ein erster konkreter Schritt wird in der Staatskanzlei ein/e Referent*in zur Koordinierung der verschiedenen Bereiche des Konzeptes eingestellt. Bereits bestehende Museen und Industrieorte sollen in etablierte touristische Themenrouten eingebunden werden, beispielsweise die „Metropolregion Mitteldeutschland“ oder die „European Route of Industrial Heritage“. Eine Netzwerkstelle soll Synergien zwischen den einzelnen Technik- und Industriemuseen finden und etablieren.
Zentrum für Industriekultur in Magdeburg
Außerdem ist geplant, dass Technikmuseum Magdeburg zu einem Zentrum für Industriegeschichte zu entwickeln. Dazu liegt ein Konzept vor, mit dem Titel „Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt. Neukonzeption und Erweiterung des Technikmuseums Magdeburg". Die Umsetzung des Konzeptes wurde im Sommer 2020 vom Magdeburger Stadtrat bestätigt.
Ausschuss wird Umsetzung kontinuierlich begleiten
Der Ausschuss für Bildung und Kultur zeigte sich in seiner Sitzung am Freitag, 22. Januar 2021, grundsätzlich einverstanden mit dem vorgelegten Konzept der Landesregierung. Kritisch wurde jedoch angemerkt, dass das Bildungsministerium und konkret die Schulen noch stärker einbezogen werden sollten, erklärte Ausschussvorsitzende Monika Hohmann. Ein grundlegendes Ziel der Strategie sei es schließlich, nachfolgenden Generationen die reiche Industriegeschichte ihrer Region zu vermitteln.
Wert legte der Ausschuss auch darauf, dass genügend finanzielle Mittel in die nächsten Landeshaushalte eingestellt würden, um einzelne Maßnahmen und Projekte tatsächlich umsetzen zu können. Die vorliegende Strategie sei außerdem kein statisches und festgeschriebenes Konstrukt sondern solle kontinuierlich weiterentwickelt werden, betonte Hohmann. Der jetzige Ausschuss und auch der nächste Landtag würden an dem Thema dran bleiben und sich regelmäßig über den Stand der Dinge berichten lassen.