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Plenarsitzung

„Wir alle zahlen den Preis der Freiheit!“

Nicht nur durch die anhaltende Corona-Pandemie steckt die Welt und damit auch Sachsen-Anhalt in der Krise, auch die Folgen des Kriegs in der Ukraine sind nicht nur auf dem Energiemarkt längst spürbar. Vor diesem Hintergrund hat Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff im Novemberplenum eine Regierungserklärung mit dem Titel „Gemeinsam durch die Krise – Land, Bund und Europa unterstützen Wirtschaft, Kommunen und Menschen in Sachsen-Anhalt“ gehalten. Ziel seiner Rede war es, den Menschen zu zeigen, wie das Land die Krise in den nächsten Monaten meistern will.

Wörter-Graphik rund um Wirtschaftsförderung, Krise und Co.

Viele verschiedene Aspekte sind nötig, um die Wirtschaft des Landes weiter auf einem Wachstumskurs zu halten.

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) erklärte, eine Inflation von zehn Prozent und deutlich gestiegene Preise seien eine große Herausforderung für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. „Die Landesregierung ist sich durchaus bewusst, dass viele Unternehmen in unserem Land unter hohem Druck stehen.“ Haseloff hätte sich bereits im Sommer dafür starkgemacht, dass energieintensive Unternehmen im Einzelfall Unterstützung erhalten könnten, wie beispielsweise das Stickstoffwerk in Piesteritz. Die Preissteigerungen träfen aber auch die Gastronomie, den Tourismus, die Kultur und viele Handwerkerbetriebe.

Andererseits habe gerade die Geschlossenheit der Demokratien bislang dafür gesorgt, dem russischen Angriffskrieg standzuhalten. „Wir alle zahlen den Preis der Freiheit!“ Obwohl viele Menschen deshalb in Sorge seien, ist die Bereitschaft, die Ukraine zu unterstützen, weiterhin groß, unterstrich Haseloff. Die Bürger erwarteten jedoch, dass die Politik die Wirtschaft angemessen unterstütze und Wohlstandverluste weitestgehend ausgeglichen würden. Seiner Ansicht nach blieben die Preissteigerungen noch länger bestehen. Dies werde dazu führen, dass manche Unternehmen zukünftig nicht mehr am Markt bestehen könnten.

Ministerpräsident Haseloff skizzierte das umfassende Maßnahmenpaket der Bundesregierung, verwies aber darauf, dass bei vielen Maßnahmen noch ein konkreter Umsetzungsplan fehle. Deshalb sei unklar, ob die Gelder ausreichten, um beispielsweise die Lasten im ÖPNV, in Sozial- und Pflegeeinrichtungen, in Hochschulen oder im Kulturbereich zu decken. Laut Haseloff brauche es sowohl kurzfristige Hilfen als auch mittelfristige Unterstützung für Unternehmen, damit diese die höheren Energiepreise langfristig tragen könnten.

Die Landesregierung werde das Möglichste tun, um die Einschränkungen und Belastungen durch die Ukraine-Krise zu begrenzen. Allerdings: „Es kann lediglich gelingen, einen Teil der Teuerung auszugleichen.“ Das Schnüren fortlaufend neuer Entlastungspakete löse letztendlich das Energieproblem nicht, betonte der Ministerpräsident. „Wenn es uns nicht gelingt, unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu überwinden, wird ein Wohlstandsverlust unvermeidlich sein.“ In der Zwischenzeit müssten alle zur Verfügung stehenden Energiequellen genutzt werden, um den Energiebedarf zu decken. Gleichzeitig sieht Haseloff auch eine Chance in der Krise, weil sie dafür sorgen könne, dass notwendige Transformationsprozesse beschleunigt werden könnten.

AfD: „3-H-Regierung: hilflos, haltlos, hoffnungslos“

Oliver Kircher (AfD) kritisierte, Haseloff wolle mit der Regierungserklärung die Verursacher der Krise zum Retter machen. Dabei solle verschleiert werden, dass es die eigenen Fehler gewesen seien, die das Land in diese Lage gebracht hätten, in der viele Traditionsbetriebe mittlerweile insolvent seien. „Die Bundesregierung verursacht Schäden, Bedrohungen und Gefahren für unser Land.“ Das findet Kirchner „moralisch verwerflich“ und forderte Neuwahlen. Erneut kritisierte er zudem die „illegale Masseneinwanderung“. Das geplante Bürgergeld werde diese Tendenz noch verstärken, dies führe letztlich auch zu einer erhöhten Kriminalität. Es müsse Schluss sein „mit falscher Toleranz“, und die Grenzen müssten dichtgemacht werden, so der AfD-Abgeordnete.

Das Land würde Schulden über Schulden machen und es sei unklar, wo das viele Geld eigentlich herkommen solle. Die Regierung sei eine „3-h-Regierung: hilflos, haltlos, hoffnungslos.“ Die anständigen Menschen im Land würden den Preis dafür zahlen, dass wir eine „komplett ideologisierte Klimapolitik“ betrieben. Kirchners Lösung: „Sanktionsmechanismus weg, Ölembargo weg, Nord Stream 1 und 2 reparieren und öffnen.“ Die Gefahr für die Welt sitze nicht im Kreml, sondern kopfnickend vor der Tagesschau.

SPD zuversichtlich: „Vorsorge ja, Panik nein!“ 

Alle Forderungen  der AfD seien darauf gerichtet, die Ukraine fallenzulassen und Deutschland letztlich von einem Diktator abhängig zu machen. Die AfD-Fraktion blende komplett aus, was die Ursache für die derzeitige Krise sei, kritisierte Dr. Katja Pähle (SPD). Der Ansatz des Ministerpräsidenten nach gemeinsamem Handeln bei der Überwindung der Krise begrüßte sie dagegen. Für sie sei zweifelsfrei, dass es neben den geplanten Bundeshilfen ein eigenes Hilfsprogramm des Landes brauche.

In der jetzigen Situation plädiere sie für den Handlungsgrundsatz: „Vorsorge ja, Panik nein!“ Die SPD-Abgeordnete zeigte sich mit Blick auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen überzeugt, dass die Landesregierung auch diese Herausforderung gemeinsam zum Wohle unseres Landes gut meistern werde.

DIE LINKE: „Krisenkosten gerecht verteilen"

Mit dem Redebeitrag hätte die AfD-Fraktion den Beweis angetreten, dass sie „die gefährlichste Partei für die Demokratie in unserem Land“ sei, sagte Eva von Angern (DIE LINKE). Während für den Ministerpräsidenten offenbar die Wirtschaft des Landes an erster Stelle stehe, seien es bei ihrer Fraktion die Menschen. Diese seien, laut Experten, mittlerweile nicht mehr nur von einer „relativen“, sondern von einer „absoluten Armut“ bedroht.

Die Linken-Abgeordnete mahnte: „Die Maßnahmen greifen angesichts der Tiefe der Krise zu kurz und kommen zu spät.“ Außerdem würden sie die Reichsten in der Bevölkerung verschonen. Es komme jetzt darauf an, sozialgerechte Maßnahmen zu beschließen und nicht zu warten, bis die Bundesregierung handle. „Die Krisenkosten müssen endlich gerecht verteilt werden, nur das wirkt der Spaltung unserer Gesellschaft entgegen.“

„Riss durch die Gesellschaft“ verhindern

Der Ministerpräsident habe ein Interesse daran, das Land durch die Krise zu führen, dies habe er in seiner Regierungserklärung dargelegt, sagte Andreas Silbersack (FDP). Die AfD dagegen habe in ihrem Redebeitrag nur ein Bild des Untergangs gezeichnet, das nicht der Realität entspreche. Es gebe berechtigte Ängste und Sorgen bei den Bürgern, aber auch bei den Unternehmen, die hohen Kosten träfen alle. Es dürfe nicht zu einem „Riss durch die Gesellschaft“ kommen. Die stärkeren Belastungen wirkten sich auch auf das Kaufverhalten aus. Die Inflation fördere Preisanpassungen nach oben, dem müsse entgegengewirkt werden.

Bundesregierung liefert, Landesregierung schaut zu

Der Ministerpräsident habe Details genannt, die gänzlich auf der „grünen Linie“ lägen, sagte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das bundesweite Energieproblem könne nur durch die Überwindung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gelöst werden, der Wandel hin zu erneuerbaren Energien und zur Vorreiterschaft bei Speichertechniken seien nötig. Das seien für die CDU allerdings neue Töne, so Lüddemann, und deswegen habe das Land viel nachzuholen.

Die CDU in Bund und Land habe es in den letzten Legislaturperioden versäumt, den Ausbau der Elektromobilität und der Windkraft voranzubringen, der Ausbau der Solarenergiegewinnung in Bitterfeld-Wolfen sei von der CDU blockiert worden, beim Bürgergeld blockiere die CDU die Ampel-Koalition. „Die Bundesregierung liefert für Entlastung und Zukunft“, die Landesregierung indes schaue nur zu, kritisierte Lüddemann.

„Retten, was zu retten ist“

„Deutschland steht vor den größten Herausforderungen der Nachkriegsgeschichte“, konstatierte Guido Heuer (CDU). Gleich mehrere weltweite Ereignisse hätten enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes. Insbesondere kleine und mittelständische Betriebe würden von den Kostenexplosionen auf dem Energiemarkt getroffen. Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern stünden wegen der weiter steigenden Energiekosten vor dem Aus.

Die jetzige Energiekrise wäre früher oder später sowie gekommen, wenn reihenweise Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz genommen würden, mutmaßte Heuer. Die CDU habe das mitbeschlossen, räumte er ein, man sei aber bereit, beschlossene Fehler zu beheben. Es gehe jetzt darum, zu retten, was zu retten ist. „Alles – Kohle- und Atomstrom – muss ans Netz, was ans Netz angeschlossen werden kann“, so Heuer, vom geplanten Kohleausstieg müsse zurückgetreten werden. Heuer forderte die befristete Aussetzung des Vergaberechts, dies wäre ein echter Beitrag zur Entbürokratisierung.

An Ende der Regierungserklärung und der Aussprache wurden keine Beschlüsse gefasst.