Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Radikale „Querdenker“ in Schranken weisen

Der Radikalisierung der selbsternannten Querdenker und anderer, zu Verschwörungstheorien neigender Gruppen, die unter anderem die Existenz und Gefährlichkeit des Corona-Virus und den Nutzen einer Impfung negierten, müsse durch konsequentes staatliches Handeln begegnet werden, forderte die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rahmen einer von ihr initiierten Aktuellen Debatte.

Eine medizinische Fachkraft impft eine Person.

Die Impfung gegen das Corona-Virus hat bereits zu breiten Diskussionen geführt.

Ergebnis einer jahrelangen Entwicklung

In Sachsen habe die Polizei Menschen festgenommen, die Mordpläne unter anderem gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Polizisten geschmiedet hätten, erinnerte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Mobilisierung der Impfgegner und Corona-Leugner sei keine plötzliche Erhebung breiter Bevölkerungsschichten, es handele sich nicht um eine unerwartete Radikalisierung, sondern sie sei Ergebnis einer jahrlangen Entwicklung, in der Verfassungsfeinde Raumgewinne hätten verzeichnen können. Rechtsextremisten nutzten die momentane Situation, um ihre gesellschaftsfeindlichen Ziele zu verfolgen.

Die Vielzahl unangemeldeter Veranstaltungen sei geprägt von Gewalt gegen Polizei und Presse. Hinter den „Spaziergängen“ versteckten sich Versuche eines gewaltvollen Umbruchs. „Es gilt, klar Position zu beziehen, wenn es um die Verächtlichmachung unseres politischen Systems geht“, betonte Striegel. Mit Verschwörungsideologen könne es keinen Diskurs mehr geben. Er forderte die Umsetzung geltenden Rechts – beispielsweise bei Verstößen gegen Corona-Regeln bei Versammlungen und Demonstrationen. Wenn ein Mob aufziehe, müssten diese Menschen identifiziert werden. Auch die sozialen Medien seien in der Pflicht, wenn zu illegalem Verhalten und Mord aufgerufen werde.

Verschwörungstheorien deutlich widersprechen

Die Gefahr durch eine Radikalisierung von „Querdenkern“ sei durchaus real, auch in Sachsen-Anhalt, konstatierte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (CDU). Man müsse diesen Verschwörungstheorien widersprechen, sachlich und konsequent. Manipulierte Informationen und Fake News würden von Querdenkern vor allem über die sozialen Medien geteilt. Es sei anzunehmen, dass sich das Mobilisierungspotenzial verstärken werde, wenn es zu einer allgemeinen Impfpflicht käme.

Verstößen gegen die bestehende Rechtsordnung würde jedoch konsequent begegnet. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung unterstütze die Corona-Maßnahmen und die Impfkampagne des Landes. 1,4 Millionen Menschen seien in Sachsen-Anhalt geimpft. Zieschang rief die Menschen im Land auf, sich von gewaltbereiten und rechtsextremistischen Demonstranten zu distanzieren und ihre Grundrechte gewaltfrei wahrzunehmen.

Rechtsbruch in Masse

An der Aktualität des Themas bestehe kein Zweifel, sagte Rüdiger Erben (SPD). Circa 14 000 Personen hätten am 6. Dezember 2021 in ganz Sachsen-Anhalt gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert; allein an diesem Tag seien aber auch 30 000 neue Impfungen vorgenommen worden. Insgesamt betrachtet, befänden sich die Corona-Leugner in einer absoluten Minderheit. Es sei nicht hinzunehmen, dass Vertreter der Gemeinden (Bürgermeister) von einer Corona-Diktatur sprächen – dies sei eine Einladung für Querdenker, dem Staat auf der Nase herumzutanzen. Rechtsbruch finde auf den Corona-Demonstrationen in Masse statt. Die rechtlichen Grenzen seien in den letzten Monaten ausgetestet worden, die Akteure hätten oftmals ungestört agieren können. Hier seien die Vollzugsbehörden in der Pflicht, betonte Erben.

Keine chinesischen Verhältnisse

Matthias Büttner (Staßfurt, AfD) kritisierte, die Sichtweise des Abgeordneten Erben habe nichts mit der Realität bei den Demonstrationen zu tun. Die SPD und die Grünen wollten die Demonstranten stigmatisieren, um dann härtere Maßnahmen zu ergreifen als nur Ordnungsstrafen. Büttner versicherte jedoch: „Wir werden es nicht zulassen, dass sie hier ein autokratisches System wie in China errichten wollen.“ Anders als behauptet, käme zu den Demonstrationen ein Querschnitt der Gesellschaft, „weil mittlerweile jeder im Land merkt, dass die Politik nicht weiß, was sie tut“. Viele Bürger kämen auch, weil sie schlichtweg Existenzängste hätten.

Maßnahmen immer abwägen

„Spaltung kann man auch dadurch vertiefen, indem man zu stark verallgemeinert und versucht, ein Grundrecht in Abrede zu stellen“, sagte Guido Kosmehl (FDP) mit Blick auf die Grünen. Alle Corona-Maßnahmen und -Regelungen müssten stets verfassungsgemäß, verhältnismäßig und angemessen sein. Die Landesregierung müsste daher immer wieder neu abwägen. Die Aufgabe der Politik sei es, die Maßnahmen zu erläutern und für Verständnis zu werben, was in der Vergangenheit nicht immer geglückt sei. Kosmehl führte weiter aus, die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut, jedem müsse aber auch bewusst sein, mit wem er sich möglichweise bei einer Demonstration gemeinmache.

Geltendes Recht konsequent anwenden

Henriette Quade (DIE LINKE) erklärte, ihre Fraktion wolle nicht mehr als die Durchsetzung von Auflagen (Abstand und Masken) und das konsequente Anwenden geltenden Rechts. Dafür brauche es keine Verschärfung des Versammlungsrechts, sondern eine andere Praxis und genügend Polizeikräfte. Zudem müsse die Landesregierung endlich dafür sorgen, dass die Menschen die seit Monaten an der Destabilisierung des Landes arbeiteten, aus solchen Demonstrationen nicht noch gestärkt hervorgingen, weil sie machen könnten, was sie wollten. Quade erinnerte daran, dass der Landtag bereits vor einem Jahr die gleiche Debatte geführt habe, sich bis heute in der Praxis der Versammlungsbehörden jedoch leider nichts verändert habe.

Vergleiche mit NS-Diktatur lächerlich und gefährlich

Das Demonstrationsrecht sei nicht ohne Grund in der Verfassung des Landes verankert. Allerdings sollte sich jeder genau anschauen, mit wem er da vielleicht Seite an Seite demonstriert, mahnte Tobias Krull (CDU) an. Es sei festzustellen, dass bei Corona-Demonstrationen häufig Verschwörungstheorien verbreitet würden. Mancherorts erfolgten bei solchen Demonstrationen auch Vergleiche mit Opfern der NS-Diktatur, dies sei nicht nur „lächerlich, sondern auch gefährlich“. Dafür dürfe es keine Toleranz und Verständnis geben, so Krull. Was seine Fraktion in dem Zusammenhang entschieden ablehne, sei die Vorverurteilung von Polizeikräften, die ihren Kopf für unsere Sicherheit hinhielten. 

Am Ende der Aktuellen Debatte wurden naturgemäß keine Beschlüsse gefasst.