Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Als nächste Rednerin kommt Frau Sziborra-Seidlitz nach vorn. Ich möchte noch einmal dafür werben wir nähern uns langsam dem Ende , dass wir doch noch eine gewisse Konzentration an den Tag legen. - Frau Sziborra-Seidlitz, bitte.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte LINKE! Es ist gut, dass wir über das Coronavirus, seine Verbreitungsmechanismen, Gefahren und Folgen heute weitaus mehr wissen, wenn auch längst nicht alles, als vor nun bald drei Jahren, als das neuartige Virus über die Welt hereinbrach. Die aktuellen Studien und Gutachten zur Wirksamkeit und Notwendigkeit der während der Coronapandemie in Kraft gesetzten Schutzmaßnahmen sind daher jetzt sinnvoll, dringend nötig und für zukünftiges Handeln hilfreich.
(Unruhe)
Anfang 2020 agierte Politik weltweit beinah im Blindflug. Zumindest herrschte sehr lange sehr kurze Sicht. Einschätzungen, wissenschaftliche Hinweise und allererste Studien zu den Verbreitungswegen des Virus und zu dessen Gefährlichkeit erreichten uns beinahe täglich. Und gerade im Bereich der Kinder gingen die Einschätzungen zeitweise sehr, sehr weit auseinander.
(Unruhe)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Sziborra-Seidlitz, einen Augenblick bitte. - Es gibt jetzt wirklich sehr, sehr viele Nebengespräche. Ich schlage vor, dass diese nach draußen verlagert werden. Denn sonst erreichen wir hier einen Lärmpegel, der den Fortgang der Debatte sehr erschwert. - Frau Sziborra-Seidlitz, bitte.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Wie stark Kinder von Corona betroffen sind, wie stark sie zum Infektionsgeschehen beitragen, all das war lange Zeit unklar und ist es, auch wenn inzwischen ein anderer Eindruck entstehen kann, an manchen Stellen noch heute. Das Thema Long Covid oder Post Covid bei Kids ist nach wie vor höchstens ein grauer Fleck.
Ich erinnere mich lebhaft an das tägliche Abwägen und Ringen um Entscheidungen in den ersten Tagen, Wochen und Monaten der Pandemie. Meine Fraktionsvorsitzende Conny Lüddemann war damals im Kabinett dabei. Ich als Parteivorsitzende habe nie verhehlt, dass ich mir manche Entscheidungen anders gewünscht hätte. Aber ich weiß: Jede der Pandemieentscheidungen damals wurde auf dem damaligen Kenntnisstand nach bestem Wissen und Gewissen und in Abwägung aller Möglichkeiten getroffen. Das müsste man heute genau so wieder tun. Im Zweifel gilt es, die Menschen im Land, auch Kinder und ihre Familien, vor Gefahren zu schützen.
Unter den Gegebenheiten im Frühjahr 2020 waren es vernünftige, verantwortungsvolle und damit richtige Entscheidungen und keine Fehleinschätzungen. Mit dem Wissen und den Ressourcen von heute sind Schul- und Kita-Schließungen wohl nicht mehr möglich. Es ist gut und richtig zu versprechen, dass wir uns heute nach Kräften darum bemühen, sie zu verhindern. Aber für Entscheidungen, die zu dem Zeitpunkt, als sie getroffen werden mussten, verantwortungsbewusst und richtig waren, muss sich niemand entschuldigen.
Das bedeutet nicht, die Folgen dieser Entscheidungen zu ignorieren oder zu negieren. Natürlich waren und sind die Belastungen für Kinder und Familien enorm. Das ging an die Belastungsgrenze und sicherlich oftmals darüber hinaus. Ich selbst saß auch mit meinen Kindern zu Hause. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe auch die Folgen von nicht so richtig gut funktionierendem Distanzunterricht täglich zu Hause am Küchentisch sitzen. Ja, diese Belastungen hat Politik und haben auch wir GRÜNEN damals in Kauf genommen, weil eben die realistische Gefahr bestand, dass das Virus ansonsten verstärkt in die Familien getragen wird, Kinder verstärkt einer Covid-Erkrankung ausgesetzt werden, mit damals unabsehbaren Folgen.
Wir sind damals als Land auf Nummer sicher gegangen und das ist auch gut so. Niemand konnte seinerzeit sicher sagen, was der bessere Weg ist. Und selbst die AfD hat in dieser Anfangsphase nach mehr Schutz gebrüllt, lautstark, wenngleich aus anderen Gründen.
(Zurufe von der AfD)
Die in dem vorliegenden Antrag formulierte Entschuldigung ist einfach nicht ehrlich, nicht ernsthaft und geht an den Erfordernissen seriöser Politik vorbei.
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Daher lehnen wir diesen Antrag ab.
Die geforderten Maßnahmen gegen Kinderarmut sind natürlich erst einmal richtig. Ich wäre auch grundsätzlich geneigt, solchen Dingen zuzustimmen so kennen Sie mich inzwischen , aber mit dem umfassenden Armutsantrag haben wir das Thema Kinderarmut im Grunde auch schon im Ausschuss. Wir werden dort darüber diskutieren und auch das Thema Kinderarmut wird in diesem Zusammenhang diskutiert werden.
Und der Kinderrechtegipfel zur Stärkung der Kinderrechte - ganz ehrlich, das ist doch eine Alibiforderung. Was versprechen Sie sich denn davon? Eine stringente Evaluierung der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention im Land, Kinderrechte in die Landesverfassung - das könnte ich mir als einen praktikablen Auftrag gut vorstellen. Aber ein Gipfeltreffen, also letztlich eine weitere Gesprächsrunde ohne konkrete Entscheidungsbefugnis - ich weiß nicht. An dieser Stelle bleibt es also bei der grünen Ablehnung. - Vielen Dank.
(Zustimmung von Wolfgang Aldag, GRÜNE)