Tagesordnungspunkt 2
Die Menschen im Land sofort verlässlich entlasten - staatliche Preiskontrolle auf den Energiemärkten durchsetzen
Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1861
Wie üblich wurde eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt. Für die Antragstellerin, die Fraktion DIE LINKE, bringt die Abg. Frau Eisenreich den Antrag ein.
Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuell belastet eine Inflationsrate von mehr als 10 % die Menschen im Land. Das klingt zwar abstrakt, ist aber für die Menschen tagtäglich sehr deutlich spürbar, und das nicht erst seit ein paar Wochen oder Monaten.
Die Preissteigerungen vor allem bei Strom, Gas, Wärme, Energie, Sprit und auch bei Lebensmitteln, die bereits im letzten Jahr einsetzten und nun fast ungebremst weitergehen, spitzen sich mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine weiter zu.
(Ulrich Siegmund, AfD: Wollen Sie doch so!)
Darunter leiden insbesondere Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen. Sie können sich die allernotwendigsten Dinge des täglichen Lebens schon kaum noch leisten. Die Armut der Menschen wächst. Ganz ehrlich: Der Bundesregierung fällt dazu nichts Gescheites ein.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie reagiert immer erst dann, wenn die Not so groß ist, dass sie reagieren muss. Doch statt Ursachen und Auswirkungen der Inflation ernsthaft und grundlegend zu bekämpfen, kommt sie mit kleinen Pflästerchen daher.
(Ulrich Siegmund, AfD: Was sind denn die Ursachen?)
Einmalzahlungen und die als Bürgergeld getarnte Aufbesserung staatlicher Sozialleistungen werden die wachsende Armut nicht aufhalten. Dazu werden dann aber noch Spartipps erteilt, die für jene, die sich nur noch das Allernötigste leisten können, zynisch sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Gleichzeitig topediert die CDU/CSU das aus unserer Sicht unzureichende Bürgergeld. Dabei werden die Menschen als faul und arbeitsunwillig diffamiert, und es wird behauptet, dass es sich überhaupt nicht mehr lohne, arbeiten zu gehen. Diese Behauptungen sind schlichtweg falsch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Und das kommt ausgerechnet von zwei Parteien, die auch in den 16 Jahren Regierungsverantwortung immer dafür gesorgt haben, dass in einem reichen Land wie der Bundesrepublik einer der größten Niedriglohnsektoren weiterhin erhalten bleibt. Sie spielen die Armen gegen die Ärmsten aus; das ist perfide.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Sommer dieses Jahres ist nun mehr als klar, dass ein Preisdeckel kommen muss. Aber wieder wurde viel Zeit damit verschwendet und erst einmal über eine Gaspreisumlage diskutiert. Das hat zu Recht für sehr viel Verunsicherung und Ängste in der Bevölkerung gesorgt. Na ja, zum Glück kam dann doch die Einsicht, dass eine solche Umlage schlichtweg Unsinn ist. Nur wann und wie nun endlich Gaspreis- und Strompreisdeckel tatsächlich für die Menschen wirksam werden, bleibt noch immer unklar. Der Winter steht aber bereits vor der Tür.
Hinzu kommt, dass die vorgesehene Regelung, 80 % des Vorjahresverbrauchs bei Gas für die Haushalte zu deckeln, zutiefst ungerecht ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Denn dabei werden doch eben mal die Eigentümer von Villen mit beheizbarem Pool und anderen schönen Annehmlichkeiten und einem hohen Verbrauch getätschelt. Ein Anreiz zum Sparen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das für diese Menschen auch nicht. Das darf doch einfach nicht wahr sein.
Deshalb haben wir als LINKE schon sehr lange eine Deckelung der Energiepreise gefordert, die eben einen Grundbedarf an Strom und Gas usw. zu bezahlbaren Preisen sichert. Das, was dann darüber hinausgeht, ist entsprechend teurer zu bezahlen.
In der gegenwärtigen Situation kommen wir also nicht umhin, die Preise durch den Staat zu kontrollieren, wenn die Situation für viele Menschen nicht in einem Desaster enden soll. Auch Verbraucherzentralen bestätigen das. Denn nicht alle Preissteigerungen sind mit höheren Produktionskosten zu begründen. Es ist ja nicht so, dass die Preise einfach nur steigen, nein, sie werden erhöht. Es wird nämlich munter darüber spekuliert, ob wir im nächsten Jahr nicht doch eine Gasmangellage bekommen. Dementsprechend sehen schon heute Verträge aus, die gerade für das nächste Jahr am Terminmarkt geschlossen werden. Das führt zu weiter explodierenden Preisen einerseits und andererseits explodieren die Profite dieser Unternehmen, verursacht durch eine fehlende Marktregulierung.
(Beifall bei der LINKEN)
An dieser Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, versagt der doch so viel gepriesene Markt, weil es eben nicht mehr nur um das tatsächliche Angebot und die tatsächliche Nachfrage, sondern um Spekulationen geht. Wenn der Markt versagt, müssen die Marktmechanismen beschränkt, die Preise kontrolliert und effizient beaufsichtigt werden,
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der AfD)
damit unverzichtbare Güter für die Menschen bezahlbar bleiben.
Der Preisdeckel ist Teil einer solchen staatlichen Preiskontrolle. Preiskontrollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind kein sozialistisches Hexenwerk. Auch in der Marktwirtschaft wurde sowohl in Vergangenheit als auch in der Gegenwart in Krisensituationen genau darauf zurückgegriffen. Allein neun EU-Länder haben dieses Instrument bereits eingeführt. Aber Deutschland redet immer noch.
Im Interesse der Gesellschaft brauchen wir in der Bundesrepublik und europaweit natürlich eine Regulierung des Energiemarktes. Die Preiskontrolle soll verhindern, dass sich Konzerne weiter daran bereichern, dass Grundbedürfnisse der Menschen zu befriedigen sind. Wir müssen eben auch verhindern, dass Unternehmen auch nur auf die Idee kommen, die Notlage für enorme Preiserhöhungen auszunutzen.
(Beifall bei der LINKEN)
Doch erst in der vergangenen Woche, meine sehr geehrten Damen und Herren, kündigten nunmehr EnviaM und Mitgas weitere Preiserhöhungen an. So soll die Kilowattstunde Strom ab dem 1. Januar kommenden Jahres gut 48 Cent kosten. Die Preise steigen somit um mehr als 20 Cent/kWh. Derartige Unternehmensentscheidungen dürfen nicht einfach hingenommen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
An dieser Stelle braucht es staatliche Eingriffe. Denn irgendwie überkommt mich bei der Ankündigung dieser Preissteigerung ein sehr ungutes Gefühl - könnte doch die mit 40 Cent/kWh sehr hoch angesetzte Strompreisbremse durchaus ein Anreiz für das Unternehmen sein, diesen Spielraum auch auszuschöpfen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, letztlich zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Denn wer bitteschön soll sich denn einen Strompreis in dieser Höhe überhaupt noch leisten können? Ja, staatliche Preiskontrolle muss also durchdacht sein und in erster Linie die Interessen der Menschen und deren Grundbedarfe berücksichtigen. Denn das Beispiel zeigt doch, das pauschal festgelegte absolute Deckel, wie sie gerade von der Bundesregierung diskutiert werden, nicht funktionieren.
Es sollten ähnlich wie beim Mietendeckel maximale Steigerungen in Prozent herangezogen werden. Preise, die darüber hinaus aufgerufen werden, sollten - anders als derzeit diskutiert - auch nicht einfach mit Steuergeld finanziert werden. Denn diese Ankündigung wird gerade selbst zum Preistreiber und damit sehr teuer für den Staat.
Dass aber Energieunternehmen die Preise einfach erhöhen können, zeigt die fehlende Kontrolle und Aufsicht. Das war übrigens bis zum Juli 2007 anders. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in der Bundesrepublik eine funktionierende Strompreisaufsicht der Bundesländer. Darauf habe ich übrigens in zahlreichen Debatten bereits hingewiesen. Wollte damals ein Energieunternehmen die Preise erhöhen, musste dies von dieser Aufsicht genehmigt werden. Trotz aller Kritik damals schafften CDU/CSU und SPD die Strompreisaufsicht ohne eine Alternative einfach ab. Dies führte zu einer Deregulierung des Marktes. Auch das Kartellrecht, meine sehr geehrten Damen und Herren, bleibt zumeist ein zahnloser Tiger. Diese Fehler der Vergangenheit müssen endlich korrigiert und rückgängig gemacht.
(Beifall bei der LINKEN)
Damit die täglichen Grundbedarfe der Menschen, wie Strom, Heizen und Lebensmittel, für alle bezahlbar bleiben, muss der Staat also kurzfristig in die Preismechanismen eingreifen, Preise kontrollieren und beaufsichtigen. Dafür ist der Staat gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern in der Pflicht.
Wer die Inflation bekämpfen will, der muss auch dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Geld in die Taschen bekommen. Löhne und Gehälter müssen also angehoben werden. Dieses Mittel wurde übrigens auch in der Ölkrise in den 1970er-Jahren zur Bekämpfung der Inflation eingesetzt, ist also auch nichts Neues. Deshalb begrüßen und unterstützen wir die aktuellen Forderungen der IG Metall und von Ver.di nach 8 % bzw. 10 % mehr Einkommen für die Beschäftigten.
(Beifall bei der LINKEN)
Gleichzeitig müssen wir aus unserer linken Sicht ernsthaft auch darüber diskutieren, wie wir langfristig die Grundbedarfe der Menschen bei Energie, Lebensmitteln und auch in anderen Bereichen, wie Gesundheit, also der Daseinsvorsorge, sichern, und zwar zu bezahlbaren Preisen.
Die Frage ist doch: Sollen einzelne Konzerne weiter Rendite für ihre Aktionäre erwirtschaften, oder ist es nicht vielmehr endlich an der Zeit, die Bereiche der Daseinsvorsorge in öffentliche Hand zu überführen, weil sie allen zugutekommen? Das schließt im Übrigen auch die Leitungsnetze ein, für die Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzlich zahlen und die den Betreibern die Gewinne sichern.
Darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen die Ursachen für die Inflation grundsätzlich bekämpft werden. Dazu muss ich sagen: Die Energiepolitik in den letzten Jahrzehnten hat zu der heutigen Situation geführt. Ein Zurück darf es daher nicht geben. Es darf nicht darum gehen, die fossilen Energieträger weiter zu subventionieren.
(Zustimmung von Wulf Gallert, DIE LINKE)
Deshalb sollten wir massive Investitionen in erneuerbare Energien und in alternative Energieprojekte tätigen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)