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Plenarsitzung

Transkript

Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Meldungen über ein bislang nicht identifiziertes Virus beunruhigten Anfang 2020 die ganze Welt. Nachrichten über einen Massenausbruch der dadurch verursachten Lungenkrankheit, der in Windeseile zu Erkrankungswellen in mehreren europäischen Ländern führte, taten ihr Übriges. Wurden im März 2020 die ersten beiden Todesfälle im Zusammenhang mit dem neuartigen Virus in der Bundesrepublik gemeldet, sind bis zum November 2022 in Deutschland mehr als 150 000 und weltweit mehrere Millionen Todesfälle erfasst worden.

In dieser Lage begann damals in Deutschland wie überall auf der Welt auf äußerst ungewisser Tatsachengrundlage ein nahezu beispielloser Kampf gegen einen neuen Feind der Menschheit mit völlig ungewissem Bedrohungspotenzial. Den Kampf führten in erster Reihe die Angehörigen der medizinischen und pflegerischen Berufe, wofür ihnen unser größter Dank gebührt.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie stellten sich dem Virus in Unkenntnis seiner Übertragungswege und unter großem Risiko für die eigene Gesundheit.

In der Absicht, Unheil abzuwenden, mussten unter dem Eindruck überlasteter Menschen in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und überfüllter Leichenhallen und Krematorien auch vom Gesetz- und Verordnungsgeber rasch und ganz bewusst in Unkenntnis vieler heute geklärter medizinischer Einzelfragen zahlreiche Regelungen getroffen werden, die zweifelsohne Zumutungen und Freiheitsbeschränkungen für die Gesellschaft mit sich brachten.

Angesicht der enormen Bedrohungssituation mussten viele dieser Regelungen auch bußgeldbewehrt sein, Zuwiderhandlungen sanktioniert werden, um ihnen die zur Abwendung existenzieller Gefahren erforderliche Geltung zu verschaffen.

Dennoch hat ein kleiner Teil der Bevölkerung die zur Infektionsbekämpfung getroffenen Regelungen und Anordnungen eben nicht befolgt.

Die hier nun aufgeworfene Frage, ob verhängte Sanktionen im Wege einer Amnestie nicht mehr durchgesetzt werden sollten, ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Hierzu ist festzustellen, dass die in Sachsen-Anhalt zur Eindämmung des Pandemiegeschehens erlassenen Regelungen rechtmäßig und unverzüglich dem jeweils aktuell vorhandenen Erkenntnisstand angepasst wurden. Dabei wurden die Einschränkungen für die Betroffenen konsequent dann angepasst, wenn diese für den Bevölkerungsschutz nicht mehr notwendig, nicht mehr verhältnismäßig erschienen.

Erinnert werden muss in diesem Zusammenhang deshalb auch daran, dass bei der Beurteilung des Unrechtsgehalts einer Zuwiderhandlung immer auf den Kenntnisstand zum Tatzeitpunkt abzustellen ist. Ein Amnestiegesetz mit seiner generalisierenden Regelung bezöge sich demgegenüber unterschiedslos auf alle Zuwiderhandlungen gegen Coronamaßnahmen und ließe dabei die Betrachtung des Unrechtsgehalts im Einzelfall vollkommen außer Betracht. Denjenigen, die meinten, Vorgaben nicht einhalten zu müssen, die nicht zuletzt auch zu Ihrem eigenen Schutz erlassen wurden, ist heute nicht durch Aufhebung aller verhängten Sanktionen zu verzeihen.

Ein Amnestiegesetz wäre für all diejenigen, die sich an die Regeln nämlich hielten, die, so schwer es war, den Vorgaben gefolgt sind, um sich und Schwächere zu schützen, und für die Bekämpfung zukünftiger pandemisch und epidemisch auftretender Infektionskrankheiten ein völlig falsches Signal. Dass sich aus heutiger Perspektive mit fortgeschrittenem Wissen über das Virus und seine Verbreitungswege einzelne Regelungen als zur Pandemiebekämpfung nicht geeignet oder erforderlich erwiesen haben, ändert an dieser Einschätzung nichts. - Vielen Dank.