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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es ist schon klasse, wenn man aus der Opposition ein Hustenbonbon bekommt, damit man als Gesundheitsministerin jetzt zu den Beratungsgegenständen sprechen kann. - Noch einmal herzlichen Dank. 

(Zustimmung von Rüdiger Erben, SPD)

In unserem Land und damit in einer mehrheitlich ländlich geprägten Region leben rund 2,2 Millionen Menschen, von denen etwa 600 000 älter als 65 Jahre sind. Der Anteil dieser Altersgruppe beträgt damit rund 28 %, im Bundesdurchschnitt sind es nur 22 %. Auch der Anteil der über 80-jährigen Menschen liegt in Sachsen-Anhalt mit 11 % deutlich über dem Bundesdurchschnitt, der 7 % beträgt. Etwa 166 000 Menschen in unserem Land sind zudem in einer Pflegebedürftigkeit registriert.

Aufgrund dieser demografischen Entwicklung ist es von großer Bedeutung, wie wir den Bedürfnissen und Wünschen von älteren Menschen gerecht werden. Das Leben im Quartier, also im gewohnten Umfeld, bietet hierbei eine gute Möglichkeit, um im Alter ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu führen. Vor allem bietet es aber die Möglichkeit der Pflege von langjährigen sozialen Kontakten. Überdies bietet es die Möglichkeit, neue Bekanntschaft zu schließen. 

Die Beratungsstelle zur kommunalen Quartiersentwicklung in Sachsen-Anhalt, Beqisa, die im Jahr 2019 ihre Arbeit aufgenommen hat, unterstützt Akteure aus den Bereichen Gesundheit, Pflege, Wohnen und Soziales und auch ehrenamtliche und private Initiativen. Es gilt, Entwicklungen zu ermöglichen, die einem altersgerechten Leben förderlich sind. 

Neben der Beratung und Vernetzung hat die Förderung von sogenannten Mikroprojekten einen zentralen Stellenwert. Die Projekte sollen in bestehenden Quartieren personelle und strukturelle Potenziale aktivieren und nachbarschaftliche Ressourcen für die Quartiersentwicklung erschließen.

Bis zum Ende des Jahres 2023 haben 53 Projekte im Rahmen von Beqisa eine Förderung erhalten. Bis zum Ende des Jahres 2024 werden es 71 Projekte sein. Das ist ein gutes Zeichen. Frau Gensecke hat gerade sehr eindrücklich einige Beispiele genannt, auf die ich aufgrund der Redezeit nicht eingehen kann.

Alle diese Mikroprojekte werden Lücken schließen und vor allen Dingen Brücken schlagen. Die Maßnahmen leisten einen wichtigen Beitrag für das gesellschaftliche Zusammenleben und unterstützen ältere, hochaltrige und pflegebedürftige Menschen in ihrem Wunsch, selbstbestimmt und selbstständig im eigenen bekannten Wohnumfeld zu leben.

Die Art und Weise der entstandenen Mikroprojekte zeigt, mit welchem großen Interesse für das Leben im Quartier auch von den Menschen vor Ort Verantwortung übernommen wird. Anhand der Projekte wird auch deutlich, welch hohes Engagement den älteren und zum Teil pflegedürftigen Menschen entgegengebracht wird.

Die Beratungsstelle zur kommunalen Quartiersentwicklung in Sachsen-Anhalt soll auch in den kommenden Jahren ihre Angebote fortführen. Über die weiteren Planungen für die kommenden Jahre und die Umsetzung der Beratungsstelle werde ich zu gegebener Zeit im entsprechenden Ausschuss berichten. Ich danke zugleich für die Möglichkeit, hierzu heute Stellung zu nehmen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie mich nunmehr zum ebenso vorliegenden Antrag mit dem Titel „Ideenwettbewerb für innovative Modelle der Gesundheitsversorgung“ kommen. Damit soll, wie es dieser Titel bereits sagt, ein mit Landesmitteln untersetzter Wettbewerb ausgelobt werden, um innovative Versorgungsmodelle zur Sicherung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum hervorzubringen.

Der Ärztemangel, besser vielleicht, der medizinische Versorgungsmangel im ländlichen Raum, ist ein wirklich drückendes Problem, dem sich mein Haus seit vielen Jahren stellt. Wie Sie wissen, vertrete ich auch seit vielen Jahren die Auffassung, dass es nicht sinnvoll ist, auf eine gute Idee zu setzen und diese dann zum Modell für das ganze Land zu erheben. Sondern es muss auf mehrere, vielleicht auf viele gute Ideen gesetzt werden. Das geschieht schon in vielfältiger Weise, indem das Land und die übrigen relevanten Akteure im Gesundheitswesen im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenzuweisung Maßnahmen - es ist schon sehr ausführlich von Frau Gensecke etwas gesagt worden hinsichtlich der Studierenden in der Humanmedizin für niederlassungswillige und auf andere Weise vertragsartig tätige Medizinerinnen und Mediziner - entwickeln und durchführen wollen.

Wir machen auch ein Monitoring. Ich denke, Frau Sziborra-Seidlitz, es ist jetzt auch einmal an der Zeit, Modelle, die schon in Vergessenheit geraten sind, wieder einmal zu evaluieren und sich damit im Ausschuss zu befassen. 

Ich weiß, dass Sie alle sicherlich die Sendung „Fakt ist!“ zur Halbjahresbilanz geguckt haben. Dazu ist Ihre Fraktionsvorsitzende Frau Lüddemann eingeladen worden. Sie sagte: Die Grimm-Benne muss das, was wir in der Kommission beschlossen haben, endlich einmal umsetzen. Darin steht alles, was wir machen müssen. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)

Dabei ging es insbesondere um ein paar Sachen, die wir in der Kenia-Koalition gemacht haben. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ich habe es freundlicher gesagt!)

- Ich fand es schon sehr deutlich. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Aber nicht so! - Oh! bei den GRÜNEN) 

- Na gut, es war ein bisschen freundlicher. Ich will mich heute einmal nicht so haben.

Aber dabei ist mir Folgendes aufgefallen: Ja, natürlich hat auch damals die zuständige Ministerin für ELA- und für EFRE-Mittel etwas ganz Tolles gemacht. Sie hat nämlich auch gesagt: Im ländlichen Raum brauchen wir nicht nur Infrastrukturmaßnahmen in dem Bereich, in dem sozusagen ihre Zuständigkeit ist. Sondern wir brauchen auch Maßnahmen z. B. für die gesundheitliche Versorgung. Daraus sind Projekte entstanden, die mittlerweile schon ohne zusätzliche staatliche Mittel finanziert werden können, z. B. in Winterfeld, wo wir diese ganzen Gesundheitszentren geschaffen haben, wo mehrere Leute zusammenkommen. In der Altmark sind noch mehrere solche Sachen gekommen. 

Über die KV sind eigenfinanzierte Eigeneinrichtungen entstanden. Vielleicht sollten wir eine Bestandsaufnahme darüber durchzuführen, was wir hier im Land schon alles zur Verfügung haben, bevor wir immer noch weiter schauen, was wir an innovativen Maßnahmen zusätzlich noch unternehmen müssen.

(Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD, und von Dr. Anja Schneider, CDU)

Eines hat der Bund jetzt auch erkannt: Wir können noch so innovativ sein, aber irgendwann müssen sie eigenständig wirtschaftlich arbeiten können. 

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Solange die Finanzierung beim Bund     Diese muss er schaffen. Er muss entweder Hybrid-DRG schaffen 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Da bin ich völlig bei Ihnen!)

oder er muss schauen, dass er das sozusagen tatsächlich fördert. Das soll noch in diesem Jahr passieren. Sonst werden das alles immer Innovationen bleiben; sobald die staatliche Förderung weg ist, verkümmern diese Projekte. Ich darf ich einmal sagen: Dafür haben wir im Land jetzt keine Zeit und kein Geld mehr. 

Deswegen bin ich immer der Auffassung, das, was wir an Modellen jetzt zur Verfügung haben, müssen wir evaluieren. Wir müssen schauen, dass wir für die Zukunft wissen, was wir tun müssen. Wir müssen uns gegenüber dem Bund dahin gehend äußern, dass wir für diese Aspekte der neuen Gesundheitsversorgung eine vernünftige Finanzierung vom Bund bekommen. 

Deswegen - das ist mein Appell an dem Punkt - meine ich, dass wir nicht noch mehr innovative Projekte schaffen können. Denn ich sage einmal so: Wir werden mit Blick auf den Haushalt darum ringen, dass wir das Geld unseren Krankenhäusern zugutekommen lassen. Damit werden wir nicht noch weiter zukünftige Innovationsmodelle fördern können. Tut mir leid. Ich denke, der Haushalt für die Jahre 2025 und 2026 - das wissen auch Sie - ist insoweit irgendwie sehr kompliziert. - Herzlichen Dank, dass Sie mir zugehört haben. Ich weiß, ich habe die Redezeit überzogen.

(Beifall bei der SPD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Okay. Frau Hohmann hat eine Frage. Diese kann sie jetzt stellen und Sie können dann noch antworten. - Bitte, Frau Hohmann.


Monika Hohmann (Die Linke): 

Recht schönen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich habe nur eine ganz kurze Nachfrage zu dem Modell „Beqisa“. Sie wissen, dass auch ich dieses Modell für sehr positiv halte, weil doch ganz schön viele Innovationen freigesetzt werden. 

Aber jetzt habe ich in dem Antrag gelesen, dass es ein neues Ziel oder ein neues Projekt Gesundheit geben soll. Frau Gensecke hat zwar Ernährung und Sport genannt, aber diese Dinge können doch auch jetzt schon umgesetzt werden, ohne das Projekt Gesundheit.

Was soll denn außerdem noch passieren? Ich frage nur deshalb     Denn wie gesagt, momentan ist es breit gefächert. Aber was soll ganz konkret passieren?


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Es soll auf jeden Fall thematisch nicht eingeengt werden, sondern wir wollen genau diese Aspekte, die Sie jetzt angeführt haben, sehr offen diskutieren und umsetzen. Aber wir haben festgestellt, dass wir den Fokus in dem gesamten Bereich noch mehr auf Gesundheitsprävention lenken müssen. Denn wir haben hinsichtlich Altenpflege, hinsichtlich stationärer Einrichtung etc. immer mehr. Wir wollen, dass die Menschen so lange wie möglich zu Hause leben. Das bedeutet, dass wir in dem Bereich Gesundheit noch mehr tun müssen. Neben der Ernährung geht es natürlich auch um all die Volkskrankheiten, die man mit zunehmendem Alter hat. Wir müssen schauen, wie wir diesbezüglich präventiv tätig werden können. Wir wollen vor Ort wieder Mikroprojekte durchführen, die man mit wenig Möglichkeiten schaffen kann.