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Plenarsitzung

Landesregierung soll Vision Zero umsetzen

Jeder einzelne Fall von schwerem Personenschaden oder sogar Tod in Zusammenhang mit dem Verkehrsgeschehen müsse vermieden werden, befinden die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. Durch den Antrag der Koalition soll sich die Landesregierung weiterhin auf Bundesebene für die „Vision Zero“ (null Verkehrstote) einsetzen. Nur durch ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Land seien die Ziele der Vision Zero nachhaltig und langfristig zu erreichen. Hierfür müsse es auch die Erweiterung der aktuellen Formulierung der StVO geben, um den Begriff der Vision Zero zu unterstützen.

Foto von Fahrradunfall und Information: Nur ein Drittel der Fahrradfahrenden in Sachsen-Anhalt fühlt sich auf den Straßen und Radwegen sicher.

Foto von Fahrradunfall und Information: Nur ein Drittel der Fahrradfahrenden in Sachsen-Anhalt fühlt sich auf den Straßen und Radwegen sicher.

„Reality Zero erreichen“

Im Jahr 2022 seien 152 Menschen in Sachsen-Anhalt im Straßenverkehr ums Leben gekommen, zeigte sich Dr. Falko Grube (SPD) betroffen, eine Absenkung der Opferzahl sei nicht auszumachen. Das Land Sachsen-Anhalt nehme in der Unfallstatistik mit Todesfolge die unrühmliche Spitzenposition ein. An den Straßenrand gehörten Blumen und Bäume statt Kerzen und Kreuze, meinte Grube. Es könne nicht sein, dass man sterbe, nur weil man von A nach B unterwegs sei. Aus der „Vision Zero“ müsse eine „Reality Zero“ werden. Dafür bedürfe es sicherer Infrastruktur, also beispielsweise ordentlicher Straßen und Tempo 30 vor Schulen. Der Verkehrssicherheitsbeirat müsse die Gefahrenstellen im Land benennen und ein Programm zu deren Entschärfung vorstellen.

Lösungsvorschläge aus dem Beirat

„Wir reden über menschliche Schicksale“, deswegen müsse man sich des Themas annehmen, erklärte Dr. Lydia Hüskens (FDP), Ministerin für Infrastruktur und Digitales. Mehrere Handlungsfelder böten die Möglichkeit, aktiv beim Schutz von Menschenleben im Verkehrsgeschehen zu werden: die technische Entwicklung (zum Beispiel Assistenzsysteme), die Ausgestaltung von Strecken (Trennung von Verkehren), die Bewertung von Unfallorten und deren verkehrlichen Bedingungen, das Aufstellen von Regeln (Ampeln, Kreisverkehre, Geschwindigkeitsbegrenzungen), polizeiliche Maßnahmen sowie Präventionsmaßnahmen. Der Verkehrssicherheitsbeirat des Landes soll in Zukunft viele gute Lösungsvorschläge erarbeiten, so Hüskens.

„Vor ausländischen Lkw-Fahrern schützen“

Die Koalition mache „grüne Politik“, wunderte sich Matthias Büttner (AfD, Staßfurt). Die Koalition wolle jedoch die Menschen im Land nicht vor schlecht ausgestatteten ausländischen Lkw-Fahrern schützen. Die „Vision Zero“ sei utopisch. Um sie umzusetzen, müsste man auf den Individualverkehr verzichten, meinte Büttner. Auf dem Weg dorthin sollen offenbar mehr Reglementierungen vorgenommen werden. Dabei habe die Automobilindustrie sehr viel in Sachen Sicherheit geleistet. Deswegen halte die AfD auch am Automobil in Sachsen-Anhalt fest. Büttner warb für bessere Straßen und geringere Spritpreise.

„Vision Zero nicht aus den Augen verlieren“

„Jeder Verkehrstote ist einer zu viel, das gebieten allein schon das Grundgesetz und die gute Kinderstube“, sagte Detlef Gürth (CDU), wie man das wie die AfD infrage stellen könne, sei völlig unverständlich. Das angestrebte Ziel der „Vision Zero“ werde nicht allein durch Reden erreicht, sondern durch konkrete Maßnahmen. Es gebe den gemeinsamen Pakt für Verkehrssicherheit, den Bund, Länder und Gemeinden geschlossen hätten, einen Prozess, in dem auch das veränderte Verkehrsverhalten und die Weiterentwicklung der Technik berücksichtigt würden. Gürth warb für die Annahme des Antrags, die Vision Zero dürfe nicht einen Tag lang aus den Augen verloren werden.

„Ehrenamt nicht noch mehr belasten“

Inwieweit sei der Antrag der Koalition glaubwürdig, wenn sie die Vision Zero umsetzen wolle, zuvor aber bei den Haushaltsberatungen die Mittel für die Maßnahmen der Landesverkehrswacht deutlich kürze, fragte sich Guido Henke (DIE LINKE). Größere Verkehrssicherheit könne man so nicht erlangen. Man dürfe das Thema Verkehrssicherheit nicht noch weiter auf das Ehrenamt schieben. Aus dem Antrag der Koalition gehe nicht wirklich hervor, was sie damit erreichen wolle, kritisierte Henke.

„Keine Fraktion schließt den Pkw-Verkehr aus“

Keine der demokratischen Fraktionen habe je gesagt, dass man auf den Pkw-Verkehr verzichten wolle, stellte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) klar. Was es aber brauche, seien verkehrsberuhigte Innenstädte, mehr Busse und Bahnen und sichere Fußgängerüberwege sowie Tempolimits in Innenstädten und auf der Autobahn, dem stehe auch ein gutfunktionierender motorisierter Individualverkehr nicht entgegen. „Unser Ziel muss es sein, die Straßen so sicher zu machen, dass alle Menschen gefahrenfrei im Verkehr unterwegs sein können“, betonte Lüddemann.

Moderne Notbremsassistenten

Von dem Ziel der Vision Zero sei man noch ein ganzes Stück entfernt, erklärte Maximilian Gludau (FDP) in seinem allerersten Redebeitrag als Abgeordneter vor dem Plenum. Die hohe Zahl der Verkehrstoten in Sachsen-Anhalt sei besorgniserregend. Der größte Unfallschwerpunkt sei nach wie vor die Autobahn 2. Der Bundesverkehrsminister setze sich dafür ein, dass moderne Notbremsassistenten für schwere Nutzfahrzeuge Pflicht würden. Gludau lobte den Plan der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedstaaten, das begleitete Fahren ab 17 Jahren zu unterstützen. Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme seien das A und O im Straßenverkehr.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Koalition angenommen.