Das Parlament von Sachsen-Anhalt kam am 7. März 2022 zusammen, um den Haushalt für das laufende Jahr in Erster Beratung zu diskutieren. 13,575 Milliarden Euro stehen auf der Einnahmen- und Ausgabenrechnung der Landesregierung. Es ist ein Plus von 1,5 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Fast ein Drittel dieser Summe sollen die Kommunen für ihre jeweiligen Aufgaben erhalten. So gingen über 4 Milliarden Euro an die Städte und Gemeinden. Änderungen soll es über das Haushaltsbegleitgesetz unter anderem in der Landeshaushaltsordnung geben. Hier geht es vornweg um die Neugestaltung der Bemessungsgrundlage für die Schuldenbremse des Landes.
Gelder müssen auch schnell abfließen
Die Landesregierung habe sich für 2022 sehr viel vorgenommen, betonte Finanzminister Michael Richter (CDU). Die Gesamtzahlungen an die Kommunen von 4,18 Milliarden Euro bedeuteten ein Plus von 577 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Damit sei auch der prozentuale Anteil des Haushaltsvolumens für die Kommunen am Gesamthaushaltsvolumen weiter gestiegen, so Richter. Zusätzlich profitierten die Kommunen von dem im Dezember 2021 verabschiedeten Corona-Sondervermögen, das außerhalb des Gesamthaushalts laufe. Finanzminister Michael Richter betonte: „Der Haushaltsplanentwurf mit einem Plus von 577 Millionen Euro für die Kommunen zeigt, dass das Land bezogen auf seine eigene Leistungsfähigkeit mehr als angemessen auf die Belange der Kommunen eingeht.“
Ein weiterer großer Brocken im Haushalt seien die Sozialausgaben, die von 346 Millionen Euro (2018) auf 442 Millionen (2022) angestiegen seien. Bei den Krankenhausinvestitionen habe es ebenfalls eine deutliche Erhöhung gegeben, die mit dem Corona-Sondervermögen zusätzlich ergänzt werden könne. Außerdem soll sehr viel im Bereich Digitalisierung von Krankenhäusern, Polizei und Schulen investiert werden. Ebenfalls wichtig sei die Schaffung einer Industrie für Wasserstofftechnologie als zukunftsbedeutender Wirtschaftszweig sowie Personalzuwächse bei der Polizei und den Lehrern.
Um die geplanten Maßnahmen und Investitionen zu finanzieren, wurden unter anderem Kredite in Millionenhöhe aufgenommen. Unter anderem dadurch hätte der Haushalt 2022 ausgeglichen werden können, so Richter. Die zentrale Herausforderung für die Landesverwaltung werde in 2022 darin liegen, „das Geld auch auf die Straße zu bekommen“, mit anderen Worten, dass die Finanzmittel auch abfließen könnten. Denn es gebe nur einen kurzen zeitlichen Spielraum, um gestärkt aus der Corona-Krise herauszukommen. Schon 2023 werde es weniger Spielraum im Haushalt geben. Abschließend erklärte Richter, die Investitionsquote im Haushalt steige auf 18,2 Prozent, dafür würde ihn jedes andere Bundesland bewundern. Zudem verwies er darauf, dass, wenn der Haushalt – so wie geplant – verabschiedet würde, das Land Ende 2022 eine Verschuldung von 23,2 Mrd. Euro tragen müsse.
Inflation wird weiter steigen
Dr. Jan Moldenhauer (AfD) erklärte, der Haushalt sei bereits von der Realität eingeholt worden, weil er auf Steuerschätzungen vom November 2021 basiere. Die Inflation werde aufgrund des Energiewandels weiter zunehmen, ebenso könnte der weltweite Finanzsektor wegen der Sanktionen gegen Russland in Wallung geraten. Die Mai-Steuerschätzung werde daher vermutlich eine „böse Überraschung“ für den Finanzminister bedeuten.
Die Pro-Kopf-Verschuldung in Sachsen-Anhalt liege momentan bei rund 11 000 Euro – „seröse Finanzpolitik sieht sicher anders aus“, kritisierte Moldenhauer weiter. Man lebe über seine Verhältnisse, daher drohten mittelfristig weniger Spielräume. Erfreut zeigte er sich über mehr Geld für die Einstellung von Polizisten, damit würden Kernforderungen der AfD umgesetzt. Dennoch würden immer noch Gelder verschwendet, beispielsweise für Gender-Mainstreaming-Projekte, Gleiches gelte für die Fortsetzung der „Multikulti-Gesellschaft“. Auch in diesem Jahr werde die AfD-Fraktion einen alternativen Haushalt aufstellen. Dabei gebe es folgende wichtige Kriterien: „Inländerfreundlichkeit“, soziale Gerechtigkeit, Generations- und Leistungsgerechtigkeit.
Wirtschaftliche Chancen für das Land
Die Koalition habe sich vorgenommen, schwungvoll aus der Pandemie zu kommen, erklärte Dr. Andreas Schmidt (SPD). Die Steuereinnahmen seien sehr gut. Man stehe für eine verlässliche Finanzierung der Kommunen. Die Bereiche Arbeit, Soziales, Familie, Jugend, Demokratieförderung und Integration nähmen für die SPD wichtige Schwerpunkte im Haushalt ein. Unter anderem werde man die Kita-Beitragsfreiheit ab dem zweiten Kind beibehalten. Die Finanzierung der Schulsozialarbeit habe leider nicht so umgesetzt werden können wie gewünscht.
Vor allem vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine müsse es in Sachen Energie zu einer schnelleren und entschlosseneren Ablösung der fossilen Quellen kommen. Die Energiewende müsse dennoch bezahlbar bleiben, so Schmidt. Diese werde aber auch wirtschaftliche Chancen für das Land bieten. Die Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine werde selbstverständlich Geld kosten, aber Schmidt zeigte sich zuversichtlich: „Wir schaffen das.“
Kommunen entscheiden über Landesentwicklung
Andreas Henke (DIE LINKE) unterstrich vor allem, wie wichtig es sei, die Städte und Kommunen des Landes zu stärken. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen sei unverzichtbar für die gesamte Landesentwicklung. Daher hätten die Kommunen Anspruch darauf, dass sie finanziell ausreichend ausgestattet würden. Wenn man sich die Finanzplanung der Kommunen anschaue, sehe man stattdessen jedoch eine „chronische Unterfinanzierung“. Ein Haushaltsentwurf müsste verlässliche Leitplanken für die Zukunft der Kommunen bieten.
Der Haushaltsentwurf 2022 habe zwar ein großes Gesamtvolumen, dennoch gebe es Bereiche, in denen seine Fraktion mehr Geld ausgeben würde (zum Beispiel im ÖPNV, beim Radwegebau, im Waldbereich, bei der Schulsozialarbeit, bei der Feuerwehrsteuer sowie in der Kinder- und Jugendhilfe und für die Frauenhäuser). Daher werde es in den Haushaltsberatungen noch einiges zu besprechen geben.
Disziplin im Haushalt
Spare man in der Zeit, habe man in der Not, doch coronabedingt gelte dieser Spruch nicht mehr ganz, betonte Jörg Bernstein (FDP). Der „coronabereinigte Haushalt“ sei nun vorgelegt worden, er habe nur unter Nutzung kreativer Gestaltungsspielräume zum Ausgleich gebracht werden können. In nahezu allen Bereichen werde man zu einem ressourcenschonenden Handeln angehalten, das scheine nur für Geld nicht zu gelten, kritisierte Bernstein. Offenbar solle auch an der gesetzlich festgelegten Schuldenbremse gerüttelt werden. Aber für alle weiteren Wünsche seien konkrete Vorschläge zur Gegenfinanzierung abzugeben. Die nachkommenden Generationen dürften nicht mit zu vielen Schulden belastet werden.
Die Corona-Pandemie koste nach wie vor viel Geld und die Folgen des Kriegs in der Ukraine seien noch nicht einmal im Ansatz zu erfassen. Man müsse mit größter Disziplin mit dem Haushalt umgehen. Zu begrüßen sei die höhere Stellenausweisung in der Landespolizei. Im Bereich Bildung sei der weitere Ausbau digitaler Unterstützungselemente vorgesehen. In der Landwirtschaft werde es unter anderem um die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest gehen. Ob die Millionen Euro für die Corona-Maßnahmen noch nötig seien, fragte Bernstein. Der Ruf nach Normalität sei groß. Jetzt müsse man sich auf die wesentlichen Baustellen im Land konzentrieren.
Bestehende Spielräume nutzen
Es herrschten dramatische Bedingungen bei der Aufstellung des Haushalts, so Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Alle vorgelegten Planungen könnten schnell Makulatur werden. Der Entwurf sei sehr spät vorgelegt worden. Wenn er erst in der späten ersten Jahreshälfte zur Wirkung komme, könne er seinen angestrebten Gestaltungswillen nur schwer entfalten, monierte Meister. Dass man bei diesem Haushaltszahlen auch noch Schulden aufnehme, sei sehr erstaunlich.
Es gelte, Schwerpunkte zu setzen und diese auch zu kommunizieren. Nach einer Stärkung von Vorsorgeinstrumenten suche man vergeblich. Man müsse bestehende Spielräume nutzen, um Zukunftsthemen anzugehen: Bildung und Entwicklung, so Meister. Die Ausstattung der Hochschulen sei zu verbessern. Bei der Schulsozialarbeit müsse das Land seiner Verantwortung gerecht werden und das nicht auf die Kommunen abwälzen.
„Nach der Krise ist vor der Krise“
Es sei dem Finanzminister gelungen, einen Haushaltsentwurf vorzulegen, der ausgeglichen sei und keine globale Minderausgabe enthalte, betonte Guido Heuer (CDU). Der Haushalt weise ein Rekordvolumen auf, von einem Sparhaushalt könne keine Rede sein. Man sei auch weit davon entfernt, das Land „kaputtzusparen“. Man stehe für eine solide Finanzpolitik ein, so der CDU-Abgeordnete. Man müsse bereit sein, die Folgen der Entscheidungen zu bedenken.
„Nach der Krise ist vor der Krise“, stellte Heuer fest und nannte als Beispiele die rasant steigende Inflation, die steigenden Energiepreise, die bedrohte Ernährungssicherheit und die bedrohte Exportwirtschaft. Die Ernährungssicherheit habe absolute Priorität. Die Ukraine und Russland lieferten 30 Prozent des weltweiten Getreides, hier komme es nun kriegsbedingt zu Einschnitten. Es werde die armen Länder am stärksten treffen. Sachsen-Anhalt habe aber genügend Potenzial, die Nahrungsmittelproduktion zu steigern und einen weltweiten Beitrag zur Ernährungssicherheit zu leisten, so Heuer.
Alles, was die öffentliche Hand ausgebe, seien Steuer- und Abgaben-Euro, es brauche „so viel Staat wie nötig, nicht so viel Staat wie möglich“, so Heuer. Er lobte die Investitionen in die Kreisstraßen, die Digitalisierung und die Krankenhauslandschaft. Für jede in den Ausschussberatungen neu eingebrachte Maßnahme forderte auch er eine Gegenfinanzierung. Die CDU fordert einen Stopp des Personalaufbaus in der Verwaltung, die Einhaltung der Schuldenbremse, die Stärkung des Pensionsfonds und die deutliche Erhöhung der Schuldentilgung.
Im Anschluss an die Debatte wurden die beiden Gesetzentwürfe der Landesregierung in den Ausschuss für Finanzen (federführend) und alle anderen Ausschüsse überwiesen.