Geben Sie’s ruhig zu, auch Sie gucken dann und wann ARD und ZDF; die Einschaltquoten und Onlinezugriffszahlen belegen dies auch. Momentan gibt es viele negative Schlagzeilen durch die Vorkommnisse beim RBB. Diskussionen über die Finanzierung und die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt es nicht erst seit gestern. Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) kommt zum Einsatz. In einem Fachgespräch legten die Hausspitzen der Senderanstalten dar, wie sehr Finanzierung und Programmgestaltung Hand in Hand gehen, zudem nahmen sie zur aktuellen Situation Stellung.
Die aktuelle Situation beim RBB sei so unübersichtlich, wie sie unübersichtlicher nicht sein könnte, räumte der ARD-Vorsitzender Tom Buhrow ein, derzeit suche man nach einer Interimshausspitze. Man sei so empört wie alle, es gehe nun darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und den Sender wieder sicher in die Spur zu lenken. Die ARD sei allerdings kein Konzern, so gebe es also in diesem Sinne auch keinen obersten Chef, der einem der Sender etwas vorschreiben könne oder Kenntnis von fragwürdigen Bonussystemen habe, so Buhrow. Dafür gebe es die Aufsichtsorgane. Sachsen-Anhalts Staatsminister Rainer Robra habe unlängst mehr Aufsichten und Kontrollen der Sendeanstalten auf Basis des im Herbst zu novellierenden Medienänderungsstaatsvertrags angekündigt. Es sei durchaus legitim, unterschiedlicher Meinung zu sein, wenn es darum gehe, was und was nicht (mehr) vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewollt werde, betonte Buhrow. Diese Anliegen gehörten in die Auftrags- und Strukturdebatte. Die Medienlandschaft stecke noch immer in einem radikalen Transformationsprozess. Die ARD-Anstalten seien wie keine anderen Anbieter Sender der Regionen. Man habe trotz knapper Kassen einige umfangreiche Projekte angestoßen, so unter anderem einen gemeinsamen Streamingdienst mit dem ZDF oder das in Weimar angesiedelte Kulturportal.
Es bestehe eine tiefgreifende Sorge um den RBB, erklärte Prof. Dr. Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), es sei wichtig, dass es einen glaubwürdigen und transparenten Aufarbeitungsprozess gebe. Denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk spiele eine wichtige Rolle in der deutschen Medienlandschaft. In den vergangenen Jahren habe es einen deutlichen Zuwachs an Zuschauerinnen und Zuschauer gegeben, insbesondere in Mitteldeutschland. Die öffentlich-rechtlichen Medien seien mit die wichtigsten Informationsportale für die Bürgerinnen und Bürger. Wille wies auf die sogenannten Compliancekriterien (ethisch korrektes Verhalten) der ARD-Anstalten hin. Es gebe nun einen für alle Beschäftigten verbindlichen Mitarbeiterkodex. Allen Beschäftigten werde verdeutlicht, dass jedes missbräuchliche Handeln die Integrität und Glaubwürdigkeit aller zerstöre.
Das Informationsbedürfnis der Menschen sei groß, insbesondere in Krisenzeiten wie während einer Pandemie oder des Ausbruchs eines Kriegs, erklärte Stefan Raue, Intendant des Deutschlandradios (Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova). Man berichte keineswegs „ausschließlich aus Sicht der Regierung“, wie dem Deutschlandradio oft vorgeworfen werde. Die Fachredaktionen würden stattdessen wissenschaftlich untermauert berichten, dabei auch über die massiven Einschränkungen und deren Verhältnismäßigkeit, über Nebenwirkungen der Covid-Impfung, negative Folgen für Kinder, alte Menschen oder Unternehmen. Eine zweite thematische Herausforderung sei der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Journalistinnen und Journalisten vom Deutschlandradio würden ausgewogen berichten, griffen auf Kontakte in der Ukraine und Russland zurück, so Raue. Diese Informationsangebote würden von vielen Menschen geschätzt, weil sie in Krisenzeiten Orientierung böten. Die Hörerinnen und Hören hätten großes Vertrauen in die Angebote vom Deutschlandradio.
Im Sinne des Mottos „Ein ZDF für alle“ müsse um das Vertrauen der Zuschauerinnen und Zuschauer fortdauernd geworben werden, Dr. Norbert Himmler, Intendant des Zweites Deutschen Fernsehens (ZDF). Die Menschen müssten sich im Programm wiederfinden, die jeweiligen Landesstudios brächten Land und Leute, Politik, Kultur und Gesellschaft aus den Ländern ins Programm, darunter auch fiktionale Sendungen.
Die KEF ermittle die Rundfunkbeiträge auf Basis eines mathematischen, regelgebundenen Bedarfsfeststellungsverfahrens. Dessen Grundlage ist der Angebotsauftrag, und der komme aus den Parlamenten, erklärte Kay Barthel, Präsident des Landesrechnungshofs in Sachsen-Anhalt und in dieser Funktion auch Sachverständiger aus Sachsen-Anhalt in der KEF. Mit Blick auf den neuen Rundfunkstaatsvertrag müsse klar sein: Einen konstanten Beitrag könne es derzeit nur geben, wenn an der Angebotsschraube gedreht werde, betonte Barthel.