Auf Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und FDP soll die Landesregierung das Außenwirtschaftskonzept des Landes Sachsen-Anhalt überarbeiten und dem zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus hierüber Bericht erstatten. Dabei sollen unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt werden: die Erstellung einer Außenwirtschaftsstrategie mit dem Ziel der Risikoreduzierung und Wachstumsförderung sowie die Bewerbung der Wettbewerbsvorteile Sachsen-Anhalts für internationale Investoren und Start-ups über alle Marketingkanäle.
Leitlinien für das Handeln
Heute könne man jederzeit Produkte aus allen Winkeln der Welt kaufen und verkaufen, die moderne Außenwirtschaft habe das Leben einfacher und reicher gemacht, konstatierte Holger Hövelmann (SPD). Zehntausende Tonnen Waren würden täglich auf den Autobahnen in Sachsen-Anhalt, auf dem Mittellandkanal und am Flughafen Leipzig/Halle transportiert. Der freie Warenverkehr trage zum Erfolg der heimischen Wirtschaft bei. Die Corona-Krise und Störungen im Suezkanal hätten die Anfälligkeit von Lieferketten gezeigt. Im neuen Außenhandelskonzept sollen Leitlinien für das Handeln des Landes und seiner Regierung kommuniziert werden. Man stelle Empfehlungen auf, wie die Außenwirtschaft der hiesigen Unternehmen unterstützt werden könne. Man wolle das Augenmerk der Welt auf Sachsen-Anhalt richten, die Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft voranbringen und Sachsen-Anhalt zu einer globalen Anlaufstelle machen.
Ständiger Informationsaustausch
Zwei schwierige Corona-Jahre lägen hinter Sachsen-Anhalt, resümierte Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU). Exportschlager seien weiterhin Produkte aus Chemie und Pharmazie sowie Mineralölerzeugnisse. Die Überarbeitung des Außenwirtschaftskonzepts werde unter dem ständigen Informationsaustausch mit den Akteuren, also Unternehmen und Bundes- sowie EU-Politik, betrieben. Man wolle die Aktivitäten und die Zusammenarbeit im Ausland intensivieren, beispielsweise mit den USA und in Asien, so Schulze.
Wer sind die Wertepartner?
Es sei richtig und wichtig, dass Außenhandelskonzepte des Landes regelmäßig überprüft würden, sagte Tobias Rausch (AfD). Ziel müsse es sein, nicht mehr von Lieferketten abhängig zu sein. Entsprechend wichtige Unternehmen müssten hier wieder angesiedelt werden. Die Anwerbung neuer Unternehmen und Fachkräfte sei zu begrüßen. Unklar sei, wer die im Antrag genannten „Wertepartner außerhalb der EU“ seien. Das zeige „Willkür und Scheinheiligkeit“ seitens der Koalition. Die AfD spreche sich für eine interessegeleitete statt für eine wertegeleitete Wirtschaftspolitik aus, so Rausch.
„Brauchen internationale Investoren“
„Wir müssen für uns und das Land schauen, wo die Märkte der Zukunft sind“, auch vor den Herausforderungen geopolitischer Veränderungen, erklärte Andreas Silbersack (FDP). Es brauche eine strategische Überarbeitung der Außenwirtschaft des Landes, mehr Diversifizierung müsse auf der Agenda stehen. „Wir brauchen internationale Investoren, die bereit sind, privates Geld nach Sachsen-Anhalt zu bringen.“ Sachsen-Anhalt habe im Jahr 2022 Waren im Wert von 30 Milliarden Euro exportiert und im Wert von 20 Milliarden Euro importiert.
Wertegeleitete Außenwirtschaft
Auch den Linken sei der Punkt 2 des Antrags besonders aufgefallen, sagte Wulf Gallert (DIE LINKE), denn zwar sei man im Gegensatz zur AfD für eine wertegeleitete Außenwirtschaft, aber über welche Werte rede man denn da? Von Wert könne beispielsweise nicht sein, die Lebensmittelproduktion in Südamerika zu unterstützen – für den Preis der vorherigen Abholzung des Regenwalds, kritisierte Gallert. „Wenn wir eine wertegeleitete Außenwirtschaft betreiben wollen, dann müssen wir die extremen Ungleichgewichte auch in unserer Verantwortung sehen und versuchen, diese abzubauen“, forderte der Linken-Abgeordnete.
Wahnsinniger Transformationsprozess
Die Außenwirtschaft in Sachsen-Anhalt habe in den vergangenen Jahrzehnten einen wahnsinnigen Transformationsprozess hinlegen müssen, rekapitulierte Ulrich Thomas (CDU). Der Außenhandel sei ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Stärke des Landes, hier müssten also die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das Konzept aus dem Jahr 2014 sei mittlerweile veraltet, neue Lösungsansätze müssten gefunden werden. Thomas warb für eine größere Unabhängigkeit von fremden Märkten, indem wieder mehr auf heimische Ressourcen gesetzt werde. Natürlich freue man sich über neue Investoren, aber auch die Bestandsunternehmen sollen in den Außenhandel eingebunden und deren Produkte auf andere Märkte getragen werden, betonte Thomas.
Investitionsleitlinie anpassen
Das Außenwirtschaftskonzept sei veraltet, erkannte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Man müsse bei der Novellierung die aktuellen Entwicklungen im Blick behalten, die Wirtschaft orientiere sich vermehrt auf Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft und Klimaneutralität. Spätestens mit der Intel-Ansiedlung sollte auch die Investitionsleitlinie des Landes angepasst werden, empfahl Meister. Er warb für den Änderungsantrag der Grünen. Durch diesen sollte der Antrag der Koalition um einen Punkt – den Ausbau der Verfügbarkeit Erneuerbarer Energien als zentralen Standortvorteil Sachsen-Anhalts – ergänzt werden.
Im Anschluss an die Debatte wurde die Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus abgelehnt. Der Änderungsantrag der Grünen wurde ebenfalls abgelehnt. Danach wurde der unveränderte Ursprungsantrag mit den Stimmen der Koalition angenommen.