Sie habe mehr Angst, unsere Kinder auf Straßen und Fußwege zu lassen, als in den Wald wegen des Wolfs. Denn Radfahren in Sachsen-Anhalt bleibe weiterhin gefährlich, konstatierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Sie habe den Eindruck, dass das Verkehrsministerium nur das mache, was im Koalitionsvertrag stehe und kein bisschen mehr. Die von ihrer Fraktion beantragte Aktuelle Debatte sollte die Strategie für den Radverkehr in Sachsen-Anhalt schärfen.
Viele Radwege seien in einem schlechten Zustand, unbeleuchtet oder hörten einfach irgendwo im Nirgendwo auf. Kindern und Eltern müsste allerdings eine Sicherheit im Radverkehr vermittelt werden, denn sonst würden sie später nie das Fahrrad nutzen, so Lüddemann. Die Planungen im Radwegeausbau müssten zudem besser koordiniert werden und es bedürfe mehr Gelder für den kommunalen Radverkehr. Zudem müssten in den entsprechenden Behörden die Planungskapazitäten erhöht werden. Zwar sei es gut, dass es jetzt eine Koordinatorin für das Radwegenetz gebe, diese könnte jedoch nicht alles allein stemmen.
Verkehrsminister verweist auf Erfolge
Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) verwies auf die bereits erfolgten Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs in Sachsen-Anhalt. Im nächsten Jahr solle beispielsweise der neue Landesradverkehrsplan bis zum Jahr 2030 beschlossen werden. Die Kommunen seien dabei der wichtigste Partner des Ministeriums, so Webel. Außerdem sei die Arbeitsgemeinschaft „Fahrradfreundliche Kommune“ (AGFK) auf den Weg gebracht worden, der immer mehr Landkreise und Gemeinden beitreten würden.
Die AGFK habe erste Projekte beschlossen und diese würden nun auch umgesetzt. Zudem sei erreicht worden, dass EU-Fördermittel für den Radverkehr zur Verfügung stünden. Ebenso sei das vom Landtag auf den Weg gebrachte Lastenradförderprogramm ein Erfolgsmodell. Allerdings sei Radverkehrsausbau keine Pflichtaufgabe der Kommunen und häufig fehle es an den finanziellen Mitteln.
Genügend Mittel bereitstellen
Matthias Büttner (AfD) wunderte sich, dass die Grünen ihr Rad-Engagement erst jetzt so intensivierten, wo doch der neue Landesradverkehrswegeplan schon 2016 Teil des Koalitionsvertrags gewesen sei. Es dauere schlichtweg zu lange von der Planung bis zum tatsächlichen Bau eines Radwegs, mitunter bis zu 15 Jahren, kritisierte Büttner. Es müssten also genügend Mittel für den Radwegebau bereitgestellt werden, der als Ergänzung zum restlichen Straßenverkehr bewertet werden müsse. Auch der Ausbau von Feld und Waldwegen müsse diskutiert werden. Die AfD-Fraktion werde sich einem Ausbau des Radverkehrsnetzes nicht verschließen, wohl aber jede Form von Steuergeldverschwendung verhindern, sagte Büttner.
Radwegebau an Straßenbau koppeln
„Für uns als SPD ist der Radverkehr wichtig“, konstatierte Dr. Falko Grube (SPD). Die Hälfte der Strecken, die heute mit dem Auto zurückgelegt würden, seien unter fünf Kilometer lang, also bestens geeignet fürs Rad. Es bedürfe einer geeigneten Infrastruktur: Nur dort, wo vernünftige Radwege vorhanden seien, werde auch auf das Rad umgestiegen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten acht Prozent aus den Verkehrsmitteln für den Radwegeausbau seien bisher jedes Jahr deutlich verfehlt worden. Der Straßenbau sei insgesamt unterfinanziert. Grube begrüßte, dass der Radwegeplan von 2010 überarbeitet werde.
Wir brauchen ein flächendeckendes Radwegenetz und eine konsequente Umsetzung des Landesradwegeplans. Weiterhin sollten mindestens die acht Prozent der Verkehrsmittel für das Radwegenetz aufgewendet werden. Der Bau von Radwegen müsse auch an den Straßenbau außerorts gekoppelt werden. Auf der Agenda stünden zudem die Landeskampagne „Sachsen-Anhalt steigt auf“ und das Setzen auf das Fahrrad-Know-how made in Sachsen-Anhalt. Moderne und diebstahlsichere Fahrradabstellmöglichkeiten an Bahnhöfen etc. sollten Thema werden, ebenso die stressfreie Mitnahme von Fahrrädern in Bus und Bahn, so Grube.
Umsetzung des Plans läuft viel zu schleppend
Eigentlich gebe es keinen aktuellen Bezug für die Aktuelle Debatte der Grünen, merkte Guido Henke (DIE LINKE) an. Man müsse eine Radverkehrsstrategie erstmal schaffen, bevor sie geschärft werden könne. Die Verbesserung des Radverkehrs sei ein unerfülltes Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, es sei tatsächlich zu wenig geschehen. Die in den Haushalt eingestellten 4,5 Millionen Euro seien ohnehin kein Katalysator für den Radwegebau. Zwar sei eine Radverkehrskoordinatorin für das Land installiert worden, aber die Umsetzung des Radverkehrsplans verlaufe viel zu schleppend, in dieser Legislaturperiode sei nicht mehr viel zu erwarten.
Die Radverkehrspläne der Kommunen seien gut, sie müssten nur auch an die Planung des Landes angeknüpft werden. Für Radschnellwege gebe es Bundesmittel, aber das Land habe diese bis dato nicht abgerufen. Darüber hinaus herrsche Personalnot für die Planung und Umsetzung von Radwegen. Der Gesamtblick auf eine Verkehrswende und die Möglichkeit der Verkehrsverringerung durch Ausbau des ÖPNV werde weder im Bund noch im Land nicht geleistet.
Ausbau und Neubau wichtig
Frank Scheurell (CDU) verwies zunächst auf die gesundheitsfördernden Umstände des Radfahrens. Darüber hinaus sei das Rad ein umweltfreundliches Mobilitätsmittel. Nur für die Sicherheit beim Radfahren müsse noch einiges getan werden – beispielsweise durch den Ausbau des Radwegenetzes im Land. Drei Ministerien und die Kommunen seien am Ausbau der Radwege beteiligt. Förderprogramme und Verwaltungshandeln müssten hier anpassungsfähig sein. Die Radwege-Planungen dauerten „gefühlt ewig“, meinte Scheurell.
Es sei schon ein wenig Ironie, dass die Grünen umweltfreundlichen Verkehr schaffen wollten, indem man bei der Schaffung von Radwegen umweltschädliche Flächenversiegelung betreibe. Der Neubau und Ausbau von Radwegen sei aber nichtsdestotrotz zu unterstützen, stellte Scheurell klar. Gutausgebaute Radwege schützten das Leben der Radfahrenden. Sollte noch mehr Geld in den Radwegebau investiert werden, fehle das Geld für den sanierungsbedürftigen Kraftfahrzeugverkehr.
Beschlüsse zur Sache der Aktuellen Debatte wurden nicht gefasst.