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Plenarsitzung

Wahlen unter Corona-Pandemie sichern

14. Okt. 2020

Das Corona-Virus hat in den letzten sieben Monaten auch die Arbeit in den kommunalen Vertretungen deutlich beeinträchtigt. Der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll die Handlungsfähigkeit der kommunalen Vertretungen und ihrer Ausschüsse wie auch der Ortschaftsräte sicherstellen sowie die Durchführung von Wahlen ermöglichen, selbst wenn ein „Urnengang“ aus gesundheitlicher Sicht ausgeschlossen werden müsse. Parallel zum Gesetzentwurf wurde ein Antrag der AfD-Fraktion beraten, mit dem sie die Möglichkeit einer reinen Briefwahl in Pandemiezeiten abwenden und die Urnenwahl garantieren will. Ebenfalls zur Debatte stand ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE.

Symbolfoto

Wählen trotz hochansteckender Pandemie: Reicht eine Briefwahl oder muss es eine Urnenwahl geben? Foto: VRD/fotolia.com

Pandemie kein Grund für reine Briefwahl

Robert Farle (AfD) kritisierte: „Mit der jetzt geplanten Änderung soll der Innenminister ermächtigt werden, die Wahlgrundsätze pandemiebedingt außer Kraft zu setzen“. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch bereits festgestellt, dass eine reine Briefwahl Einschränkungen für das Wahlrecht bedeute. Die Corona-Pandemie liefere keinen zwingenden Grund dafür, so Farle. Mit dem Antrag seiner Fraktion solle die Landesregierung aufgefordert werden, von ihren Plänen zur Änderung des Wahlgesetzes Abstand zu nehmen und Urnenwahlen nach den Vorgaben des Grundgesetzes für die kommende Landtagswahl zu garantieren. 

Landeswahlleiterin trifft eigene Entscheidung

Das kommunale Fundament unseres Staates habe sich auch unter den Corona-Bedingungen bewährt, lobte Innenminister Holger Stahlknecht den Umgang der Kommunen mit der Pandemie. Den vorliegenden Gesetzentwurf mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten von 1933 zu vergleichen – wie vom Abgeordneten Farle erfolgt – und damit auch die Abgeordneten mit Nazis, finde er „unanständig“ und „geschichtsvergessen“. Anders als von der AfD suggeriert, sei die Landeswahlleiterin unabhängig und werde, wenn nötig, selbstständig entscheiden, versicherte der Innenminister. 

Außergewöhnliche Zeiten – besondere Maßnahmen

Die Gesetzesänderung sei wichtig, weil sich zeige, dass die Pandemie noch nicht überwunden sei. Außergewöhnliche Situationen benötigten außergewöhnliche Maßnahmen, stellte Silke Schindler (SPD) fest. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen müsse jederzeit gewahrt bleiben, deshalb dürfte –  wenn es nötig sei – der Bürgermeister auch allein entscheiden. Das Briefwahlrecht wie die AfD-Fraktion per se als verfassungswidrig zu bezeichnen, sei für Schindler nicht hinnehmbar.

Kommunen haben gut auf Bedingungen reagiert

Christina Buchheim (DIE LINKE) erklärte, ihre Fraktion vertrete die Auffassung, dass die Kommunalverfassung ausreiche, um auf die veränderten Bedingungen durch Corona zu reagieren. Es sei in den letzten Monaten gelungen, die Ratsarbeit sicherzustellen. Der Gesetzentwurf enthalte zudem die Möglichkeit, dass Videokonferenzen in den Kommunen als Beschlussgremium ermöglicht werden. Allerdings sei dies noch nicht einmal im Landtag gesichert, wie solle es dann in den Kommunen funktionieren, kritisierte die Linken-Abgeordnete. Zur Landtagswahl sagte sie: „Verfassungsrechtlich halten wir den Weg, allein die Landeswahlleiterin zu ermächtigen, für bedenklich." Dennoch vermiutlich alternativlos.

Handlungsfähigkeit der Kommunen sichern

Die Arbeit und Handlungsfähigkeit von Städte- und Gemeinderäten war ernsthaft bedroht, deshalb sei der Gesetzentwurf nötig geworden, resümierte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die jetzt vorliegende Regelung auch für die Landtagswahl sei ein Notausgang. Seiner Ansicht nach sei klar geregelt, unter welchen Bedingungen dieser genutzt werden dürfte. Der Vergleich des vorliegenden Gesetzentwurfs mit der NS-Diktatur sei eine „unglaubliche Entgleisung“, nicht die Grünen seien eine Gefahr für die Demokratie sondern Menschen, die solche Vergleiche zögen.

Absolute Ausnahmesituation

Tobias Krull (CDU) betonte: „Unser klares Ziel war es, schnell Rechtssicherheit für die kommunalen Gremien zu schaffen.“ Ein Beschluss durch eine Videokonferenz sei immer noch demokratischer als die alleinige Entscheidung eines kommunalen Beamten, deshalb wurden die Möglichkeiten der digitalen Entscheidungsprozesse ausgeweitet. Inzwischen gebe es einige Erfahrungen bei Kommunalwahlen während der Pandemie, die alle ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, so Krull. In dem Gesetz gehe es um eine „absolute Ausnahmesituation“, unter der demokratische Wahlen dann ausschließlich als Briefwahl stattfinden könnten.

Ortschaftsräte werden entmachtet

Die Corona-Krise solle genutzt werden, um Ermächtigungen zu schaffen, die kein Bürger für möglich gehalten hätte, so Daniel Roi (AfD). Er kritisierte insbesondere die Tatsache, dass die Landeswahlleiterin im Zweifel allein die Entscheidung treffen solle, ob die Landtagswahl 2021 als reine Briefwahl stattfinden könnte. Eine vollständige Briefwahl sei für seine Fraktion nicht akzeptabel, weil zahlreiche Fälle bewiesen hätten, wie anfällig dieses System sei. Zudem würden die Ortschaftsräte mit den Änderungen systematisch entmachtet. Deshalb beantrage die AfD-Fraktion die Streichung der entsprechenden Paragrafen, so Roi.

Am Ende der Debatte wurde der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen beschlossen. Der Antrag und der Änderungsantrag der AfD-Fraktion wurden abgelehnt, ebenso der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE.