Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit im Landtag verändert. Telefon- und Videokonferenzen ersetzen derzeit weitestgehend die persönlichen Treffen der Abgeordneten in den Ausschüssen. Über einen Zugangscode werden dabei alle Mitglieder des Ausschusses – quasi in einer Leitung – miteinander verbunden. Die Telefonkonferenz wird als Audiodatei aufgezeichnet und der stenografische Dienst des Landtags fertigt anhand der Aufnahme einen schriftlichen Bericht an.
Die Onlineredaktion des Landtags hat stichprobenartig bei Abgeordneten aller fünf im Landtag vertretenen Fraktionen nach ihren Erfahrungen mit der vorübergehend „neuen Arbeitsweise“ gefragt. Vor dem Hintergrund der jetzigen Corona-Situation waren die Meinungen im Wesentlichen positiv. Allerdings würden die Telefonkonferenzen langfristig natürlich keine persönliche Debatte von Angesicht zu Angesicht ersetzen.
Gut strukturiert, hat alles gut geklappt
Lars-Jörn Zimmer (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, hat bereits erste Erfahrungen mit der vorübergehend neuen Arbeitsweise gemacht und ist ziemlich begeistert: „Es hat technisch weitestgehend alles super geklappt, alle Abgeordneten waren dabei und die Sitzung verlief sehr diszipliniert“, berichtet Zimmer.
Vorab hatte er eine Redereihenfolge der Fraktionen festgelegt und nach dieser konnte jede/r Telefonkonferenz-Teilnehmer/-in seine/ihre Fragen stellen, die dann vom Wirtschaftsminister oder seinen Staatssekretären beantwortet wurden, die ebenfalls in der Leitung waren. „Natürlich kann eine Telefonkonferenz kein persönliches Gespräch ersetzen, aber in der jetzigen Situation ist es ein wirklich probates Mittel, um Informationen auszutauschen und Fragen zu stellen.“ Heiklere politische Themen würden natürlich besser von Angesicht zu Angesicht besprochen, so Zimmer abschließend.
Interessante Erfahrung, aber nur Notlösung
Ulrich Siegmund (AfD), Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Integration, zieht ein durchwachsenes Fazit nach der ersten Telefonkonferenz mit seinen Ausschusskollegen. Zum einen hätte es teilweise technische Probleme bei der Einwahl in die Telefonleitung gegeben, zum anderen sei auch die Sitzungsleitung für ihn nicht so einfach gewesen. „Man muss bei Wortmeldungen immer genau auf die Stimme achten, um den Sprecher zuordnen zu können. Außerdem ist es schwieriger, Wortmeldungen aufzunehmen und zu ordnen, da dies im Ausschuss oft per Blickkontakt geschieht“, beschreibt Siegmund. Auch die Abstimmungen dauerten etwas länger als üblich, da jeder Abgeordnete namentlich aufgerufen und sein Votum notiert werden müsse.
Als positiv bewertete der AfD-Abgeordnete, „dass sich jeder Abgeordnete den Reiseweg erspart hat, was durchaus als effizient zu bezeichnen ist“. Zudem waren inhaltliche Debatten durchaus möglich und jede Fraktion hätte ihre Standpunkte äußern können. Ebenfalls positiv sei die Teilnahme des Sozialministeriums gewesen, wodurch aktuelle Fragen zur Corona-Situation direkt beantwortet werden konnten. Abschließend bewertet Siegmund diese erste Telefonkonferenz-Sitzung des Sozialausschusses als „eine interessante Erfahrung und als Notlösung, wenn es gar nicht anders geht“. Allerdings würde er sich freuen, wenn der Ausschuss davon nicht nochmal Gebrauch machen müsste und zukünftig wieder direkt im Landtag tagen könnte.
Für Krise gut, aber Interaktion und Öffentlichkeit fehlen
Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erlebte eine Telefonkonferenz im Ausscchuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und sagte: „Digitales Arbeiten ist für mich auch vor der Krise schon Normalität gewesen. Die Krisensituation bringt viele dieser Instrumente jetzt auch in den Arbeitsalltag parlamentarischer Gremien. Sitzungen per Telefonkonferenz oder im Videochat abzuhalten, kann unsere Arbeit unter Krisenbedingungen möglich halten und im Alltag leichter machen. Das ist gut.“
Gleichzeitig fehle solchen Runden aber die Interaktion, die sonst Ausschusssitzungen präge, so Striegel weiter. Auch die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen, die der Landtag ab 1. April 2020 eigentlich gewährleisten wollte, sei in einer Telefonkonferenz bisher nicht gegeben. „Ich hoffe, dass wir einige der nun erstmals im Parlamentsbetrieb getesteten Möglichkeiten auch in den parlamentarischen Alltag nach der Krise tragen können. Denn die Chancen der Digitalisierung sollten auch Abgeordnete umfassend nutzen.“
Präsenzsitzungen werden vorgezogen
Ebenfalls bei der ersten Telefonkonferenz im Rechtsausschuss dabei war Eva von Angern (DIE LINKE). Sie teilt die grundsätzlich positive Einschätzung ihres Ausschusskollegen Striegel und ergänzte, dass auch die Abstimmungen „prima geklappt“ haben. Dennoch hofft von Angern, „dass wir uns zukünftig vor allem wieder direkt beraten können, aber als Zwischenlösung ist es toll.“
Ihre Fraktionskollegin Henriette Quade (DIE LINKE) nahm an einer Telefonkonferenz des Ausschusses für Inneres und Sport teil und hat weniger gute Erfahrungen gemacht. Es hätte immer wieder Verbindungsstörungen gegeben und am Telefon sei es viel unübersichtlicher als in einer Videokonferenz. Deshalb plädiert Quade dafür: „Wenn Videokonferenzen mit der Möglichkeit der Beschlussfassung nicht möglich sind, dann braucht es Präsenzsitzungen der Ausschüsse mit den notwendigen Schutzmaßnahmen."
Gutes Instrument mit Potenzial
Andreas Steppuhn (SPD), Mitglied im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration, sagte: „Ich empfinde es als sehr positiv diese technischen Möglichkeiten bis hin zu Videokonferenzen zu nutzen.“ So etwas lasse sich schnell organisieren und unkompliziert umsetzen. Für den SPD-Abgeordneten gehörten Telefonkonferenzen mittlerweile zum täglichen Arbeitsleben und er ist sich sicher, „dass die sich daraus ergebenen Möglichkeiten auch nach der Krise stärker genutzt werden als vor der Krise.“ Außerdem spare es in der jetzigen Situation – während der Corona-Pandemie – auch Reisezeit und sei ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz.