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Plenarsitzung

Nachtragshaushalt noch nicht in Planung

14. Okt. 2020

Laut Steuerschätzung vom September 2020 habe Sachsen-Anhalt bis 2024 mit krisen- und pandemiebedingten Ausfällen in Höhe von 3,152 Milliarden Euro zu rechnen, befindet die Fraktion DIE LINKE. Die Landesregierung sollte daher per Antrag aufgefordert werden, zur Abwehr einer außergewöhnlichen Notsituation umgehend einen zweiten Nachtragshaushalt vorzulegen, der die Steuerausfälle der Jahre 2020/2021 sowie krisenbedingte Mehrbedarfe durch eine entsprechende Erhöhung der Nettokreditaufnahme ausgleicht. Für diese Kredite hatte DIE LINKE in ihrem Antrag einen Tilgungszeitraum von 30 Jahren vorgeschlagen. Viel Gegenliebe erhielt sie für diese Vorschläge allerdings nicht.

„Krise kann man nicht wegsparen“

Die Kenia-Koalition werde das Land als einen politischen und finanziellen Scherbenhaufen hinterlassen, mutmaßte Swen Knöchel (DIE LINKE). Die Landesregierung sei jahrelang von steigenden Steuereinnahmen, sinkenden Investitionen sowie gleichbleibenden Zuweisungen für die Landkreise und Kommunen ausgegangen. Dann sei die Pandemie mit all ihren Folgen gekommen. Zur unmittelbaren Bewältigung der Krise sei ein Nachtragshaushalt beschlossen worden, der jedoch – da mittelfristig angelegt – keine Perspektiven für die Zukunft vorweise. Das Defizit wachse mit jedem Jahr, so Knöchel. In den kommenden vier Jahren würden fünf Milliarden Euro im Haushalt fehlen – und das allein für die geplanten Ausgaben.

Es bedürfe dringend eines weiteren Nachtragshaushalt, denn, so Knöchel: „Eine Krise kann man nicht wegsparen, in einer Krise ist Handeln gefragt.“ Man dürfe nicht weiter darauf bauen, dass die Landesregierung unfähig bleibe, notwendige Investitionen zu tätigen – so würde zwar gespart, allerdings käme man so auch nicht voran. Knöchel warb für eine neue Kreditaufnahme mit 30-jähriger Abzahlungsfrist. Ein Mittel, die Lasten der Umverteilung zu schultern, könne auch eine Vermögensabgabe sein. Der Bund-Länder-Finanzausgleich müsse nochmal auf den Tisch, denn dieser sei nicht zufriedenstellend zwischen Berlin und den Ländern ausgehandelt worden.

2022 wieder über dem Vor-Krisen-Niveau

Die Inanspruchnahme von Notfallkrediten sei nur gerechtfertigt, wenn die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigt sowie ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zur Krise vorhanden sei, erinnerte Thomas Webel (CDU), Minister für Landesentwicklung und Verkehr (in Vertretung des Finanzministers). Bereits 2022 werde in Sachsen-Anhalt das wirtschaftliche Vor-Krisen-Niveau wieder überschritten; deswegen sei ein weiterer Notfallkredit nicht angemessen. „Es war und bleibt richtig, dass wir 2020 einen Notfallkredit aufgenommen haben und auch weiter verausgaben“, erklärte Webel. Dieser sei von angemessener Höhe gewesen und reiche vorerst aus. Sollte wider Erwarten ein weiterer Notfallkredit notwendig werden und dieser sowohl zeitunabhängig ausgereicht bzw. zurückgezahlt werden können, könne dieser noch immer im kommenden Jahr beschlossen werden.

Sachsen-Anhalt-Milliarde für Investitionen

„Für 2021 werden wir einen Nachtragshaushalt brauchen, und wir nennen ihn Sachsen-Anhalt-Milliarde“, erklärte Rüdiger Erben (SPD). Seine Fraktion habe entsprechende Vorschläge zur Finanzplanung für die Krankenhauslandschaft, die Kommunen, die landeseigene Infrastruktur, die Schulen und die Tourismuswirtschaft des Landes ab dem kommenden Jahr erarbeitet.

„Das Land ist chronisch unterfinanziert“

Es gehe nicht nur um einen Nachtragshaushalt, sondern um eine profunde finanzpolitische Frage: Man könne nicht eine Mark in der Hand haben und zwei ausgeben, sagte Robert Farle (AfD), wie es die Linken gern täten. Die mittelfristige Finanzplanung im Land weise in den Jahren nach 2021 deutliche Deckungslücken auf. Das Land und die Kommunen seien chronisch unterfinanziert, etwa 1,5 Milliarden Euro fehlten jährlich, so Farle, diese müssten durch einen neuen Bund-Länder-Finanzausgleich ausgeglichen werden. Freilich seien auch die Mittel für die Asylpolitik zu hoch, so der AfD-Abgeordnete.

Bisher noch keine weiteren Mehrausgaben

Nach dem Vorwurf, dass die Landesregierung stets zu geringe Investitionen tätige, ihr nun das „Erbe eines Fehlbetrags vorzuwerfen“, sei absurd, erklärte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Ein neuer Nachtragshaushalt mit neuen Krediten sei erst notwendig, wenn neue Mehrausgaben geleistet werden müssten und wenn das Volumen des bereits ausgelösten Nachtragshaushalts für diese nicht mehr ausreichten. Neue Kredite innerhalb von 30 Jahren zu tilgen – wie jetzt von den Linken vorgeschlagen –, sei völlig aussichtslos, nachdem das Land noch nicht einmal die Kredite von Anfang der 1990er Jahre abgezahlt habe, so Meister.

Kredite lösen strukturelles Problem nicht

Die Linke will sich vollsaugen wie ein Vampir, und die SPD möchte ein kleiner Vampir sein, mutmaßte Daniel Szarata (CDU). Doch Kredite von heute seien die Schulden von morgen – damit blieben die kommenden Generationen blutleer. Man dürfe sich nicht die erstbeste Gelegenheit für ein Rundum-sorglos-Paket gönnen. Alle Probleme mit Geld zu erschlagen, sei nicht progressiv. Die Koalition habe in den letzten Monaten erkannt, dass man so nicht vorankomme: „Ein strukturelles Prinzip löst man nicht mit neuen Krediten.“

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.