Der Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt könne und dürfe nicht durch die Forderung nach einem Baustopp für Autobahnen und Bundesstraßen abgehangen werden, befindet die CDU-Fraktion. In einer von ihr beantragten Aktuelle Debatte wurde die Frage diskutiert, wie die Mobilität und die Infrastruktur in Sachsen-Anhalt verbessert werden kann, um schnell und umweltschonend durch das Land zu kommen.
„Nicht jeder kann ÖPNV nutzen“
Diejenigen, die heute einen Baustopp für Autobahnen forderten, hätten vom Leben auf dem Land keine Ahnung, meinte Frank Scheurell (CDU). Zwei wichtige Meilensteine würden für das Schließen der Autobahnlücken in Sachsen-Anhalt in dieser Woche gesetzt. Die CDU wolle mit der Aktuellen Debatte insbesondere der Grünen-Fraktion im Landtag die Möglichkeit geben, zu den Absichten der Bundes-Grünen (Moratorium) Stellung zu beziehen.
Das Land sei ab den 1. Januar 2021 bei den Autobahnen nur noch Zuschauer. Denn die Autobahn GmbH des Bundes übernimmt ab dem 1. Januar 2021 Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Autobahnen in Deutschland. Deswegen müssten jetzt klare Bekenntnisse getätigt werden. Scheurell meinte, es bedürfe auch der Lastkraftwagen auf den Straßen, um die deutsche Wirtschaft am Laufen zu halten. Nicht jeder sei in der Lage, den ÖPNV zu nutzen und sei auf den Individualverkehr angewiesen. Die A 14 weiterzubauen, sei wichtig für Sachsen-Anhalt, auch hier könnten dann die Fahrzeuge mit alternativem Antrieb fahren.
„Nicht nochmal am Projekt rütteln“
Die Pläne der Bundes-Grünen hätten die „Endkonsequenz, den Autobahnbau in Deutschland zu beenden. Das beunruhigt die Menschen in Sachsen-Anhalt“, erklärte Verkehrsminister Thomas Webel (CDU). Es sei verwunderlich, dass wichtige und gesetzlich geregelte Verkehrsinfrastrukturvorhaben in der gesamten Bundesrepublik in Frage gestellt würden. Webel verwies auf den Ausbau der A 14 im Land Sachsen-Anhalt, die mitunter als grünste Autobahn Deutschlands bezeichnet werde, weil hier Verkehr und Umwelt im Einklang miteinander geplant und berücksichtigt worden seien.
Die A 143 (Westumfahrung Halle) und die A 14 (Nordverlängerung) seien die wichtigsten Bauvorhaben im Autobahnnetz in Sachsen-Anhalt. „Wir sind auf einem sehr guten Weg, und wir lassen nicht zu, dass an diesen Projekten noch einmal gerüttelt wird“, betonte Webel. Ein Stoppen des Straßenbaus hätte negative wirtschaftliche Auswirkungen auf das Land – „das kann niemand ernstlich wollen“.
„Sammelsurium an Unsinn“
Dass die Bundes-Grünen forderten, den Bundesverkehrswegeplan in die Tonne zu stopfen, sei ein „Sammelsurium an Unsinn“, erklärte Matthias Büttner (AfD). In einer sehr ländlich geprägten Region wie die Altmark steigere der Straßenneubau die Attraktivität des Landlebens. Demographisch und wirtschaftlich könne sich ein gutausgebautes Straßennetz positiv im ländlichen Bereich auswirken, die Straßen seien Lebensadern. Büttner forderte von den Grünen „praktikable Vorschläge“. Es würden schon genügend (gute) Kompensationsmaßnahmen im Straßenbau gefordert, um den Eingriff in die Umwelt auszugleichen.
Baustopp kontra Verkehrswende
Der Weiterbau der A 14 erschließe den größten Raum in Deutschland ohne Autobahn, die Altmark, rekapitulierte Dr. Falko Grube (SPD). Damit würden die Bundes- und Landesstraßen vor Ort entlastet. Die grüne Bundesspitze fordere nun ein Moratorium, um den Bau von Autobahnen auf die Einhaltung der Klimaziele zu überprüfen. Streitobjekt sei vor allem der Bauabschluss der A 49. Hierfür soll der Dannenröder Forst abgeholzt werden, eine Ersatzaufforstung an anderer ist allerdings vorgesehen. Die Grünen und verschiedene Aktivisten setzen sich für den Erhalt des Forsts ein.
Baumaßnahmen dauerten sowieso schon unendlich lang, komme es zu weiteren Klagen und Unterbrechungen würden kaum mehr Infrastrukturmaßnahmen realisiert, mutmaßte Grube. Letztendlich führte dies dann auch zu Problemen bei der Realisierung der Verkehrswende. Auch die an Anzahl reduzierten Pkws und Lkws müssten schließlich irgendwo langfahren können. Der Güterverkehr werde sich nicht von jetzt auf gleich auf die Schiene verlagern lassen.
„Brummis zurück auf die Schiene“
Auch die Linken forderten auf Bundesebene, alle Autobahnprojekte mit Blick auf die verbindlichen Klimaziele neu zu bewerten, räumte Doreen Hildebrandt (DIE LINKE) ein. Sie wundere sich über die Auseinandersetzung über die A 49, die ja gar nicht in Sachsen-Anhalt liege. Die Debatte zeige vielmehr, dass weder im Bund noch im Land mit der CDU eine grüne Verkehrswende zu machen sei. Der CDU gehe es beim Ausbau der Autobahnen nicht um die Arbeitsplätze und Lebensbedingungen der Menschen im ländlichen Raum, sondern um Großinvestoren, die sich am Ausbau der Autobahnen eine goldene Nase verdienen wollten.
Die CDU wolle nur Wege schaffen, um „schnell durch Sachsen-Anhalt“ zu gelangen, statt die „Bewegung in Sachsen-Anhalt von A nach B“ zu verbessern. Deutschland habe schon eines der dichtesten Fernstraßennetze in Europa. Hildebrandt forderte den Ausbau des ÖPNV und des Schienenverkehrs. „Brummis müssen zurück auf die Schiene“, so Hildebrandt, weniger motorisierter Individualverkehr klappe nur, wenn man vom Dorf schneller mit Bus und Bahn irgendwo hingelange statt mit dem eigenen Pkw.
Mobilität als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge
Die CDU hänge an einem Mobilitätsverständnis von Konrad Adenauer von vor 90 Jahren, resümierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Dies sei klimapolitisch total verantwortungslos. Auf Bundesebene lägen bis zum Jahr 2030 80 Neubau- und 200 Ausbauprojekte allein bei Autobahnen vor. Da liege es doch nahe, diese Projekte hinsichtlich der Klimakrise einer Generalrevision zu unterziehen. Lüddemann forderte, verkehrstechnisch endlich umzusteuern und mit der Stärkung der Bahn ernst zu machen. Es sei ein Armutszeugnis, dass man im ländlichen Raum ein Auto oder mehrere haben müsse, um mobil sein zu können.
Die Grünen setzten sich für eine komplette Mobilitätswende ein, so Lüddemann. Man wolle „Mobilität garantieren“, durch eine Kombination von Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV und Bahn. So verhindere man, dass insbesondere die Städte zu großen Parkplätzen würden. Mobilität sei als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu organisieren. Man müsse die Angebote des ÖPNVs und deren Verknüpfung verbessern, um die Nachfrage zu steigern. Eine Lkw-Maut für Landes- und kommunale Straßen könnte zur Finanzierung der Vorhaben erhoben werden.
Beschlüsse zur Sache wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.