Der Ausschuss für Inneres und Sport hat sich in einer öffentlichen Anhörung mit einem Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften beschäftigt. Dabei geht es um Änderungen bei den Abwasserbeiträgen und bei der Kurtaxe. Die Koalitionsfraktionen hatten den Gesetzentwurf im Oktober 2018 in den Landtag eingebracht.
Die Meinungen der Anzuhörenden im Einzelnen
Jürgen Leindecker, Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt e.V. (SGSA), hielt es für durchaus sinnvoll, die Beitragspflicht zu lockern, um den Zweckverbänden den notwendigen Handlungsspielraum zu ermöglichen. Nur so sei eine aufwands- und gebührengerechte Kalkulation möglich. Er schlug vor, einige Formulierungen noch etwas zu schärfen, um möglichen Klagen vorzubeugen.
Gleichzeitig begrüßte er, dass der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) an den Straßenausbaubeiträgen festhält, weil diese unverzichtbar für die Gemeinden wären. Auch die Vorschläge zur Erhebung eines Gästebeitrags im touristischen Bereich unterstützte der SGSA. Sabine Fiebig vom Landkreistag schloss sich grundsätzlich dieser Meinung an. Beim Thema Straßenoberflächenentwässerung äußerte sie jedoch Bedenken und erbat etwas mehr Bedenkzeit, um mögliche Änderungen durchzuführen.
Wahlmöglichkeit wird begrüßt
Rechtsanwalt Turgut Pencereci (Experte für kommunalrechtliche Vorschriften) begrüßte, dass es zukünftig keine Beitragserhebungspflicht mehr geben soll, sondern eine Möglichkeit. Die Auftraggeber sollten den Beitragsanspruch möglichst weit ausdehnen, um die Gebühren möglichst sozialverträglich zu gestalten. Allein in der Abwasserentsorgung müssten zukünftig gigantische Summen investiert werden, dazu benötige man entsprechende Einnahmen. Pencereci riet davon ab, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen.
Hohe Investitionskosten stehen an
Die Ausübung eines Wahlrechts (Kann-Bestimmung bei Abwasserbeiträgen) sollte stets gut überlegt und Für und Wider abgewogen werden, sagte Frank Hellmann vom Wasserverbandstag e.V., mit Blick auf zukünftige Investitionskosten. Rücklagen seien in den einzelnen Verbänden faktisch nicht vorhanden, Fördermittel nicht vorgesehen und die Einwohnerzahlen würden stetig sinken. Mancherorts könnte das „Wahlrecht“ daher dazu führen, dass die Beiträge zwar abgeschafft werden, gleichzeitig aber die Gebühren anstiegen.
Die einzelnen Verbände würden die vorgeschlagenen Änderungen unterschiedlich bewerten, so dass es zukünftig wahrscheinlich verschiedene Bürgerbeteiligungsmodelle geben wird. Die Befürworter der geplanten Gesetzesänderung seien aber mittlerweile in der Mehrheit.
Tagestouristen bisher nicht an Kosten beteiligt
In den vergangenen Jahren sei ungemein viel in den Tourismus investiert worden, erläuterte Torsten Zugehör, Oberbürgermeister der Lutherstadt Wittenberg. Allerdings gebe es für Kommunen momentan noch keine Möglichkeiten der Refinanzierung, zum Beispiel für Instandsetzungen. Der Fokus in Wittenberg und vielen anderen Städten im Land liege bei Tagestouristen, diese könnten bisher jedoch nicht über die Kurtaxe an den Kosten beteiligt werden.
Die Städte wollten den Gästebeitrag nicht als Mittel der Haushaltskonsolidierung verstanden wissen, sondern die Einnahmen sollten direkt in die touristischen Maßnahmen zurückfließen. Vor diesem Hintergrund begrüßte er den Gesetzentwurf ausdrücklich, ebenso wie Michael Schmidt, Präsident des DEHOGA Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. Seiner Ansicht nach könnte dadurch langfristig die touristische Attraktivität des Landes weiter steigen.
Kommunen brauchen eine echte Alternative zur „Bettensteuer“, betonte Michael Pirl, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Halle Dessau. Die Änderung des KAG werde dringend gebraucht, wenn sie nicht komme, werde in Wittenberg die Bettensteuer eingeführt. Pirl sprach sich dafür aus, dass die Tourismusbeiträge nicht ohne Nachweis einer Finanzierungslücke erhoben werden dürften und die lokale Wirtschaft im Vorfeld einbezogen wird. Außerdem dürften Gäste- und Tourismusbeiträge nicht an die Vergabe von Fördermitteln gebunden werden.
André Rummel, Industrie- und Handelskammer Magdeburg, erklärte, dass Unternehmen aus seinem Einzugsgebiet den möglichen neuen Gästebeitrag sehr kritisch sahen, da dies ein sehr uneinheitliches Bild für Sachsen-Anhalts Gäste nach sich ziehen würde. Im Gesetz sollte explizit festgehalten werden, dass es keine Pflicht zur Erhebung eines Beitrags gebe.
Tourismusverband möchte Begriff „Kurtaxe“ behalten
„Wir würden gerne an einer Kurtaxe festhalten“, erläuterte Bärbel Schulz vom Tourismusverband Sachsen-Anhalt e.V. Die Heilbäder und Kurorte leisteten einen großen Beitrag für den Gesundheitstourismus – einem Bereich der tendenziell auch in Sachsen-Anhalt wachse. Der Begriff „Kurtaxe“ sollte nicht aus dem KAG entfernt werden, weil er Ausdruck für die hohe Qualität der Leistungen vor Ort sei und für die Gäste auch als sichtbarer Beleg dafür diente. Zudem befürchtet der Tourismusverband, dass die Motivation bei den Gemeinden verloren ginge, sich einer Kurort-Zertifizierung zu unterziehen. Daher schlägt er ein Nebeneinander der Begriffe vor.
Petra Jonschkowski von der Stadtverwaltung Havelberg schloss sich ihrer Vorrednerin an und ergänzte, dass auf diese Weise auch ein möglicher Verwaltungsaufwand vermieden werden könnte und die Gemeinden mit beiden Begriffen flexibler wären, denn im Zweifel müssten Satzungen erneuert werden. Jonschkowski fragte sich auch, wer den Aufenthalt von Touristen kontrollieren solle und bat darum, den Themenkomplex „Außenprüfung“ in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Die Stadt Havelberg habe erst im vergangenen Jahr die Kurtaxe eingeführt (1 Euro pro Person/pro Übernachtung). Damit konnten etwa 32.000 Euro eingenommen werden, die für die Tourist-Information genutzt werden.
André Rummel, IHK Magdeburg, erklärte, dass Unternehmen aus seinem Einzugsgebiet den möglichen neuen Gästebeitrag sehr kritisch sahen, da dies ein sehr uneinheitliches Bild für Sachsen-Anhalts Gäste nach sich ziehen würde. Im Gesetz sollte explizit festgehalten werden, dass es keine Pflicht zur Erhebung eines Beitrags gebe.