„Wir wollen keine Dieselfahrverbote, sondern einen attraktiveren ÖPNV, E-Mobilität und Radverkehr“, betonte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) im Rahmen einer Aktuellen Debatte zum ticket- und damit kostenfreien Personennahverkehr. Ihre Fraktion unterstützt die geplanten bundesweiten Modellversuche, kritisiert jedoch, dass nur westdeutsche Kommunen einbezogen werden sollen. Der ÖPNV müsste grundsätzlich deutlich attraktiver werden, damit noch mehr Menschen freiwillig auf das Auto verzichteten. Lüddemann nannte beispielsweise eine engere und verlässlichere Taktung Tag und Nacht, komfortablere Zubringer und auch preislich müsste sich etwas tun, denn für viele Menschen sei der ÖPNV einfach zu teuer.
Investition in bessere Qualität des ÖPNV
Verkehrsminister Thomas Webel erklärte, Rückfragen bei den Nahverkehrsgesellschaften hätten ergeben, dass diese weiter an ihrer Attraktivität arbeiten, aber keinen kostenfreien ÖPNV wollen. Daher unterstütze er den Alternativantrag von CDU, SPD und Grünen, wonach die Landesregierung beim Bund ausloten solle, wie noch mehr Geld für eine verbesserte ÖPNV-Infrastruktur bereitgestellt werden könnte. Denn Umfragen zufolge, sei am Ende nicht der Ticketpreis entscheidend, sondern die Attraktivität des Angebots.
Seine Fraktion befürworte das Modellprojekt „kostenfreier ÖPNV“, sagte Guido Henke (DIE LINKE). Gleichzeitig müsste sich das ÖPNV-Angebot verbessern. „Das Autoland Deutschland verdient einen besseren ÖPNV als wir ihn jetzt haben“, so Henke. Daher forderte die DIE LINKE in ihrem Antrag von der Landesregierung einen konkreten Maßnahmenplan, wie sie die Mobilität im Land – auch ohne Auto – gewährleisten wollen. Außerdem sprachen sie sich dafür aus, die Oberzentren Sachsen-Anhalts in eine mögliche Erprobungsphase einzubeziehen.
Kostenfreier ÖPNV nicht bezahlbar
Im Antrag der Linken finde man leider keine Lösungen, wie die fehlenden Einnahmen kompensiert werden sollten, kritisierte Matthias Büttner (AfD). Selbst jetzt würde in vielen Gemeinden der ÖPNV nicht kostendeckend arbeiten. Sollten wirklich alle bezahlen, selbst wenn sie keine Busse und Bahnen nutzen würden? Büttner ist überzeugt, dass ein kostenfreier ÖPNV schlicht zu unwirtschaftlich sei und daher bislang „reine Utopie“.
Dr. Falko Grube (SPD) sagte, der Verkehrsausschuss des Landtags plane Ende Mai eine Reise nach Tallin. Dort werde man sich den kostenlosen ÖPNV anschauen und vor allem, wie das Modell finanziert werde. Seinen Berechnungen zufolge müssten in Sachsen-Anhalt im Landeshaushalt etwa 130 Millionen Euro bereitgestellt werden, um die anfallenden Kosten zu kompensieren, so Grube. Die SPD-Fraktion hält das ticketfreie ÖPNV-Modell daher nicht für finanzierbar.
Alternativantrag findet Mehrheit
Die Mehrheit der Sachsen-Anhalter habe nicht einmal einen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, dies sollte zunächst einmal in Angriff genommen werden, bevor man über eine „wunderschöne Vision“ nachdenke, konstatierte Frank Scheurell (CDU). Der Alternativantrag der Koalition wolle folgerichtig beim Ausbau und der Qualitätsverbesserung des ÖPNV ansetzen.
Am Ende der Debatte wurde dem Alternativantrag von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zugestimmt.