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Plenarsitzung

Konsequenzen nach dem Diesel-Skandal

Anhand des aktuellen Diesel-Skandals und der vermeintlichen Ohnmacht von Bund und Ländern gegenüber kollektiven Rechtsverstößen durch die Automobilindustrie sowie massiver Verflechtungen von Konzernleitungen und Politik werde die Gefährdung der Demokratie offenbar, meint die Fraktion DIE LINKE. Sie hatte daher eine Aktuelle Debatte mit dem Titel „Politik-Einfluss der Automobilindustrie gefährdet demokratische Grundlagen“ beantragt.

„Gekaufte Politik“ durch Parteispenden beenden

Sowohl beim Diesel-Skandal als auch beim Diesel-Gipfel habe die Politik versagt, konstatierte Andreas Höppner (DIE LINKE), denn die Wirtschaft habe ihre Machtposition herausstellen können. CDU und SPD, aber auch FDP und Grüne hätten der Automobilbranche anbiedernd den Rücken gestärkt – eine besondere Art der Rückerstattung von Spenden an diese Parteien?, mutmaßte Höppner. Die Automobilhersteller und deren Lobby hätten sich beim Gipfel durchgesetzt; sie könnten ihre „verrußten Geschäfte“ weitertätigen.

Der Linken-Abgeordnete kritisierte die Verquickung von Politik und Automobilindustrie – beispielsweise wenn Staatssekretäre zur „Fortbildung“ in Pkw-Unternehmen abgestellt oder wenn Reden und Berichte von Politikern den Unternehmen zum Gegenlesen überbracht würden. Die Form der „gekauften Politik“ durch Spenden- und Sponsorengelder von Unternehmen müsse beendet werden.

Meinung Dritter Teil der Demokratie

Aus Sicht von Wirtschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD) vermische die von der Fraktion DIE LINKE beantragte Aktuelle Debatte zwei Themenbereiche – die bewusste Softwaremanipulation mit der Grundsatzfrage zum Einfluss des Lobbyismus auf die Politik.

Natürlich würden politische Entscheidungen auch von außen (Lobbyisten, Gewerkschaften etc.) beeinflusst, räumte der Minister ein. Doch führt dieser Einfluss zur Beeinträchtigung der Demokratie? Zur staatlichen Willensbildung gehöre doch aber auch die Beteiligung von außen und die Abwägung von Meinungen Dritter.

Der demokratische Prozess würde erst gestört, wenn es einer Seite gelänge, allein ihre Interessen durchzusetzen, erklärte Willingmann. Die Beteiligung von Industrie und Handwerk bei der Entscheidungsfindung sei ein Baustein der Demokratie – sie müsse nur entsprechend eingeordnet werden. Diesen Weg gehe die Landesregierung auch weiterhin.

Viele Wirtschaftszweige hängen an Automobilindustrie

Deutschlands Automobilindustrie sei kein Netzwerk aus Versagen, Betrug und Seilschaften, so wie es derzeit in den Medien und auch von der Fraktion DIE LINKE dargestellt werde, betonte Ulrich Thomas (CDU). Er sprach von einem „beispiellosen Angriff auf die Automobilindustrie und deren Arbeitsplätze“. Die Diesel-Manipulationen müssten selbstverständlich aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Thomas.

„Weil einige wenige Spitzenmanager betrogen haben, darf nicht ein ganzer Industriezweig in Misskredit gebracht werden.“ Wenn die Automobilindustrie in Stottern gerate, würden früher oder später auch andere Wirtschaftszweige davon betroffen, mutmaßte Thomas. Ihr Anteil an der heimischen Wertschöpfung sei unvergleichlich hoch: Rund 7,7 Prozent der deutschen Wirtschaft füllten direkt oder indirekt die Automobilindustrie aus. Über 800 000 Menschen arbeiteten für die Unternehmen; in Sachsen-Anhalt seien es über 20 000 Arbeiternehmer/innen. „Es ist skandalös, dass die Linken meinen, dass die Demokratie gefährdet sei, weil sich die Politik für die zahlreichen Arbeitsplätze in der Automobilindustrie einsetzt“, kritisierte Thomas.

Generalangriff auf Automobilindustrie

Robert Farle (AfD) lobte die Ausführungen des CDU-Abgeordneten Ulrich Thomas, die Argumente sprächen der AfD aus dem Herzen. Die Linken indes wendeten sich mit ihrer Aktuellen Debatte gegen die Interessen der Arbeiter/innen und ihrer Familien. Es handele sich um einen Generalangriff auf eine Industrie, die Hunderttausenden Menschen im Land Lohn und Brot verschaffe. Da noch keine schlüssigen Nachfolgekonzepte zum Verbrennungsmotor vorlägen, dürfe man noch nicht über deren Abschaffung reden, sagte Farle.

Gesundheit nicht gegen Wirtschaft ausspielen

Politische Entscheidungen sind immer anfällig für äußere Einflüsse, räumte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Dabei dürften sich jedoch keine Meinungen gegen das Allgemeinwohl durchsetzen. Der zu billigende Einsatz der Politik für die Sicherung des Wirtschaftszweigs wurde in Sachen Diesel überschritten, kritisierte Meister. Eine grundsätzliche Gefährdung der Demokratie könne er allerdings nicht erkennen.

In den zurückliegenden Jahrzehnten habe sich ein falsches Loyalitätsverständnis gegenüber der Automobilindustrie entwickelt. Es sei allerdings nicht hinzunehmen, dass die Gesundheit der Bevölkerung gegen wirtschaftliche Interessen ausgespielt würde, betonte Meister. In den nächsten 25 Jahren würde sich der Mobilindustriezweig deutlich verändern, immer mehr Länder kündigten die Abschaffung oder Eindämmung von Verbrennungsmotoren an. Deutschland dürfe hier den Anschluss nicht verlieren, so der Grünen-Abgeordnete.

Kontrollfunktion stärken

Das Management von Volkswagen und anderswo habe die skrupellose Manipulation von Abgaswerten in Kauf genommen und gebilligt und so Gesundheitsschäden der Bevölkerung und wirtschaftliche Schäden der Pkw-Besitzer forciert, rekapitulierte Holger Hövelmann (SPD).

Der SPD-Politiker forderte die Stärkung der Kontrollfunktion der Politik über die Wirtschaft im gesamtgesellschaftlichen Interesse – in diesem Sinne spreche er sich für eine enge Verbindung zwischen Politik und Wirtschaft aus. Nicht zuletzt aufgrund der Zehntausenden Arbeitnehmer/innen in Sachsen-Anhalt liege es nahe, dass sich die Politik für die Automobilindustrie einsetze. Es liege aber auch im elementaren Interesse des Volkswagen-Konzerns, sein Renommee durch Aufklärung und Entschädigung wiederherzustellen.

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.