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Plenarsitzung

Fachgespräch in der Enquete-Kommission

18. Aug. 2017

Mitte Dezember 2016 hatte der Landtag die Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie“ eingesetzt. Ziel der Kommission ist es, Handlungsempfehlungen für den Landtag zu erarbeiten, die die Grundlage für eine Stärkung der direkten Demokratie in Sachsen-Anhalt auf Landes- und Kommunalebene bieten sollen.

Im März 2017 hatte sie ihre Arbeit aufgenommen. Konkrete Themen sollen dabei unter anderem die Fortschreibung des Volksabstimmungs- sowie des Kommunalverfassungsgesetzes sein. Bürgerinnen und Bürger, Vertreter/innen der kommunalen Spitzenverbände sowie weitere externe Sachverständige werden in die Entscheidungsfindung einbezogen.

Vor diesem Hintergrund hatte die Kommission am Freitag, 18. August 2017, zu einem öffentlichen Fachgespräch eingeladen. Behandelt wurde folgende Frage: „Sollte eine Veränderung bei dem Zustimmungsquorum zu Bürgerentscheiden vorgenommen werden?“ Zum Fachgespräch kamen insgesamt vier Experten.

Zu den Redebeiträgen der Experten

Zwei Bürgerentscheide in Wolfen gegen die Zusammenlegung mit Bitterfeld seien ins Leere gelaufen, weil sie entweder nicht bindend gewesen oder zu wenige Wahlberechtigte sich an der Entscheidung beteiligt hätten, erinnerte André Krillwitz, Ortsbürgermeister von Wolfen. Die Latte sei mit 25 Prozent der Wahlberechtigten für eine Zustimmung zu einem Bürgerentscheid sehr hoch gelegt. Gewisse Hürden sollte es geben, aber es bestehe dennoch Handlungsbedarf, so Krillwitz.

Prof. Dr. Andreas Kost vom Institut für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen lobte die Möglichkeit der unmittelbaren Demokratie, eine beteiligungsfreundliche Verfassungsstruktur sei zu begrüßen. Der Ausnahmecharakter einer solchen direkten Beteiligung wie ein Bürgerentscheid belegten die erfassten Verfahren seit 1956. Das Zustimmungsquorum sei zwar relevant, aber der Themenkatalog und der Kostendeckungsvorschlag spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Die letzteren beiden könnten so ausgebaut beziehungsweise berechnet werden, dass die Möglichkeit eines Volksentscheids erleichtert würde. Kost regte eine Absenkung des Zustimmungsquorums auf 20 Prozent oder eine prozentuale Staffelung zwischen 10 bis 20 Prozent an.

Der Projektmanager des „Programms Zukunft der Demokratie“ bei der Bertelsmann-Stiftung, Dr. Andreas Paust, sagte, dass ein hohes Zustimmungsquorum durchaus zu Verdruss führen könne, weil ein durchgeführter Volksentscheid trotz positiven Ausgangs daran scheitern könne, dass sich nicht genügend Wahlbeteiligte an der Abstimmung beteiligt hatten. Paust sprach sich für eine Herabsenkung des Zustimmungsquorums aus. Dieses sei gar nicht erst notwendig, wenn man ausreichend Menschen dazu bewegen könne, sich an der Abstimmung zu beteiligen. Die Zusammenlegung mit einer Wahl könnte unterdes zur Sicherung des Quorums beitragen, ebenso der Versand der Abstimmungsunterlagen und Informationen in Einfacher/Leichter Sprache.

Die Herabsenkung der Zustimmungsquoren sei zu begrüßen, erklärte Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandsvorsitzender von „Mehr Demokratie e. V.“. Die Eingangshürde, also nötige Unterschriften für den Start einer solchen Kampagne, leuchte den Menschen im Sinne einer Legitimierung durch einen breiten Bevölkerungsanteil ein. Das nötige, aber offenbar viel zu hohe Zustimmungsquorum allerdings tue dies nicht, so Beck. Es sei kaum vermittelbar, dass auch eine eindeutige Entscheidung unwirksam sei, nur weil bei der Abstimmung ein Wahlberechtigtenquorum nicht erfüllt sei, also nicht genug Wahlberechtigte hätten aktiviert werden können. Die Qualität der Entscheidung bei der direkten Demokratie hänge unmittelbar am „Design“: Man müsse informierte Entscheidungen sicherstellen (Informationsmaterial) und die Kopplung der Abstimmung an Wahlen anstreben, so Beck.

Bestimmte Quorumsvorgaben trügen zunächst zum Schutz der Mehrheit der Bürger vor Entscheidungen von kleineren Interessengruppen bei, betonte Jürgen Leindecker, Landesgeschäftsführer des Landkreistags. Das Gemeinwohlinteresse dürfe man nicht aus dem Blick verlieren. Es sei nicht zwingend erforderlich, die Quoren zu senken, denn es gebe doch viele Möglichkeiten für eine sehr tiefgehende Mitarbeit durch die Bürgerinnen und Bürger – beispielsweise mehrstufige Anhörungen/Bürgerbefragungen bei kommunalen Entscheidungen.

Im Anschluss an die Einbringungen der Experten hatten die Mitglieder der Enquete-Kommission die Chance, sich mit ihren Fragen an diese zu wenden und eigene Impulse in die Diskussion einzubringen.

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