Zwangsarbeit politischer Häftlinge in der DDR war ein zentral gesteuertes System wirtschaftlicher Ausbeutung, geringfügiger Arbeitsentlohnung bei schwerster Bestrafung für Arbeitsverweigerung, hoher Unfallquote und schlechter Ernährung. Bis heute leiden ehemalige politische Häftlinge an den Folgen teilweise menschenrechtsverletzender Behandlung im Strafvollzug der DDR. Darüber ist bisher nur wenig bekannt. Die Ausstellung „Hammer. Zirkel. Stacheldraht. – Zwangsarbeit politischer Häftlinge in der DDR“ widmet sich nun diesem Thema ausführlich. Sie wurde am Mittwoch, 11. November, um 13 Uhr im Landtag eröffnet.
Die Ausstellung entstand als Kooperation der Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen mit der Landeszentrale für politische Bildung, der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft e. V. (UOKG) sowie dem Bürgerkomitee Magdeburg e. V. Durch ihren Fokus auf Sachsen-Anhalt leistet sie einen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Zwangsarbeit politischer Häftlinge in unserem Land. Zugleich soll die Schau eine Diskussion über den Umfang, die Schwere, die Folgen und die nötigen Antworten von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik eröffnen.
Zwischen 1945 und 1989 gab es auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt etwa 55 Haftstätten. In diesen Gefängnissen oder aus ihnen heraus mussten politische Gefangene in circa 180 Betrieben Zwangsarbeit verrichten: beim Thermometerbau in Aschersleben, im Walzwerk Burg, den chemischen Kombinaten Buna und Bitterfeld, im Magdeburger MAW, in der Braunkohle in Bitterfeld oder im Kupferbergbau beim Mansfeldkombinat.
Stimmen zur Ausstellungseröffnung
„Es handelt sich hier um ein Thema, das lange Zeit nicht bekannt war“, erklärte Landtagspräsident Detlef Gürth bei der Eröffnung der Ausstellung. Der Staat habe gegen seine eigenen Konventionen verstoßen und täglich tausendfach durch Zwangsarbeit Geld verdient, in dem billige Produkte ins Ausland verkauft worden seien. Die Ausstellung leiste nun einen kleinen Beitrag zur Aufarbeitung, sie fokussiere dabei die Opfer, die ohne Wiedergutmachung noch heute an den Folgen der Zwangsarbeit litten, so Gürth.
Da Zwangsarbeit ein typisches Instrument von Diktaturen sei, habe es sie folglich auch unter den kommunistischen Regimen gegeben, sagte Birgit Neumann-Becker, Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Sachsen-Anhalt. Strafvollzug und Wirtschaft hätten eng zusammengearbeitet, wobei Jugendliche ab 14 Jahren zur Zwangsarbeit herangezogen worden seien. Mit der Ausstellung wird noch einmal der unbedingte Wille untermalt, die Zwangsarbeit in der DDR aufzuarbeiten und dabei nicht nur an die Opfer zu denken, sondern auch die Verantwortlichen und die nutznießenden Unternehmen in die Pflicht zu nehmen.
Roland J. Lange von der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e. V. war selbst politischer Häftling und wurde zu Zwangsarbeit herangezogen. Unter unmenschlichen Haftbedingungen hausend, unter fehlendem Arbeitsschutz schuftend und in der Folge an Gesundheitsschäden leidend, hätten die Opfer bis heute keine ausreichende Entschädigung erhalten. Die Opferverbände sprechen sich für eine Opferrente aus, die nicht nur die politische Haft, sondern auch die geleistete Zwangsarbeit berücksichtigt. „Viele von den Kameradinnen und Kameraden sind nachhaltig geschädigt“, so Lange, sie litten am Bruch in ihrer Biographie, aber eben auch an den gesundheitlichen Folgen. Lange forderte eine sachgerechte Aufklärung und Aufarbeitung der Zwangsarbeit, es sei ein gesamtdeutsches Thema.
Der Kurator der Ausstellung, Dr. Christian Sachse, wies auf die Schwierigkeit hin, sich dem Thema speziell im Bild zu nähern: Natürlich habe die Stasi stark darauf geachtet, dass Informationen über die Zwangsarbeit in der DDR nicht dokumentiert würden. Es habe eine beträchtliche Anzahl an Betrieben gegeben, an die Häftlinge zur Zwangsarbeit „ausgeliehen“ worden seien, unter anderem auch – relativ oder ganz unausgebildet – in gefährlichen Einsatzorten wie im Chemiekombinat oder im Kupferbergbau. „Hier ging es nur um Ausbeutung, nicht um sinnstiftende Arbeit, nicht um Resozialisierung“, so Sachse.
Details über die Ausstellung
Die Ausstellung gibt auf 22 Roll-Ups einen Überblick über die Geschichte von Zwangsarbeit, ihre Bedeutung in der DDR-Wirtschaft sowie über die Einsatzbetriebe und -orte in der DDR und konkret in Sachsen-Anhalt. In ihr werden Folgen von Zwangsarbeit thematisiert und Forderungen für Anerkennung und Wiedergutmachung erhoben.
Die Ausstellung ist bis zum 23. November 2015 kostenfrei im Landtag zu sehen. Nächste Station ist ab dem 26. November 2015 die Gedenkstätte Moritzplatz in Magdeburg.
Aufarbeitungsprojekt der Union der Opferverbände