Die Koalitionsfraktionen CDU und SPD wollen die Landesregierung mit einem Antrag bitten, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Handwerkerrechnungen auch weiterhin steuerlich absetzbar sind. Insbesondere Kleinstunternehmen profitieren von der belebenden Wirkung, heißt es im Antrag. Die Regelung wurde 2006 bundesweit eingeführt, auch um Schwarzarbeit einzudämmen. Seitdem gebe es immer wieder ernstzunehmende Versuche, die Regelung zu kippen, so die Koalitionsfraktionen.
Ulrich Thomas (CDU) ließ es sich nicht nehmen, mit dem vielzitierten Satz „Handwerk hat goldenen Boden“ in die Debatte einzusteigen. Der Satz würdige die Leistungen der 30 000 Handwerkerbetriebe in Sachsen-Anhalt, die rund 140 000 Arbeitsplätze sichern und seit 1991 etwa 100 000 junge Menschen ausgebildet haben. Thomas skizzierte die Herausforderungen des Handwerks in den nächsten Jahren und erklärte, dass die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag einen Besitzstand dokumentieren und den Bürgerinnen und Bürgern Planungssicherheit geben wollten. Es sei ganz klar, dass viele zusätzliche Handwerkerleistungen in den letzten Jahren nur beauftragt wurden, weil die Bürger mit steuerlichen Vergünstigungen rechnen konnten. Von der Landesregierung forderte er daher, „keine Tendenzen zu unterstützen, die künftig eine Infragestellung der Regelung fördern“
Ja, es sei richtig, dass der Bundesrechnungshof seit 2011 immer mal wieder die Abschaffung der Regelung gefordert habe, erklärte Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD). Die Begründung dafür laute, dass das ursprüngliche Ziel, die Schwarzarbeit zu bekämpfen, nur geringfügig erreicht worden sei. Gleichzeitig habe der Finanzhof in der Vergangenheit oft zugunsten der Steuerzahler entschieden und so zur Ausweitung der Regelung beigetragen, erläuterte Bullerjahn. Trotz aller Kritik an der Steuerbegünstigung habe es jedoch keine gesetzliche Initiative zur Abschaffung der Regelung gegeben. Dies zeige, dass offenbar eine große Mehrheit dahinter stehe. Abschließend sagte Bullerjahn: „Ich kann kein Glaubensbekenntnis abgeben für etwas, das noch nicht gefordert wurde. Aber wir sind sensibilisiert für etwas, das hier von der Mehrheit mitgetragen wird."
Dr. Frank Thiel (DIE LINKE) war die Zielsetzung des Antrags nicht ganz klar und er vermisste, Zahlen die belegen um welche Größenordnungen es sich handelt. Thiel fragte: Inwiefern wurde Schwarzarbeit zurückgedrängt? Welche Vorteile hat die Regelung für die Auftragslage der Handwerker gebracht? Grundsätzlich seien die Linken dafür, dass die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen beibehalten wird, aber nicht nur zum Wohle des Handwerks, sondern auch der Steuerzahler. Um zu schauen, wo es vielleicht Reformbedarf gibt und ob der Steuersatz vielleicht auf 900 Euro gesenkt werden könnte, plädierte er für eine Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft.
In Politik und Wissenschaft gebe es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob das Ziel, die Schwarzarbeit einzudämmen, mit der Regelung erreicht wurde oder eher nicht, sagte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Eine Studie der Universität Freiburg beispielsweise stellte fest, dass 90 Prozent der Handwerkerleistungen ohnehin legal vergeben worden wären, zudem konnte sie keinen nennenswerten Anstieg der Handwerkeraufträge erkennen. Dem gegenüber stünde ein nicht unerheblicher Steuerausfall von 1,5 Mrd. Euro betonte Meister. Um diese „Ungereimtheiten“ zu klären und festzustellen, welche Wirkung die bisherige Regelung tatsächlich entfaltet, sprach er sich ebenfalls für eine Überweisung des Antrags in den Ausschuss aus.
SPD-Abgeordneter Ronald Mohrmann (SPD) dagegen schloss sich im Wesentlichen seinem Koalitionskollegen Thomas an. Für die Handwerkerbetriebe in Sachsen-Anhalt sei die Regelung ein großer Gewinn, insbesondere Kleinstunternehmen, die im Bereich Reparatur- und Ausbesserungsarbeiten tätig sind, hätten von dem Modell profitiert. Maximal bis zu 1 200 Euro im Jahr könnten Bürger derzeit von der Steuer absetzen. Wie nachahmenswert das Modell sei, zeige unser Nachbarland Österreich, wo die Steuererleichterung ebenfalls eingeführt wurde, allerdings nur bis zu einer Grenze von 600 Euro. Mohrmann plädierte für den Erhalt der Regelung, die aus seiner Sicht zur Belebung des Handwerks und zur Eindämmung der Schwarzarbeit beitrage.
In der abschließenden Abstimmung wurde der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen.