Der <link http: www.mlv.sachsen-anhalt.de fileadmin bibliothek politik_und_verwaltung mlv uploads lrvp lrvp-bericht_15_06_2010.pdf extern>Landesradverkehrsplan (LRVP) sieht unter anderem den Ausbau von Radwegen für Tourismus und Alltag vor, ein besseres Zusammenspiel zwischen Radfahren und öffentlichem Personennahverkehr sowie eine Verkehrs- und Mobilitätserziehung.
Im Oktober 2012 hatte die Landesregierung ein Ingenieurbüro beauftragt, die Umsetzung des LRVP zu überprüfen. Die Ergebnisse bildeten die Grundlage für einen Evaluationsbericht seitens des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr. Auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschäftigte sich am Freitag, 26. September, der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr mit dem Thema. In einer öffentlichen Anhörung erklärten verschiedene Verbände, Kommunen und Interessengruppen, wie es aus ihrer Sicht um den LRVP steht und was noch verbessert werden könnte.
Ergebnisse der Anhörung in aller Kürze
Der zügige Ausbau von Radwegen für Tourismus und Alltag wird durch alle politischen und gesellschaftlichen Akteure Sachsen-Anhalts unterstützt – von den Städten und Landkreisen über den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub bis hin zum Tourismusverband. In der öffentlichen Anhörung wurde jedoch deutlich: Ohne EU-Fördermittel oder die Finanzierung vom Land wird es schwer, die vielen Ideen aus dem LRVP von 2010 umzusetzen. Dringender Handlungsbedarf wurde vor allem in folgenden Bereichen gesehen:
Wie steht es um den LRVP aus Sicht der Akteure?
Von den 80 Maßnahmen des LRVP sei derzeit etwa ein Viertel umgesetzt und ein Drittel befände sich in aktiver Umsetzung, erklärte Katrin Spring, Referentin im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr. Der Ausbau des Landesradverkehrsnetzes gehe kontinuierlich voran, es bestehe jedoch ein großer Bedarf bei straßenbegleitenden Radwegen an Bundes- und Landstraßen. Gleiches gelte für den Ausbau der touristischen Radrouten, so Spring. Großen Nachholbedarf sieht sie auch bei der Erstellung eines Radverkehrskonzeptes in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten. Momentan hätten erst fünf von 14 Städten und Kommunen ein solches Konzept erarbeitet. Außerdem sieht der Evaluationsbericht des Ministeriums vor, die Öffentlichkeitsarbeit zum LRVP und die Kommunikation mit den Kommunen und Spitzenverbänden zu verbessern.
Evaluationsbericht zum Landesradverkehrsplan
Der Landkreistag und der Städte- und Gemeindebund begrüßten den in der Evaluation gemachten Vorschlag, eine AG „Radverkehrsfreundliche Kommunen“ zu gründen und so den Austausch zwischen Ministerium und Kommunen voranzubringen. Die Koordination müsste allerdings das Ministerium übernehmen, so Peter Weiß vom Landkreistag. Ebenfalls offen zeigten sich die kommunalen Spitzenverbände bei der Erstellung einer Radverkehrskonzeption für die einzelnen Landkreise. Hier wäre eine Förderung bei Konzepterstellung jedoch wünschenswert. Weiß verwies zudem darauf, nicht nur Radwege zur Anbindung von Mittelzentren zu fördern, sondern auch die sogenannten Grundzentren nicht zu vergessen.
Der Fuß- und Radverkehrsbeauftragte der Stadt Halle, Ralf Bucher, hält die Einführung eines Radverkehrsbeauftragten (koordiniert und überwacht die Umsetzung des LRVP) und eines Radroutenplaners (Internetportal, das im Vorfeld bei der Planung von Radtouren hilft) für sehr sinnvoll. Kritisch äußerte sich Bucher dagegen zum Thema Wegweiser- und Beschilderungsmanagement. Er riet zu einer einheitlichen Regelung, die sich an die Bundesrichtlinie halte. Außerdem müsste die Radwegeinfodatenbank vereinfacht werden, meinte Bucher. Diese sollte Landkreisen und kreisfreien Städten eine einfache Möglichkeit bieten, Daten zum Landesradverkehrswegenetz zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht Buchers sei die Datenbank bisher zu umständlich für die Akteure vor Ort.
Wenn Sachsen-Anhalt vom Radtourismus profitieren wolle, müsste auch entsprechend investiert und ausgebaut werden, sagte Bärbel Schön, Vorsitzende des Landestourismusverbandes Sachsen-Anhalt. Grundsätzlich mangelte es ihr im LRVP und dem Evaluationsbericht noch an der Unterfütterung einiger Maßnahnahmen mit konkreten Handlungsabsichten. So erklärte Schön beispielsweise, dass die Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit für den gesamten Elberadweg momentan nur von einer Person übernommen werde. Ein Ausbau der Aktivitäten in diesem Bereich sei daher rein personell gar nicht möglich. Oberste Priorität bei all den geplanten Maßnahmen habe für sie die Beseitigung schwerwiegender Wegedefizite.
Die Rückmeldungen aus den Regionalkonferenzen in den Landkreisen und Kommunen zum Ausbau des Radwegenetzes seien durchaus positiv gewesen, erklärte Michael Schanz von der Landesstraßenbaubehörde. Er zeigte sich zuversichtlich, dass bis Mitte nächsten Jahres eine umfassende Bedarfsliste ermittelt werden könne, die Grundlage für die weitere Planung von straßenbegleitenden Radwegen sein könnte. Zudem erläuterte Schanz, dass die Grundzentren nicht zwangsläufig von der Anbindung an das Radverkehrsnetz ausgeschlossen sein müssten. Ausnahmen seien immer möglich, auch wenn es eigentlich keine besondere Nutzungsbedeutung gebe. Die Kommunen müssten dann anhand eines Fragenkatalogs nachweisen, ob eine Radverkehrsanlage dennoch notwendig sei, zum Beispiel durch ein erhöhtes Unfallgeschehen.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) bemängelte die unzureichenden finanziellen Mittel: „Mit den vorhandenen Mitteln würde es knapp 100 Jahre dauern, um die vom Land geplanten Baumaßnahmen an Landes- und Bundesstraßen zu vollenden“, sagte Volker Preibisch, Vorsitzender des Landesverbands des ADFC. Er mahnte an, dass aus den vielen Empfehlungen im LRVP auch zeitlich fixierte Maßnahmen entstehen müssten.
Nach Ansicht des ADFC müssten zudem die E-Bikes noch stärker in den Planungen berücksichtigt werden, ebenso wie das Thema „Radabstellanlagen“. Darüber hinaus illustrierte Preibisch an einigen Beispielen, wie in der Praxis fehlerhafte Planungen immer wieder zum Nachteil von Radfahrern im Verkehr würden, zum Beispiel durch zu schmale Radwege oder durch Radwege, die Fahrradfahrer zu Geisterfahrern werden ließen. Grundsätzlich betonte er, dass Radfahrer in das Sichtfeld der Autofahrer integriert und nicht separiert werden müssten.
Der ADAC Sachsen-Anhalt/Niedersachsen e. V. unterstützt die Maßnahmen des LRVP. Für die Umsetzung seien jedoch auch die entsprechenden Fördermittel nötig, um wirklich voranzukommen, sagte Thomas Mohr. In diesem Zusammenhang sollte unbedingt auch an Verkehrssicherheitsprogramme gedacht werden, die speziell die älteren Radfahrer berücksichtigen müssten, denn die Zahl der älteren Radfahrer nehme stetig zu, so Mohr. Seiner Ansicht nach habe die Instandsetzung der bereits vorhandenen Radwege Priorität, alles andere ginge auf Kosten der Verkehrssicherheit. Zudem unterstrich Mohr die Bedeutung der Verkehrserziehung bei Jugendlichen, hier müssten neue Programme entwickelt werden, denn gerade bei dieser Altersgruppe werde sie oft als „uncool“ angesehen.
Ein besonderes Augenmerk auf die Mobilitätserziehung und Verkehrssicherheitsarbeit legten die Landesverkehrswacht, das Technische Polizeiamt und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat e. V. (DVR). Alle drei verwiesen darauf, dass es bereits gute Projekte in Sachsen-Anhalt gebe, die fortgesetzt werden sollten. Dafür müssten jedoch auch die nötigen Finanzmittel bereitgestellt werden. So gebe es beispielsweise Mal- und Zeichenwettbewerbe in Grund- und Förderschulen, die Radfahrprüfungen in den Grundschulen oder die Aktion „Sicher mit dem Rad zur Schule“ für die Klassen 5 bis 10. Außerdem unterstütze die Polizei diverse Projekte zur Mobilitätssicherung im ländlichen Raum und zum Thema Radverkehr für Senioren. Heiko Hilken, Referent beim DVR, verwies in dem Zusammenhang auf die wachsende Nutzung von Motorfahrrädern, sogenannten Pedelecs oder E-Bikes. Auch diese sollte bei der Straßenverkehrsplanung berücksichtigt werden.
Der Vizepräsident der Landesverkehrswacht, Wulf Hoffmann, äußerte den Eindruck, dass sich immer weniger Lehrer mit dem Thema Verkehrssicherheit befassten. Seiner Ansicht nach müssten hier mehr Freiräume geschaffen und mehr Lehrer für diese Arbeit gewonnen werden. Außerdem plädierte Hoffmann für die Schaffung von Fahrrad- und Schulwegplänen. Jedoch dürften die Schulen allein damit überfordert sein und bräuchten entsprechende Unterstützung. Darüber hinaus ist er davon überzeugt, dass die Übertragung der verkehrsbehördlichen Aufgaben auf die Kommunen und Verwaltungsgemeinschaften dazu geführt habe, dass dort nicht alle Zuständigen über das nötige Fachwissen verfügten, um sich mit dem Thema auseinandersetzen zu können.
Die Hallesche Verkehrs-AG befasste sich vor allem mit dem Thema Vernetzung zwischen den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad. Christian Rößler von der HAVAG erklärte, dass es in Halle diesbezüglich bereits gute Möglichkeiten gebe und sowohl vor Ort als auch in den Liniennetzplänen auf die Möglichkeit des „Bike und Ride“ hingewiesen würde. Das vorhandene Angebot werde von den Bürgern gut angenommen.
Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr wird sich in einer seiner nächsten Sitzungen erneut mit dem Landesradverkehrsplan beschäftigen.