Im Mai dieses Jahres brachten die Fraktionen von CDU und SPD einen Gesetzentwurf in den Landtag ein, durch den die verbindliche Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beratungsstellen im Sinne einer integrierten psychosozialen Beratung in Anlehnung an das Konzept der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt umgesetzt werden soll. Darüber hinaus soll eine Einbindung der Beratungsangebote in die kommunale Sozial- und Jugendhilfeplanung erreicht werden. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales führte dazu am Mittwoch, 11. Juni 2014, eine öffentliche Anhörung durch.
Sachkompetenz der einzelnen Bereiche wahren
Der vorgelegte Gesetzentwurf sei das Resultat eines langwierigen Prozesses, erklärte Monika Schwenke von der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen-Anhalt. Positiv hob sie das darin verankerte fächerübergreifende Beratungsangebot hervor, das eine multiprofessionelle, ganzheitliche Beratung ermögliche. Es handele sich jedoch nicht um „Hilfe aus einer Hand“, wie sie während der Einbringung des Gesetzes bezeichnet worden sei, sondern um eine Bündelung fachspezifischer Angebote, machte Schwenke klar. Die entsprechende Sachkompetenz der verschiedenen Bereiche bleibe unbedingt notwendig zu erhalten. Die Vertreterin der LIGA wies darauf hin, dass Qualität und Quantität der vorgehaltenen Beratungsangebote in den Landkreisen und kreisfreien Städten keineswegs auf einem Stand seien, hier sei nachzujustieren. Positiv werde bewertet, dass auf Basis der Finanzierung der Beratung das Land seiner Verantwortung nachkomme, gleichzeitig aber die kommunale Selbstverwaltung gestärkt werde. Manche der Beratungsangebote seien aber nicht klar genug formuliert, sodass es bei der Zuteilung der Finanzen zu Problemen kommen könne.
Neuer Verteilungsschlüssel angestrebt
Nicole Stelzer begrüßte als Sprecherin des Landesjugendhilfeausschusses die „ressourcenorientierten und innovativen Ansätze“ des Gesetzentwurfes von CDU und SPD. Die Festschreibung der Förderung (auch der finanziellen Aspekte) trage dazu bei, die Kinder- und Jugendarbeit dabei zu unterstützen, die sozialen Ungleichheiten im Land abzubauen. Dies sei nicht nur gut für den Bürokratieabbau, sondern auch gut für die Arbeit mit den jungen Menschen vor Ort, so Stelzer. In Sachen Berechnungsgrundlage für die Finanzierung der Beratungs- und Betreuungsangebote weichen der Landesjugendhilfeausschuss und der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt aber von den Plänen im Gesetzentwurf ab. Beide Institutionen sehen die Jugendarbeit in der Fläche gefährdet, wenn die Mittel allein auf Basis der demographischen Entwicklung beziehungsweise auf Basis der Pro-Kopf-Zuwendung ausgereicht würden. Stefan Brühne, Vorsitzender des Kinder- und Jugendrings, erklärte: Man solle sich für ein Zwei-Töpfe-System mit festen Beträgen entscheiden. Aus einem Topf würden die Mittel für die Landkreise und die Stadt Dessau-Roßlau (die demographisch eher den Landkreisen entspreche) entnommen werden, aus dem zweiten die Mittel für die kreisfreien Städte Magdeburg und Halle. So würde einerseits der starken Zunahme der Zahl junger Menschen in den beiden Ballungszentren und andererseits der Angebote für junge Menschen im ländlichen Raum Rechnung getragen. Die gesetzliche Fixierung der Fördersumme trüge zudem zur Planungssicherheit der zahlreichen Einrichtungen bei, so Brühne.
Mittel für Suchtberatung separat ausweisen
Helga Meeßen-Hühne von der Landesstelle für Suchtfragen schloss sich grundsätzlich der Stellungnahme der LIGA an, äußerte jedoch darüber hinaus spezifische Bedenken ihre Einrichtung betreffend. Meeßen-Hühne kritisierte, dass die Aufgaben der Suchtberatung im Gesetzentwurf nicht klar definiert seien und der „sozialen Beratung“ zugeordnet würden, gleichwohl es sich um eine Gesundheitsleistung handele. Die Aufgabe der Suchtprävention gehe aufgrund der Gesetzesformulierungen den Suchtberatungsstellen verloren, dabei sei sie enorm wichtig. Weiterhin sei zu kritisieren, dass die Finanzierungsbereitschaft der Kommunen permanent abnehme. Da die finanziellen Mittel für die Schwangeren- und die Suchtberatung zusammen ausgewiesen würden, bestehe die Gefahr, dass es bei der Ausgabe der Mittel zu einer Verschiebung zu Ungunsten der Suchtberatung komme. Meeßen-Hühne schlug daher vor, die Fördersumme für die Suchtberatung separat im Gesetz zu hinterlegen.
Spitzenverbände mit verfassungsrechtlichen Bedenken
Der Gesetzentwurf solle die Weichen für wichtige Strukturveränderungen stellen, erklärte Michael Struckmeier vom Landkreistag in Vertretung für die Kommunalen Spitzenverbände. Es gebe allerdings eine Reihe von auch verfassungsrechtlichen Bedenken. „Wir hätten uns aus diesem Grund eine frühere Beteiligung am Gesetzesvorhaben gewünscht“, erklärte Struckmeier. Hinsichtlich der Mitfinanzierung des landesweiten Beratungsangebots machte der Landkreistag seine Bedenken klar: Viele Landkreise lägen bereits weit über der im Gesetz vorgeschriebenen Mindestmitfinanzierung von 30 Prozent. Manche lägen bei weit über 50 Prozent. Würde es dann zu Einschnitten bei den Leistungen kommen, wenn die Kommunen plötzlich nur noch zu einer Mitwirkung von 30 Prozent verpflichtet wären?, fragte Struckmeier in die Runde. Die Kommunalen Spitzenverbände sprechen sich auch gegen eine jährlich vorzulegende „Sozialplanung“ aus, diese sei erstens gesetzlich noch gar nicht geregelt, zweitens sei sie sehr aufwendig und kostenintensiv. Auch die kommunale Familie spreche sich für eine Neuberechnung der Zuweisungen aus, so Struckmeier. Die Verteilungswirkung müsse genau geprüft werden und sich bestenfalls am Finanzausgleichsgesetz (FAG) orientieren. Von einer Zuordnung der Stadt Dessau-Roßlau zu den Landkreisen (hier bei der Verteilung der Mittel für die Kinder- und Jugendarbeit) riet Struckmeier ab. Auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags hält eine Durchsetzung dieses Verteilungsschlüssels für rechtlich nicht umsetzbar.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales möchte den Gesetzentwurf von CDU und SPD bestenfalls noch vor der Sommerpause abschließend behandeln. Dazu ist eine Beschlussempfehlung zu erarbeiten, die dem Parlament spätestens bis zur Juli-Sitzungsperiode zur Zweiten Beratung vorliegen müsste.