Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Wie Lernrückstände wieder aufholen?

Den Regelbetrieb wiederherstellen, Kernfächer in der Grundschule stärker gewichten und regelmäßigen Samstagsunterricht anbieten, um Lernrückstände nachzuholen – diese und andere Vorschläge hat die AfD-Fraktion in ihrem Antrag gemacht, um die Lernrückstände durch die Corona-Pandemie aufzuholen und Bildungsdefizite nicht größer werden zu lassen.

Die Fraktion DIE LINKE fürchtet ebenfalls, dass die Lernentwicklung der Schüler*innen erheblich beeinträchtigt werden könnte. In einem eigenen Antrag fordert sie daher unter anderem, alle Anstrengungen zu unternehmen, dass unter Wahrung des Gesundheitsschutzes (Schnelltests, Impfungen) für Schüler*innen und Beschäftigte der Schulen Präsenzunterricht stattfinden kann, um das weitere Anwachsen von Lerndefiziten zu begrenzen. Die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben hierzu einen Alternativantrag eingebracht.

Schülerin sitzt über Aufgabe, kaut an Bleistift und schaut nachdenklich

Aufgrund der Corona-Pandemie ist an Sachsen-Anhalts Schulen monatelang der Präsenzunterricht ausgefallen. Wie Bildungsdefizite aufgeholt werden können, darüber diskutierten die Abgeordneten des Landtags im März-Plenum. Foto:st-fotograf/fotolia.com/stockadobe.com

Politiker sind verantwortlich, nicht Corona

Die Landesregierung habe einen gesamten Schuljahrgang dem Corona-Wahnsinn geopfert, kritisierte Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD). Distanzunterricht funktioniere nicht, das hätten jetzt auch weitere Teile der Lehrerschaft in einer Umfrage bestätigt. Tillschneider zeigte sich überzeugt, dass Corona-Virus könne nicht so gefährlich sein, „wie das, was Sie [Landesregierung] unseren Kindern angetan haben“. Verantwortlich für die Misere sei nicht das Corona-Virus sondern das, was die Politiker aus der Situation gemacht hätten. Jetzt seien diese in der Pflicht, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen.

Eine sofortige Rückkehr zum Normalbetrieb allein reiche nicht aus, um das Bildungsdefizit aufzuholen. Was stattdessen nötig sei, habe die AfD-Fraktion in ihrem Antrag vorgeschlagen. Unter anderem solle sich das Bildungssystem – wenn nötig – auf das Wesentliche konzentrieren. Gleichzeitig sollte Schüler*innen mit Lernrückständen, ein staatliches Nachhilfeangebot gemacht werden, so Tillschneider. Außerdem könnte er sich Sommerschulen vorstellen, um Rückstände aufzuholen.

Tests und Prüfungen überdenken

Thomas Lippmann (DIE LINKE) sagte, die Schüler*innen seien mit dem Lockdown sehr unterschiedlich zurechtgekommen. Der Lernerfolg im Home-Schooling hänge von der technischen Ausstattung, der Unterstützung durch die Eltern oder der Fähigkeit der Schüler*innen zur Selbstorganisation ab. Aus Sicht der Schüler*innen sei es nicht akzeptabel, dass sich die Impfung des Lehrpersonals noch bis Sommer hinziehen könnte. Es müsse sichergestellt werden, dass sich auch bei normaler Klassenstärke keine neuen Infektionen ausbreiten können.

Lippmann kritisierte, dass an Prüfungen festgehalten werde, obwohl es keine faire Grundlage für die Wissensvermittlung gegeben habe. „Bulimielernen und Testeritits sind wirklich das Letzte, was wir jetzt brauchen können.“ Es sei dringend geboten, den Schüler*innen und den Lehrer*innen den Druck der Klassenarbeiten zu nehmen. Die Schulen bräuchten jetzt mehr Zeit, um das Lernen wieder in Gang zu bringen und Defizite festzustellen. Vorschläge für die Verbesserung der Situation gebe es im Antrag der Fraktion DIE LINKE.

Lehrkräfte passen ihre Pläne an

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) erklärte, seine Vorredner hätten beide „Zerrbilder der Realität“ geliefert, die nicht dem Alltag in der Schule entsprächen. Immerhin seien sich alle einig, dass der Präsenzunterricht wichtig ist. Bereits jetzt seien Schulen angehalten, zusätzliche Lernangebote anzubieten. Zudem würden die Lehrkräfte ihre Lehrpläne anpassen: es ginge jetzt nicht darum, schnell Defizite aufzuholen, so der Bildungsminister. Auch von einer Reduktion auf die Kernfächer werde Gebrauch gemacht. Samstagsunterricht halte er in der jetzigen Situation nicht für passend.

Distanzlernen habe die Unterschiede bei den Lernchancen eindeutig erhöht, beklagte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). Daher müsste jetzt herausgefunden werden, welche konkreten Lernrückstände es gebe, um dann individuelle Lösungen  zu finden. Die Angebote dürften jedoch nicht als Strafe verstanden werden, sondern es brauche „neue niedrigschwellige Angebote“, wie im Alternativantrag der Koalitionsfraktionen skizziert. Beispielsweise könnten in den Pfingst- und Sommerferien Lehramtsstudent*innen gezielt beim Lernen unterstützen.

Ausreichend Schnelltests für Schulen besorgen

Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betonte: „Chancen- und Bildungsgerechtigkeit müssen jetzt mehr denn je gewährleistet werden.“ Kein Kind dürfe in der Pandemie abgehängt werden. Jedes Instrument müsse genutzt werden, um Schulen pandemiefest zu machen. Die Grünen plädierten insbesondere für regelmäßige Antigen-Schnelltests an Schulen. Warum dies in Sachsen-Anhalt nicht geschehe, sei ihm schleierhaft. Aldag halte Wechselunterricht momentan für die beste Lösung in der Krise. Es ärgere ihn zudem maßlos, dass in den vergangenen fünf Jahren im Bildungsausschuss über viele Themen debattiert worden sei, aber vieles nur schleppend umgesetzt werde.

Kontakt zur Basis halten und verbessern

Im Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD und GRÜNEN würden einige Gedanken des AfD-Antrags und des Antrags der Fraktion DIE LINKE aufgegriffen, erklärte Carsten Borchert (CDU).  Er sprach sich für eine schnelle Impfung der Lehrer*innen aus. Außerdem erklärte er, „Noten sind wichtig, aber nicht alles“. Darum schlage der Alternativantrag vor: „Lehrkräfte müssen die Möglichkeit bekommen, bei Bedarf statt Klassenarbeiten alternative Bewertungsmöglichkeiten einzusetzen.“ Borchert räumte ein, dass manchmal noch der Kontakt zur Basis (Lehrer, Schüler, Eltern) fehle. Daran müsse man arbeiten.

Reaktionen der Antragsteller auf Vorredner

Dr.  Hans-Thomas Tillschneider (AfD) reagierte zum Ende der Debatte auf die Ausführungen der anderen Redner*innen. Der Vorschlag der Linken, auf Noten zu verzichten sei „fatal“. Denn momentan bräuchten die Schüler*innen mehr und nicht weniger Druck. Es müssten auch keine Verfahren mehr entwickelt werden, um die Defizite zu entdecken, weil sie zweifelsfrei da seien, kritisierte der AfD-Abgeordnete einen Aspekt des Alternativantrags der Koalition. Stattdessen müsste die Politik handeln.

Es gebe einen grundsätzlichen Dissens, zwischen dem Bildungsminister und seiner Fraktion, welche Bedeutung dem Prüfen in der derzeitigen Situation zukommen solle, erklärte Thomas Lippmann (DIE LINKE) in seiner Reaktion auf die Vorredner. Lippmann lägen E-Mails aus Schulen vor, die teils absurde Situationen zu diesem Thema schilderten. Bereits vor Corona habe es seiner Ansicht nach eine Tendenz zum Motto „teaching for the test“ gegeben.

Ergebnisse der Debatte

Am Ende der Debatte wurde der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Der Antrag der AfD-Fraktion und der Antrag der Fraktion DIE LINKE wurden abgelehnt.