Die aktuelle Energiepreiskrise führe zu einer massiven Verunsicherung in der Gesellschaft und berge sozialen, ökonomischen und politischen Sprengstoff, befindet die Fraktion DIE LINKE. In einem Antrag fordert sie daher unter anderem die Einführung eines Gas- und Energie-Grundkontingents für Privathaushalte und Unterstützungsmaßnahmen für durch die Energiekrise in Zahlungsnot geratene Unternehmen. Die CDU-Fraktion hatte zum selben Thema eine Aktuelle Debatte initiiert, in der sie mit der Landesregierung und den anderen Fraktionen über die zügige Umsetzung eines Strom- und Gaspreisdeckels diskutierte. Zum Antrag der Linken hatten die Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP auch noch einen Alternativantrag eingebracht.
Die CDU-Fraktion habe von Anfang an darauf hingewiesen, „dass wir mehr Kapazitäten am Markt brauchen“, monierte Ulrich Thomas (CDU). Gasknappheit und hohe Preise schadeten der Wirtschaft, gerade im Osten der Republik. Daher sei es zwingend nötig, alle Atomkraftwerke und die Kapazitäten der Kohlekraftwerke zu verlängern. Thomas kritisierte, dass der Bundeswirtschaftsminister die Einladung des Wirtschaftsausschusses noch nicht angenommen habe, denn Thomas hätte viele Fragen gehabt. Es sei unverständlich, dass der Gaspreisdeckel erst im März kommen solle, wenn der Winter eigentlich vorbei sei. Thomas forderte ausdrücklich, auch an die Stadtwerke zu denken, denn würde es diese nicht mehr geben, sähe die Welt noch trauriger aus.
Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD) sagte: „Wir befinden uns in der größten Energiekrise seit Jahrzehnten.“ Allerdings sei schon einiges zur Lösung passiert, wenn es auch nicht immer besonders schnell gegangen sei. Die vielen Einzelmaßnahmen der Bundesregierung seien gut gemeint gewesen, hätten aber das grundsätzliche Problem nicht lösen können. Das vorgestellte Maßnahmenpaket der Regierung unterstützte Willingmann grundsätzlich. Die Ausgestaltung des Gaspreisdeckels sei jedoch noch nicht gänzlich ausgereift [Einmalzahlung im Dezember, Gasbremse ab März 2023]. Die Vorschläge würden in jedem Fall in die richtige Richtung gehen, für eine kurzfristige Umsetzung sei die Einmalzahlung vernünftig, trotz des Gießkannenprinzips.
Eva von Angern (DIE LINKE) kritisierte, dass es Entlastungspakete gebe, die erst nach der eigentlichen Heizperiode in Kraft träten. Außerdem würden die Wohlhabenden wieder bevorteilt: Je mehr Wohnfläche, je mehr Pool, je mehr Sauna, umso höher die staatliche Förderung, dies sei ungerecht. Die Menschen verstünden durchaus, dass die Regierung lediglich eine Energierechnung des Winters übernehmen wolle. DIE LINKE fordert dagegen ein Grundkontingent für alle Menschen, Reiche sollten nicht von der Unterstützung profitieren. „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten. Wir brauchen eine Übergewinnsteuer.“ Unverständlich sei auch, warum die Vermögenssteuer weiterhin ein Tabu sei. Zudem sollte über eine Verstaatlichung der Energieversorger nachgedacht werden, so von Angern.
In der jetzigen Situation müssten sämtliche Ideologien beiseitegelegt werden: „Jetzt muss alles raus!“, sagte Andreas Silbersack (FDP). Er plädierte dafür, alle Energiequellen zu nutzen, die es momentan in Deutschland gebe. So sei es für die FDP beispielsweise selbstverständlich, dass in dieser schweren Krise alle drei Atomkraftwerke weiterlaufen sollten. Seine Strategie: Auf der einen Seite finanzielle Unterstützung und auf der anderen Seite größtmögliche Technologieoffenheit. Für seine Fraktion sei auch Fracking kein Tabu. Jetzt gebe es eine Krise, jetzt gebe es eine Notsituation. Wenn sich die Ausgangslage wieder verändere, könne man die Strategie ja wieder anpassen. Wichtig sei es, das „Gesamtkonzept der energetischen Möglichkeiten zu sehen“.
Ulrich Siegmund (AfD) kritisierte ebenfalls, dass die Preisbremse erst im März greifen solle. Zudem würde damit künstlich in den Markt eingegriffen und suggeriert, dass die Energiepreise sänken, was tatsächlich jedoch nicht der Fall sei. Im Maßnahmenpaket würden zudem all die Menschen vergessen, die nicht mit Gas heizten. Die CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt sei „wie ein Fähnchen im Wind“, sie würde jetzt plötzlich die Positionen der Linken und der AfD übernehmen, weil sie keine eigenen hätte. Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen würden nicht die eigentliche Ursache des Problems angehen, sondern lediglich die Symptome behandeln, erklärte Siegmund. Für ihn wäre die Lösung im konkreten Fall, einfach wieder Gas aus Russland zu importieren.
„Der Preisdeckel wirkt schnell, nachhaltig, bietet Anreiz zum Energiesparen und hilft Bürgern und Unternehmen gleichermaßen“, erklärte Dr. Katja Pähle (SPD). Es stimme nicht, dass die Menschen erst ab März 2023 entlastet würden, denn die Übernahme des Dezemberabschlags für die Gasrechnung würde vielen Bürgern insbesondere vor Weihnachten deutlich helfen. Auch unabhängig von den neuen Maßnahmen dürften die bereits erfolgten Maßnahmen zur Unterstützung der Bürger nicht vergessen werden, kritisierte Pähle die Redner/-innen aus den anderen Fraktionen. Neben dem Gaspreisdeckel brauche es natürlich auch einen Strompreisdeckel, so die SPD-Abgeordnete.
„Wir leiden gerade unter 16 Jahren CDU-geführter Bundesregierung“, konstatierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es gäbe niedrigere Preise und mehr Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt, wenn die CDU der fossilen Energielobby in den vergangenen Jahrzehnten nicht jeden Wunsch erfüllt hätte. Viele Fehler aus der Vergangenheit müssten nun vom grünen Wirtschaftsminister mühsam korrigiert werden. Man könne sich kaum vorstellen, wie Sachsen-Anhalt aussehen würde, wenn man sich schon vor Langem auf Solarenergie und Wärmepumpen konzentriert hätte, so die Grünen-Abgeordnete. In der jetzigen Situation ist „Solidarität das Gebot der Stunde und die Konzentration auf das Notwendige“. Daher unterstütze sie die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Maßnahmen.
Am Ende der Debatte wurde der Antrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt, der Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD und FDP wurde angenommen.