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Plenarsitzung

AfD will „subsidiären Schutz“ streichen

Die AfD-Fraktion wollte den Landtag mit einem Antrag überzeugen, die Landesregierung aufzufordern, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass der Status „subsidiärer Schutz“, wie er in § 4 AsylG beschrieben wird, vollständig aus der Rechtsordnung gestrichen wird. Die AfD-Fraktion begründete ihr Ansinnen unter anderem mit der „schleppenden Abschiebepraxis“ und der Duldung ausreisepflichtiger Schutzsuchender mit abgelehntem Schutzstatus von über 80 Prozent.

Flüchtlinge im Wald hinter Stacheldraht

Ein Antrag der AfD-Fraktion zur Streichung des subsidiären Schutzstatus aus der Rechtsordnung wurde abgelehnt.

Überlegen, wer ins Land darf und wer nicht

Thomas Korell (AfD) erklärte: „Wir haben ein Problem mit Migration und gescheiterter Integration.“ Er erinnerte an verschiedene Gewalttaten in jüngster Vergangenheit, bei der die mutmaßlichen Täter einen Migrationshintergrund gehabt haben sollen, zum Beispiel bei den Krawallen in der Silvesternacht in Berlin und beim Messerangriff in einem Regionalzug zwischen Kiel und Hamburg Ende Januar. [Redaktion: Bei dem Messerangriff wurden zwei Menschen getötet und mehrere verletzt. Bei dem mutmaßlichen Täter soll es sich um einen 33-Jährigen aus Gaza ohne festen Wohnsitz handeln, dessen Staatszugehörigkeit ungeklärt sei.]

Nach Meinung der AfD-Fraktion wollten immer weniger Menschen als Polizisten oder Feuerwehrmänner arbeiten, weil sie nicht Opfer solcher oder ähnlicher Gewalttaten werden wollten, dies werde zu einem Problem für unsere Gesellschaft. Seine Fraktion forderte sowohl ein effektives Abschiebungssystem als auch einen effektiven Grenzschutz. Korell führte aus, dass im Jahre 2021 in Sachsen-Anhalt 4 093 Erstanträge gestellt worden seien, wobei 806 Migranten subsidiärer Schutz gewährt wurde. Dies entspreche einer Quote von knapp 20 Prozent. Von diesen seien im genannten Jahr 970 Straftaten begangen worden. Zu lange hätte man die Augen vor den negativen Seiten der Zuwanderung verschlossen. Jetzt müsse sich die hiesige Gemeinschaft Gedanken machen, wen sie ins Land lassen möchte und wen nicht.

Ministerin: „Kehrtwende in der Migrationspolitik“

Mit der Gewährung des „subsidiären Schutzstatus“ setze Deutschland europarechtliche Vorgaben um, betonte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (CDU). Der subsidiäre Schutzstatus schließe eine Lücke, die zwischen Asylstatus und Flüchtlingsstatus bestehe und sei genau deshalb geschaffen worden. Außerdem habe sich Sachsen-Anhalt immer zu seiner humanitären Verantwortung bekannt. Dennoch sprach sie sich für eine „Kehrtwende in der Migrationspolitik“ aus. Ihrer Ansicht nach müsste die illegale Migration begrenzt und die legale besser gesteuert werden. Dazu gehöre auch, dass die EU-Außengrenzen wirksam geschützt würden, so die Innenministerin.

Deutschland setzt EU-Recht um

„Die AfD-Fraktion stellt den Antrag nur, um im hohen Hause eine 15-minütige Hetzrede zu halten“, meinte Rüdiger Erben (SPD). Selbst wenn sich die Landesregierung dafür einsetzen würde, scheitere es an höherrangigen gesetzlichen Regelungen. Der Schutz könnte vom Bundesgesetzgeber gar nicht zur Disposition gestellt werden. Anders als von der AfD suggeriert, sei der Schutz zudem überhaupt nicht schrankenlos und werde nicht jedem/r Antragsteller/in gewährt, erläuterte der SPD-Abgeordnete. Gleichzeitig sei es natürlich wichtig, dass rechtmäßige Abschiebungen auch durchgeführt würden.

„Ihr Antrag zeigt, dass Sie mit Europa und der Europäischen Union nichts am Hut haben“, erklärte Guido Kosmehl (FDP) mit Blick auf die AfD-Fraktion. Ähnlich wie die Innenministerin forderte er eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen und eine fairere Verteilung von Schutzsuchenden in Europa (Stichwort Dublin-Abkommen). Daneben gebe es neue Ansätze beim Thema individuelle Migrationsabkommen mit bestimmten Ländern. Ziel dieser Abkommen sei es, dass zwar mehr qualifizierte Fachkräfte ins Land kommen, allerdings nur, wenn nicht asylberechtige Menschen zurückgenommen würden.

Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) konstatierte, im Antrag der AfD-Fraktion gehe es zu, „wie bei Hempels unterm Sofa“. Es würden Zahlen und Fakten miteinander verglichen, die dies nicht zuließen. Die AfD wolle einmal mehr mit populistischen Methoden ihre rassistischen Ressentiments verbreiten. Der subsidiäre Schutzstatuts sei jedoch nicht verhandelbar. Striegel ergänzte, dass die Grünen sich auf Bundesebene dafür einsetzen, den Status sogar zu stärken und ihn mit dem Familiennachzug gleichzusetzen.

Henriette Quade (DIE LINKE) sagte, die Rede und der Antrag machten klar, worum es der AfD-Fraktion eigentlich ginge. Denn die AfD tue so, als ob der subsidiäre Schutz eine Erfindung der Bundesregierung sei, um möglichst viele Menschen am Asylrecht vorbei ins Land zu schleusen. Es sei absurd, den Status streichen zu wollen, nur weil ein Täter (wie bei der Messerattacke im Regionalzug) ihn gehabt habe. Mit der Streichung würde man nicht nur gegen EU-Recht verstoßen, sondern beispielsweise den Tod von Gegnern des Assad-Regimes in Syrien einfach in Kauf nehmen.

Kommunen stoßen an ihre Grenzen

„Fakt ist, nicht jeder, der zu uns kommt, darf tatsächlich in Deutschland sein. Und nicht jeder, der verpflichtet ist, unser Land zu verlassen, macht es tatsächlich“, betonte Chris Schulenburg (CDU). Die Kommunen hätten deutlich gemacht, dass die Unterbringung und die Integration immer schwieriger würden. Eine finanzielle Belastung für Sachsen-Anhalt müsse vermieden werden. Wenn der Bund nicht gewillt sei, beispielsweise Sexualstraftäter, bei denen Wiederholungsgefahr bestehe, auszuweisen, dann laufe etwas falsch. Zudem sollte Druck auf diejenigen Länder ausgeübt werden, die ihre Menschen nicht zurücknehmen wollten, forderte Schulenburg.

Am Ende der Debatte wurde der Antrag der AfD-Fraktion von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt.