Mehrgenerationenhäuser, Ehrenamtslotsen, Senioren-Kompetenzteams – das sind einige Schlagworte und Ziele aus dem seniorenpolitischen Programm der Landes. Zwei Jahre nach dem Auslaufen des seniorenpolitischen Programms hat die Fraktion DIE LINKE eine Große Anfrage an die Landesregierung gestellt. Damit will sie schauen, inwiefern die Maßnahmen des Programms erfolgreich waren. Die Antworten der Landesregierung auf die mehr als 80 Fragen liegen nun vor und wurden im Plenum von den Fraktionen diskutiert.
Was ist das seniorenpolitische Programm?
Mit dem seniorenpolitischen Programm „Aktiv und selbstbestimmt – Altenhilfe und Pflege im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2020“ wurden insgesamt 24 Leitlinien zur Gestaltung der Seniorinnen- und Seniorenpolitik, der Altenhilfe und Pflege für einen Zeitraum bis 2020 ausformuliert. Weiterhin wurden darin entsprechende Maßnahmen und Projekte zu deren Umsetzung mit dem Ziel der Gewährleistung eines aktiven und selbstbestimmten Alters in Sachsen-Anhalt aufgeführt. Prozessbegleitend war dessen Umsetzung wiederholt Gegenstand Kleiner wie auch Großer Anfragen. Nicht zuletzt aufgrund des seinerzeit großzügig gesetzten Zeitrahmens bis Ende 2020 war dabei die Feststellung der zwischenzeitlichen Beendigung wiederholt nachgefragter Maßnahmen und Projekte zu vermelden. (Quelle: Landesregierung)
Entschließungs- und Alternativantrag
Parallel dazu hat die Fraktion DIE LINKE einen Entschließungsantrag eingebracht. Darin fordert sie, dass die Landesregierung aufgefordert wird, bis Ende 2023 eine Neuauflage des seniorenpolitischen Programms zu erarbeiten. „Hierbei müssen bewährte und erfolgreiche Maßnahmen des ausgelaufenen Senior*innenpolitisches Programms „AKTIV UND SELBSTBESTIMMT“ nachhaltig verstetigt und erweitert werden sowie mit lebensnahen und praktischen Maßnahmen ergänzt werden, die an den tatsächlichen Problemlagen von Seniorinnen und Senioren anknüpfen.“, so die Fraktion DIE LINKE.
Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP brachten einen Alternativantrag ein. Darin wird die Landesregierung gebeten, „das seniorenpolitische Programm „Aktiv und selbstbestimmt - Altenhilfe und Pflege im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2020“ als Leitlinienkonzept des Landes in Zusammenarbeit mit der Landesseniorenvertretung (LSV) fortzuschreiben und stetig weiterzuentwickeln.“ Auf Basis einer Ist-Stand-Analyse soll ein nach Themenbereichen gestuftes Leitlinienkonzept bis spätestens Mitte 2024 erarbeitet werden.
„Altersarmut eine Art tickende Zeitbombe“
Monika Hohmann (DIE LINKE) erklärte: „Seniorenpolitik ist ein Querschnittsthema und es braucht zur Umsetzung von Maßnahmen alle politischen Ebenen.“ Die meisten Programme seien jedoch von der Bundesebene finanziert worden und würden nach dessen Auslaufen leider nicht von der Landesregierung unterstützt, zum Beispiel die Mehrgenerationenhäuser. Besonders am Herzen lag ihr das Thema Altersarmut in Sachsen-Anhalt, dieses sei „eine Art tickende Zeitbombe“, insbesondere die Menschen im ländlichen Raum würden oft vergessen, so die Linken-Abgeordnete.
Eine Strategie, die einzelnen Projekte zu verstetigen, sehe sie nicht und befürchte auch beim nächsten Programm keine nachhaltigen Konzepte. Außerdem halte sie es für dringend erforderlich, dass Sachsen-Anhalt endlich einen Landesseniorenbeauftragten bekomme. Denn momentan gebe es fast eine Million Menschen in Sachsen-Anhalt, die über 55 Jahre als seien (etwa 45 Prozent der Gesamtbevölkerung).
Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sagte, sie spreche lieber von „ Leitlinien“, diese müssten allerdings aktiv in den einzelnen Kommunen umgesetzt werden. Die Antworten der Landesregierung hätten gezeigt, dass die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten verantwortungsbewusst handeln würde. Sie werde sich daher für die Fortschreibung der Leitlinien einsetzen. Schwerpunkte lägen bei den Themen Mobilität, veränderte Wohnformen, Digitalisierung, Pflege im Quartier oder Vereinsamung. Erstmals würde sich die Landesseniorenvertretung auch im Haushalt des Landes wiederfinden, dies unterstreiche die Bedeutung des Themas.
Modellprojekte in den Regionen prüfen
„Wir sollten grundsätzlich mehr im Mehrgenerationenmodell denken“, meinte Tobias Krull (CDU). Denn Maßnahmen, die für Senior/innen sinnvoll seien, wären auch für andere Menschen hilfreich, zum Beispiel der barrierefreie Zugang zum ÖPNV. Grundsätzlich sei das Thema Mobilität im Alter sehr wichtig, vor allem im ländlichen Raum. Beim Thema barrierefreies Wohnen gebe es bereits einige Fördertöpfe, die genutzt werden könnten, erläuterte Krull.
Seine Fraktionskollegin Dr. Anja Schneider (CDU) betonte, dass das Thema „Vereinsamung“ besonders in den Fokus genommen werden sollte. Entstehen würde Vereinsamung vor allen durch Ruhestand, Witwenschaft und mangelnde gesellschaftliche Partizipation. „Nicht die Situation des Altwerdens an sich ist problematisch, sondern die passgenaue Zurverfügungstellung von Angeboten.“ Wichtig sei es, Modellprojekte auf deren Akzeptanz und Durchführbarkeit in den einzelnen Regionen zu prüfen.
„Die Rente muss zum Leben reichen – das ist eine Kernforderung der AfD-Fraktion“, erklärte Daniel Rausch (AfD). Dass es heutzutage immer mehr Senior/innen und weniger junge Menschen gebe, sei ein hausgemachtes Problem. Denn Familien und Kinder würden nicht ausreichend gefördert, kritisierte der AfD-Abgeordnete. Er führte weiter aus: „Die Familie ist das beste Mehrgenerationenhaus“, weil man sich in einer intakten Familie gegenseitig helfen würde. Zwar brauche man ein neues seniorenpolitisches Programm, dazu bedürfe es keines Antrags der Fraktion DIE LINKE.
Senioren heute mit anderen Bedürfnissen als früher
„Sachsen-Anhalt ist das Land, das am meisten vom demographischen Wandel betroffen ist und deshalb ist es richtig, dass wir uns heute damit beschäftigen“, sagte Konstantin Pott (FDP). Die Meinungen der Landesseniorenvertretungen würden von der Politik sehr wohl ernst genommen und der Alternativantrag mache deutlich, dass die Konzepte auch weiterentwickelt werden sollen.
Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sprach sich für Fortsetzung des seniorenpolitischen Progamms aus. Ihre Fraktion unterstütze den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Wichtige Themen im Bereich Seniorenpolitik seien für sie unter anderem die Bereiche Digitalisierung und Pflege im Quartier.
Katrin Gensecke (SPD) verwies darauf, dass in der Antwort auf die Große Anfrage viele positive Beispiele im Bereich Seniorenpolitik gegeben worden seien. Allerdings hätten sich die Bedürfnisse der Senior/innen von heute teils deutlich gegenüber denen von vor zehn Jahren verändert. Heute wollten Senioren viel mehr mitmachen und mitbestimmen. Bei der Ausarbeitung eines neuen Programms sollte daher stärker auf partizipative Ansätze geachtet werden.
Ergebnisse
Am Ende der Debatte stimmte die Mehrheit der Abgeordneten dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD und FDP zu.