Seit dem 6. Juli 2021 ist Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger im Amt. In seinem ersten Interview mit dem Landtagsmagazin ZwischenRuf sprach er über seine neuen Aufgaben und die Ziele, die er in den kommenden Jahren erreichen will.
Dr. Schellenberger, wie haben sich die ersten Monate im Amt als Landtagspräsident angefühlt?
Sie haben sich gut angefühlt, interessant, anspruchsvoll und fordernd. In den ersten Monaten konnte ich viel und konstruktiv mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen sprechen. Den offenen Dialog schätze ich sehr, ist er doch gerade in der Anfangsphase einer neuen Legislaturperiode besonders wichtig, um eine grundsätzliche verlässliche Basis zu schaffen. Als Präsident aller im Landtag vertretenen Abgeordneten werde ich einen konstruktiven Austausch in meiner Amtszeit wertschätzend fortführen.
Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung habe ich mich in einem Rundgang, den ich in den ersten Tagen meiner Amtszeit sehr ausführlich unternommen habe, persönlich vorgestellt. Daran erinnere ich mich ausgesprochen gern. Ich fühlte mich herzlich willkommen geheißen. Es ist gut zu wissen, Chef eines gutaufgestellten Hauses werden zu können.
Die vielen Gespräche und ersten Eindrücke helfen mir, um auch meinen ganz eigenen Stil als Präsident des Hohen Hauses entwickeln zu können. Gut gerüstet fühle ich mich, da mir nach 14 Jahren als Mitglied des Landtags und fünf Jahren als Staatssekretär für Kultur die Legislative sowie Exekutive als Hoheitsgebiete unserer Verfassung vertraut sind. Ich habe gelernt, aus verschiedenen Perspektiven zu denken.
Was schätzen Sie, welche Herausforderungen in den nächsten Jahren auf Sie persönlich und auf das Parlament als Ganzes zukommen? In welchen Bereichen wollen Sie das Parlament voranbringen?
Ich meine, die Arbeit unseres Parlaments sollte noch stärker vermittelt werden. Es gilt, das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger dafür zu schärfen, dass der Landtag vor allem ein Ort des freien Ideenaustauschs in konstruktiver Diskussions- und auch Streitkultur um die besten Lösungen für das Leben der Menschen in Sachsen-Anhalt ist. Dabei agieren alle Abgeordneten immer auch als Vorbilder nach außen. Hierfür erwarte ich ein klares Bewusstsein der Abgeordneten für ihre positive Kultur des Gesprächs, der Auseinandersetzung sowie des gegenseitigen Umgangs geprägt von Respekt und Wertschätzung des Gegenübers. Denn die im Landtag gelebte Kultur strahlt nach außen. Ich wünsche mir dadurch und durch die bereits erwähnte Transparenz für die Arbeit des Landtags mehr Vertrauen, mehr Interesse und somit mehr echte Bürgerbeteiligung, die stärkere Wahlbeteiligung hervorruft. Dabei werden wir Gutes bewahren und Vertrauen in Veränderung zeigen.
Eine neue Person an der Spitze bietet ja immer auch Möglichkeiten, Dinge nochmal anders oder neu zu machen. Wie interpretieren Sie Ihre Rolle als Landtagspräsident?
Für die Rechte und Pflichten der Parlamentarier, die Arbeitsfähigkeit des Hohen Hauses und für sein Ansehen in der Öffentlichkeit will ich mit all meinen Kräften wirken. Die Menschen unseres Landes sollen die Rolle und die Arbeit der Parlamentarier der Koalition ebenso wie der Opposition transparenter erfahren. Das Ringen um die beste Lösung in einem freien Ideenaustausch als Teil des Demokratieprozesses, die Funktion der Gesetzgebung und die entscheidende Mitwirkung des Hohen Hauses bei den Staatsgeschäften sowie die Kontrolle der Regierung durch die Parlamentarier müssen durch mehr Transparenz und Offenheit kommuniziert werden. Das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Entscheidungen kann nur so gestärkt werden. Dafür trete ich an.
Die Gesellschaft scheint sich immer mehr zu spalten, teilweise stehen sich extreme politische Lager gegenüber (Klimaschutz, Asylpolitik, Corona). Welche Rolle kann der Landtag hier einnehmen, um eventuell zu vermitteln?
Mein Credo: ein wertschätzendes Miteinander vorleben. Offen für Vorschläge und Meinungen der Kolleginnen und Kollegen zu sein, egal ob innerhalb der Koalition oder gegenüber der Opposition. Ziel ist dabei immer, sich auf eine gute Lösung, gegebenenfalls auf einen fairen Kompromiss zu einigen, immer im Sinne der Zukunft und Stabilität unseres Landes.
Im Vergleich mit politischen Entscheidungen auf Bundes- und Kommunalebene spielen Landtage (leider) immer noch eine untergeordnete Rolle in der Interessenwelt vieler Bürgerinnen und Bürger. Wie können öffentliche Wahrnehmung und politische Wirksamkeit des Parlaments und seiner Akteurinnen und Akteure gestärkt werden?
Wir werden die Parlamentsarbeit in dieser Legislaturperiode sichtbarer machen, indem die Arbeit in der Herzkammer der Demokratie stärker im Land vermittelt werden wird. Wir werden den Menschen erklären, was wir wann und warum tun. Vieles stellen wir auf den Prüfstand und werden, wo nötig, Prozesse für dieses Ziel anpassen. Meine Hashtags in den sozialen Medien lauten #gibtSinn und #wirdgemacht – daran will ich mich halten.
Was machen Sie, wenn Sie mal nicht politisch unterwegs sind und Freizeit haben?
Dann verbringe ich die Zeit mit meiner Familie, besonders gern in der Natur und, wenn es geht, aktiv. Die Kulturschätze in unserem schönen Land liegen mir ganz persönlich und so auch in meiner arbeitsfreien Zeit am Herzen. Ich kann Ihnen die „6 Staunenswerten“, unser UNESCO-Welterbe, sehr empfehlen. Natürlich ist auch der Besuch des deutschen Stonehenge in Pömmelte lohnenswert.