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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Andreas Schmidt (SPD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Finanzministerium hat in diesen Tagen mitgeteilt, dass den Finanzämtern 177 500 Widersprüche gegen die Bescheide zu dem Grundsteuer-Messbetrag vorliegen. Davon sind etwa 21 000 Widersprüche bereits bearbeitet worden, ein Großteil noch nicht. 

Ich frage die Landesregierung, wann die Landesregierung mit der Abarbeitung dieser Widersprüche rechnet und welche Maßnahmen sie einleitet, damit das in einem verhältnismäßigen Zeitraum abgearbeitet wird. - Vielen Dank. 


Michael Richter (Minister der Finanzen): 

Meine Damen und Herren! Herr Schmidt, ich habe mir, wie ich das für jede Regierungsbefragung mache, die aktuellen Daten zuarbeiten lassen, weil ich davon ausgehe, dass das eine Frage ist, die sehr interessant ist und deshalb schon des Öfteren gestellt worden ist, und damit ich Ihnen keine falschen Daten nenne. 

Lassen Sie mich allgemein einige Bemerkungen im Vorfeld der Beantwortung dieser Frage machen. Sie alle wissen, der Einheitswert zum 1. Januar 1935 und der Einheitswert zum 1. Januar 1964 haben heute - darin sind wir uns, glaube ich, alle einig - keinen realen Wert mehr. Insoweit ist auch nachvollziehbar, dass das Bundesverfassungsgericht dies im Jahr 2019 kritisiert hat und uns aufgegeben hat, entsprechenden Änderungen vorzunehmen, und zwar bis zum Ende des Jahres 2024. Danach, wenn wir das nicht geschafft hätten, hätte man auch keine Grundsteuer mehr erheben dürfen. 

Wir, wie neun andere Länder, haben uns im Jahr 2021 für das Bundesmodell entschieden; das hing auch mit der Landtagswahl und der Frage der Programmierung zusammen. Sechs andere Länder haben sich für ein Flächenmodell entschieden, das allerdings auch in verschiedenen Varianten. Im Ergebnis - das muss ich so sagen - haben alle Modelle ihre Probleme und es werden auch alle Modelle beklagt. Insoweit müssen wir sehen, wie wir damit umgehen. 

Sie haben in der letzten Landtagssitzung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass noch nachjustiert werden kann, weil sich aufgrund der Echtdaten gezeigt hat, dass es Unterschiede zwischen gewerblich und privat genutzten Flächen gibt, und zwar mit der Folge, dass der Hebesatz unterschiedlich angewendet werden kann. Hierbei ging es darum, entsprechende Differenzen auszugleichen. 

Jetzt komme ich zu Ihrer Frage. Wir haben tatsächlich 177 500 Einsprüche vorliegen. 

Das ist eine Quote von rund 9,3 %. Von den Einsprüchen haben wir   Sie haben gesagt   21 500 erledigt.

Jetzt ist zu differenzieren: Es gibt Einsprüche   das ist der größte Teil  , die monieren, dass das Verfahren verfassungswidrig sei, die also diese Frage geklärt haben wollen. Dann gibt es eine weitaus geringere Anzahl   zu diesen gehören auch die 21 500 Einsprüche, die wir vorab bearbeiten  , die individueller Natur sind. Dabei geht es um falsche Wohnflächen oder weitere fehlerhafte Angaben, die möglicherweise von der Finanzverwaltung so verarbeitet worden sind.

Von diesen insgesamt 21 500 Einsprüchen ist in 14 100 Fällen Abhilfe geschaffen worden. In 3 200 Fällen gab es eine Einspruchsentscheidung; der Einspruch wurde abgewiesen. In 4 200 Fällen ist der Einspruch zurückgenommen worden.

Wir werden im Dezember allen Einspruchsführern eine Zwischennachricht erteilen und eine Reihe von Hinweisen geben. Das hängt mit dem Verfahrensstand zusammen. Denn wir haben im Land Sachsen-Anhalt 14 anhängige Klageverfahren. Ein Klageverfahren ist aufgrund einer Entscheidung des FG Köln dem BFH vorgelegt worden mit der Folge, dass wir jetzt die Möglichkeit haben, auf ein Musterverfahren zurückzugreifen. Das wiederum hat zur Folge   es gibt die Vorschrift des § 363 AO  , dass wir diese Verfahren ruhen lassen können, ohne dass wir uns noch einmal mit dem Einspruchsführer verständigen müssen.

Dazu muss ich allerdings auch sagen: Das führt nicht dazu, dass in diesen Fällen die Vollziehung ausgesetzt wird. Es muss gezahlt werden. Wenn man sich gegen die Vollziehung wendet, dann muss ein entsprechendes Verfahren eingeleitet werden.

Der BFH hat im Mai dieses Jahres in zwei Verfahren im Sinne des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden: Wenn der Unterschied zwischen dem von einem Sachverständigen ermittelten Wert und dem von der Finanzverwaltung ermittelten Wert mehr als 40 % beträgt, dann wird die Aussetzung der Vollziehung gewährt. - So viel zum Stand, den wir im Augenblick haben.

Wir sind derzeit dabei, mehrere Aufgaben parallel zu bearbeiten. Es gibt noch immer Steuerpflichtige, die ihren Antrag nicht eingereicht haben. In diesen Fällen wird der Wert geschätzt. Es wird im Augenblick, sage ich einmal, zunehmend geschätzt. Gleichzeitig verstärken wir die Einspruchsbearbeitung. Insgesamt versuchen wir, mit dem Personal, das wir haben und das wir auch verstärkt haben, nach und nach die Einsprüche abzuarbeiten und gleichzeitig die Schätzungen vorzunehmen.

Darüber hinaus gibt es immer wieder auch Nachfragen von den Kommunen, weil Zahlen bezweifelt werden. Ich nenne ein Beispiel. Wir hatten früher eine Nutzerbesteuerung, jetzt haben wir eine Eigentümerbesteuerung. Früher war es so, dass man bei 100 Garagen auch 100 Steuerpflichtige hatte. Heute ist es so: Wenn die Garagen einem Eigentümer gehören, ist das   e i n   Steuerpflichtiger. Dadurch gibt es Differenzen, die dann in den Kommunen geklärt werden müssen; denn oft heißt es: Die Fallzahl, die ihr nennt, stimmt mit unserer nicht überein. Das heißt, wir sind jetzt auch dabei, zumindest zu solchen Fragen durch ein Verfahren, das wir aufsetzen werden und das auch bundesweit abgestimmt wird, entsprechende Hinweise zu geben. Aber das wird erst im Jahr 2025 so weit sein.

Es ist also eine sehr komplexe Situation, mit der wir es zu tun haben. Wir versuchen, diese so konsequent und so schnell wie möglich abzuarbeiten. Aber ich kann schon jetzt sagen: Es wird immer wieder Fälle geben, bei denen wir nacharbeiten, nachjustieren müssen und schauen müssen, wie wir damit umzugehen haben.