Nicole Anger (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Armut konsequent bekämpfen - so lautete die Überschrift unseres Antrags vom Mai des vergangenen Jahres. Konsequent, liebe Mitglieder der Koalition, ist bei Ihnen in dieser Zeit nur das stetige Absetzen der Tagesordnungspunkte in den Ausschüssen gewesen.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Allein viermal wurde unser Antrag im Sozialausschuss von der Tagesordnung genommen. Dann legen Sie diese Beschlussempfehlung vor und betonen, dass Sie das Bürgergeld und die Kindergrundsicherung des Bundes abwarten wollen. Abwarten, meine Damen und Herren, können die Kinder und Jugendlichen, die in Armut aufwachsen, nicht mehr.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Seien Sie an dieser Stelle doch bitte ehrlich: Sie scheuen die Auseinandersetzung mit dem Thema.
Der Anteil der jungen Menschen, die in Armut aufwachsen und durch Armut gefährdet sind, ist in den letzten Jahren wieder gestiegen. Das Land Sachsen-Anhalt ist damit nach Bremen das Bundesland mit der höchsten Quote. Kinder, Jugendliche, junge Menschen sind die Verliererinnen in dieser Gesellschaft.
Mit Ihrer Beschlussempfehlung wird in diesem Land nichts dagegen und nichts gegen Armut getan. Es genügt eben nicht, sich einfach nur besorgt darüber zu zeigen, dass Armut Bildungschancen, soziale und kulturelle Teilhabe verringert und Mobilität einschränkt. Allein konsequentes Handeln und Gegensteuern können helfen.
Die Situation der vielen betroffenen Kinder und Jugendlichen muss verbessert werden und ihnen müssen wirklich faire Voraussetzungen für Chancengleichheit gewährt werden. Dazu muss man sich dieser Situation auch stellen. Ein Landesaktionsplan zur Armutsbekämpfung wäre an dieser Stelle ein erster wichtiger und richtiger Schritt gewesen.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Talentschulen hingegen sind, wie auch das Bundesprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“, nichts anderes als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn gesellschaftliche Teilhabe lässt sich nicht einfach aufholen, wenn man in Armut lebt. Armut beeinflusst das tägliche Leben, sie beeinflusst maßgeblich die Teilnahme an Freizeitgestaltung, an gesellschaftlicher Teilhabe.
Werte Koalition, auch wenn Sie dies abwarten wollen, sage ich Ihnen, es braucht jetzt dringend und schnellstens die Kindergrundsicherung.
(Beifall bei der LINKEN)
In der Jugend- und Familienministerkonferenz hat die Sozialministerin diesem Vorhaben zumindest bereits zugestimmt, wie auch fast alle anderen Bundesländer. Vom Bund hört man jedoch: Die Bundesregierung streitet über nicht nachvollziehbare Summen, anstatt über Inhalte und Ausgestaltung einer Kindergrundsicherung zu streiten. Im Streit über die Summen gehen die grundsätzlichen Fragen unter: Wie kann die Kindergrundsicherung tatsächlich Kinderarmut reduzieren? Was braucht es, damit die Kindergrundsicherung armutsfest ist?
(Guido Kosmehl, FDP: Das ist die richtige Frage!)
Zur Kindergrundsicherung in Ihrer Beschlussempfehlung kein einziges Wort.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Ich fordere Sie auf: Machen Sie wenigstens Druck beim Bund. Es braucht diese Kindergrundsicherung jetzt; denn die vielen Kinder und Jugendlichen haben keine Zeit, noch bis 2025 oder gar länger zu warten. Wir können Ihrer Beschlussempfehlung nicht zustimmen; denn diese wird für die Kinder und Jugendlichen in diesem Land, die von Armut betroffen sind, die in Armut aufwachsen müssen, nichts ändern.
(Beifall bei der LINKEN)