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Plenarsitzung

Transkript

Henriette Quade (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ein junger Mann wurde ermordet. Seine Familie, seine Freunde, seine Kolleginnen, alle, die ihm nahestanden, mussten mitansehen, wie er tödlich verletzt wurde; denn das Video der Tat wurde binnen Sekunden in den sozialen Netzwerken geladen. Ihm gelten unsere Anteilnahme, unser Mitgefühl und unsere Gedanken.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Der Anschlag von Mannheim muss nach allem, was bisher bekannt ist, als Akt islamistischen Terrors verstanden werden. Warum radikalisieren sich Menschen in dieser Gesellschaft bis hin zum Begehen ideologisch motivierter Gewalttaten? Wie lässt sich das verhindern?

(Zuruf von der AfD: Abschieben!)

Wie sehen wirksame Antworten auf gesellschaftliche Folgen einer digitalen Welt aus? - Online-Vernetzungen, Details zur Durchführung von Terrorakten jederzeit für jeden abrufbar, Desinformation und Demokratiefeindlichkeit in allen Facetten, die Möglichkeiten, sich zu organisieren, ohne dabei in einer physischen Gruppe sein zu müssen - all das sind Herausforderungen für Sicherheitsbehörden, vor allem aber für die Gesellschaft. 

Wie lassen sich Radikalisierung, Islamismus, Antisemitismus, die Ablehnung der demokratischen, freien und vielfältigen Gesellschaft auf der Einstellungsebene bekämpfen? - Antworten darauf liefert nicht die populistische Forderung nach Abschiebungen, sondern Antworten liefern die Radikalisierungsforschung, Erfahrungen der Sozial- und Präventionsarbeit und diejenigen, die von Islamismus und Rassismus unterschiedlichster Prägung zugleich betroffen sind, z. B. Kurdinnen und Kurden. Es wäre viel gewonnen, wenn sie mehr Gehör finden würden, statt jedes Jahr aufs Neue um die Fortexistenz ihrer Arbeit kämpfen zu müssen. 

(Zustimmung bei der Linken)

Außer Frage steht eigentlich, was mit dem Täter passieren soll. Wer will, dass sein Verbrechen mit aller Konsequenz geahndet wird, der muss das größte Interesse daran haben, dass dieses Strafverfahren hier geführt wird, und zwar nach rechtsstaatlichen Maßstäben. Die Forderung nach der Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan ist in höchstem Maße populistisch. 

(Zurufe von der AfD)

Eine Abschiebung würde diplomatische Beziehungen mit dem islamistischen Talibanregime voraussetzen, sie würde mit dem Legalitätsprinzip brechen, sie suggeriert besondere Härte, bedeutet faktisch aber Straffreiheit. Statt Verurteilung wäre dem Mörder Heldenverehrung sicher. Völkerrechtler Matthias Hartwig sagt dazu treffend: 

    „Der Staat hat einen Strafanspruch, und der sollte nicht durch die Abschiebung in ein Land ausgehebelt werden, in dem möglicherweise, wenn nicht sogar wahrscheinlich, eine Tat nicht strafrechtlich verfolgt wird.“

Meine Damen und Herren! Wer Islamismus und islamistische Terrorakte konsequent bekämpfen will, 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Der schiebt ab!)

der erreicht das Gegenteil, wenn er die Täter nach Afghanistan oder in andere Länder mit islamistischen Regimen abschiebt. 

(Beifall bei der Linken - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja, die sind doch Täter!)

Worum es der AfD mit diesem Antrag geht, macht nicht nur der Antragstext deutlich. Der Mord an Rouven L. wird als Anlass missbraucht, um das Dauerthema der extremen Rechten, nämlich das Agitieren gegen Zuwanderung und gegen Migrantinnen und Migranten, zu bedienen 

(Nadine Koppehel, AfD: Ach, hören Sie doch auf!)

und das Schlagwort, wegen dem im Januar Millionen Menschen zu Recht entsetzt auf die Straßen gingen, zu ventilieren. 

(Zuruf von der AfD: Hundert Millionen!)

Das zeigt auch Ihr Agieren in Mannheim selbst. Bei einer AfD-Kundgebung, bei der man vorgab, gedenken zu wollen, initiierten Ihre Akteure AfD-Sprechchöre und mit strahlendem Lächeln versuchte sich AfD-Politiker Frohnmaier als Anheizer der Stimmung. Sieht so Gedenken aus?

(Eva von Angern, Die Linke: Nein! - Zurufe von der AfD)

Wie immer geht es der extremen Rechten nicht um Anteilnahme oder tatsächliche Problembearbeitung, sondern um Instrumentalisierung, und das ist auch der grundlegende Unterschied zu anderen unangemessenen Reaktionen: Es sind politisches Programm und Strategie, die so verstanden werden müssen und auf die sich demokratische Akteurinnen und Akteure nicht einlassen dürfen. 

(Zustimmung bei der Linken und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Die Antwort der AfD auf Islamismus ist Rassismus. Beiden Ideologien ist Gewalt inhärent. Die Antwort von Demokratinnen und Demokraten muss in jeder Hinsicht der Rechtsstaat sein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der Linken und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Es gibt eine Frage von Herrn Kurze. Wollen Sie diese beantworten?

(Henriette Quade, Die Linke: Nein!)