Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich glaube, dass die Bilder von den verheerenden Erdbeben und auch von den Nachbeben in der Türkei und in Syrien mit mehr als 47 000 Toten uns alle zutiefst erschüttert haben. Wir wissen, dass viele Tausende noch vermisst werden und mehrere noch teils schwer Verletzte in den Krankenhäusern behandelt werden.
Die betroffenen Menschen in der Erdbebenregion benötigen dringend humanitäre Hilfe. Deutschland hat sofort nach dem Erdbeben, gemeinsam mit seinen europäischen und internationalen Partnern, reagiert und unter anderem bei der Bergung von Verschütteten geholfen sowie bereits eine Vielzahl von Hilfslieferungen auf den Weg gebracht. Die unmittelbare Hilfe vor Ort soll auch weiterhin Priorität haben. Darin sind sich der Bund und die Länder einig.
Für türkische Erdbebenopfer, die vorübergehend zu Verwandten nach Deutschland kommen wollen, hat der Bund ein Verfahren zur beschleunigten Erteilung von Kurzzeitvisa erarbeitet. Dieses beschleunigte Visaverfahren ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Die in Deutschland lebenden Verwandten müssen mit den Erdbebenopfern türkischer Staatsangehörigkeit im ersten oder zweiten Grad verwandt, also Eltern, Kinder, Großeltern, Enkelkinder oder Geschwister sein. Die in Deutschland lebenden Verwandten müssen ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland besitzen oder bereits deutsche Staatsangehörige sein.
Vor allem aber müssen die in Deutschland lebenden Verwandten eine Verpflichtungserklärung abgeben, wonach sie für die von ihnen eingeladenen Familienangehörigen sämtliche Kosten des Aufenthalts übernehmen. Diese Kostenübernahmeverpflichtung erstreckt sich auch auf sämtliche Kosten für die medizinische Behandlung oder auf Kosten, die im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit entstehen. Die Abgabe einer solchen Verpflichtungserklärung ist zwingende Voraussetzung für ein Kurzzeitvisum.
Demzufolge geht mit der Erteilung dieser Kurzzeitvisa keine Belastung der sozialen Sicherungssysteme einher; auch eine Unterbringungsverpflichtung von Ländern und Kommunen wird nicht begründet. Vielmehr geht es vorrangig dabei um eine prioritäre und damit schnellere Bearbeitung von Kurzzeitvisa.
Syrische Staatsangehörige müssen übrigens weiterhin ein reguläres Visumsverfahren durchlaufen. Für sie erfolgt teilweise eine Aufstockung der Antragstermine in den jeweiligen Auslandsvertretungen.
Abschließend sei festzuhalten: Es handelt sich bei den Visaerleichterungen für Erdbebenopfer nicht um eine humanitäre Aufnahmeaktion. Daher besteht überhaupt kein Zusammenhang zum Bundesaufnahmeprogramm. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)