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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 25

Beratung

Nachhaltigkeitsstrategie umsetzen und Ökolandbau stärken

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/1705

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/1748


Einbringerin für die Antragstellerin ist Frau Frederking. Frau Frederking hat nun die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. - Bitte, Sie haben das Wort.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Abgeordnete! Per Pressemitteilung verkündete die Landesregierung am 20. September 2022 ihre aktualisierte Nachhaltigkeitsstrategie mit einem Zeithorizont bis zum Jahr 2030. In dieser Strategie heißt es: Der Anteil der ökologischen Landwirtschaft an der landwirtschaftlichen Nutzfläche soll von aktuell 9,4 % auf 20 % erhöht werden. Dieses Vorhaben begrüßen wir ausdrücklich und wir erwarten nun, dass die Landesregierung das auch mit Nachdruck umsetzt.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Der Ökolandbau arbeitet nach den Vorgaben der EU-Ökoverordnung ohne chemisch-synthetischen Dünger, fast ohne chemische Pflanzenschutzmittel und mit tiergerechteren Bedingungen. Der Ökolandbau und die agrarökologischen Maßnahmen der konventionellen Landwirtschaft, wie z. B. möglichst viele Fruchtarten oder der Schutz der Gewässerrandstreifen, werden helfen, die Ökosysteme wieder besser in Balance zu bringen.

Stabile Ökosysteme, wie fruchtbare Böden und Bestäubungsleistungen durch Insekten sowie, ganz wichtiges Thema, die Wasserverfügbarkeit   dazu haben wir gestern und heute sehr viel gesprochen  , all das zusammen ist das Fundament für eine widerstandsfähige und ertragsstarke Landwirtschaft. Nur wenn wir das haben, werden auch die Ernten von morgen gesichert.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich nicht möchte, dass der Ökolandbau und die konventionelle Landwirtschaft, wie in den letzten Debatten zu diesem Thema, gegeneinander ausgespielt werden. Denn das wäre nicht fair. Alle in der Landwirtschaft arbeiten hart, arbeiten jeden Tag hart,

(Kerstin Eisenreich, DIE LINKE: Genau!)

damit wir etwas Gutes zu essen auf dem Tisch haben.

(Zustimmung von Wolfgang Aldag, GRÜNE, von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Kerstin Eisenreich, DIE LINKE - Elrid Pasbrig, SPD: Genau!)

Die Landesregierung spricht in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie davon, dass der ökologische Landbau durch seine umweltschonende, an die Naturfunktionen angepasste und nachhaltige Wirtschaftsweise einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Erhaltung der Kulturlandschaft leistet.

Eine Verdopplung der Ökolandbaufläche ist ein gutes und sinnvolles Ziel. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, ihren Bekundungen auch Taten folgen zu lassen. Sie und die Koalitionsfraktionen müssen nun Fördermaßnahmen einleiten, damit 20 % Ökolandbau in Sachsen-Anhalt bis 2030 auch wirklich erreicht werden. Das bedeutet eine durchschnittliche jährliche Flächenzunahme von mindestens 12 000 ha.

Ein ganz entscheidender Hebel für die Umstellungsbetriebe wird dabei sicher eine betriebswirtschaftlich angemessene Ökoprämie sein. Die Ökoprämie zielt darauf, wirtschaftliche Nachteile aufgrund von geringeren Erträgen sowieso eines anderen Bewirtschaftungsaufwandes im Vergleich zum konventionellen Anbau auszugleichen. Auch die bestehenden Biobetriebe dürfen nicht wegbrechen. Deshalb brauchen Sie ebenso eine tragfähige Ökoprämie in gleicher Höhe. Die Ökoverbände sehen diese bei mindestens 240 € pro Hektar und Jahr für Acker- und Grünland. Zum Vergleich: Zurzeit werden 270 € gewährt.

An dieser Stelle möchte ich anerkennen, dass die Landesregierung einem der Vorschläge aus unserem Antrag vom Januar 2022 gefolgt ist und nicht verbrauchte ELER-Mittel der jetzt zu Ende gehenden Förderperiode für den Ökolandbau umgewidmet hat. Mit diesen sogenannten Rücklaufmitteln oder Restmitteln wird die höhere Ökoprämie von 270 € pro Hektar für die Bewirtschaftung im ökologischen Landbau für die Jahre 2023 und 2024 fortgeführt. Das ist auch unbedingt nötig; denn mit der neuen Förderperiode ab 2023 wird die Flächenprämie für alle Betriebsformen drastisch sinken.

Selbst bei Inanspruchnahme von Prämien für die sogenannten Ökoregelungen, die Eco-Schemes, wird immer noch ein Verlust da sein. Der Verlust für einen durchschnittlichen Bio-Betrieb mit 150 ha kann durchaus 8 000 € pro Jahr betragen.

(Guido Kosmehl, FDP: Was? Verlust?)

- Ja, die haben weniger, die haben dann also einen Verlust.

(Guido Kosmehl, FDP: Wie? Die bekommen weniger Förderung?)

- Genau. Die bekommen weniger Förderung.

Noch ein Thema, das wir in diesen beiden Sitzungstagen rauf und runter diskutiert haben, ist natürlich die Frage der gestiegenen Energiepreise. Die Auswirkungen des Ukrainekrieges, unter anderem mit den exorbitant gestiegenen Energiepreisen, erfassen auch die Landwirtschaft.

Trotz all dieser Schwierigkeiten bleibt die Herausforderung für die gesamte Landwirtschaft   das möchte ich betonen: auch für die konventionelle Landwirtschaft  , sich einer stärkeren Ökologisierung zu stellen mit Maßnahmen wie z. B. mehr Hecken, kleinere Schläge, Humusaufbau, Mistausbringung, vielfältige Fruchtarten mit Eiweißpflanzen, Tiere auf der Weide oder das Thema, das wir letztens auch im Ausschuss hatten, Kurzumtriebsplantagen, Agroforst. Diese Maßnahmen werden zum Selbstschutz der Landwirtschaft, die besonders unter der Klimaschutzkatastrophe leidet, immer dringlicher.

Der Ökolandbau geht schon ganz konsequent in diese Richtung. Deshalb bitte ich Sie, Herr Minister Schulze, nehmen Sie die Aufgabe an und organisieren Sie 20 % Ökolandbau. Zur Finanzierung hatten wir in unserem Antrag aus dem Januar in der Drs. 8/637 Vorschläge unterbreitet. Die möchte ich jetzt nicht im Einzelnen wiederholen. Wichtig erscheint uns, dass im nächsten Entwurf des Landeshaushaltes die entsprechenden Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen werden, damit eine ausreichende Ökoprämie sowohl für die Flächenumstellungen als auch für die Beibehaltung der bestehenden Biobetriebe zur Verfügung steht.

Alle weiteren Maßnahmen, die die Landesregierung bzw. Sie, Herr Minister Schulze, darüber hinaus ergreifen wollen, um den Ökolandbau zu stärken, sind natürlich willkommen.

Wenn wir uns mit Ökolandbau beschäftigen, dann darf der Blick auf den Absatz seiner Produkte nicht fehlen. Auch hierbei haben der Ukrainekrieg und die durch ihn maßgeblich verursachte hohe Inflation dazu beigetragen, dass die teuren Bioprodukte zurzeit weniger gekauft werden und es eine Verlagerung von Bioläden zu Discountern gibt, und zwar beim Einkauf von Bioprodukten. Bioprodukte werden weiterhin eingekauft, aber eben günstiger.

An dieser Stelle auch noch eine ganz wichtige Feststellung, weil das im Alternativantrag der Koalitionsfraktionen anders dargestellt wurde: Bio gewinnt an Marktanteilen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Marco Tullner, CDU: Der Biomarkt in Halle hat zugemacht!)

Es werden immer mehr Bioprodukte nachgefragt. Das ist auch in Sachsen-Anhalt so.

(Marco Tullner, CDU: Der Biomarkt in Halle hat zugemacht!)

Der Lebensmitteleinzelhandel hat auch reagiert; er hat die Preise für Bioprodukte heruntergesetzt, sodass bei den Erzeugern weniger ankommt. Das ist natürlich sehr misslich.

Allerdings ist Regionalität auch weiterhin ein wichtiges Kriterium beim Einkauf. Die Versorgung mit Lebensmitteln aus der Region, die in der Region verarbeitet werden, und die Direktvermarktung sollten deshalb gestärkt werden. Regionale Biowertschöpfungsketten können die Entwicklung und die Ausweitung des ökologischen Landbaus unterstützen.

Einer der Absatzmotoren für Biolebensmittel kann die Gemeinschaftsverpflegung sein. Die öffentliche Hand sollte an dieser Stelle Vorbild sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Jahreswechsel waren Sie, Herr Landwirtschaftsminister Schulze, deutlich verhalten gegenüber dem Ökolandbau und wollten keine wesentlichen Flächenausweitungen. Dass sich diese Position geändert hat und die Landesregierung das 20 %-Ziel bis 2030 herausgegeben hat, ist erfreulich.

Die Landesregierung muss sich nun ihrer Unterstützungsaufgabe stellen, so sind wir auf die konkreten Schritte und auf den Zeitplan der Landesregierung gespannt.   Vielen Dank.