Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich muss zu Beginn meiner Ausführungen erst einmal ein bisschen sortieren.
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Wir, die Gesamtheit der Länder und der Bund, haben beschlossen, dass wir je 1,5 Milliarden € für die Defizitfinanzierung, die der VDV damals berechnet hat, bezahlen, insgesamt also 3 Milliarden €.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)
Darüber hinaus kam dann vom VDV der Hinweis, dass es für die Anlaufphase zusätzliches Geld geben müsste; denn da gäbe es mehr Kosten, höhere Belastungen; die Mittel müssten zur Verfügung gestellt werden. Das haben der Bund und die Länder auch noch zugesagt.
Jetzt ist die Aussage, dass es im Jahr 2023, im Jahr der Einführung, keine zusätzlichen Mittel braucht, warum auch immer. Das kann ich nicht nachvollziehen, genauso wenig wie Sie. Wir haben ja letztens auch zusammen beim parlamentarischen Abend gesessen.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Weil es später kam!)
Jetzt kommt allerdings die Aussage, dass man das Geld im Jahr 2024 brauchen würde. Das kann so sein. Ich sage mal ganz offen: Kein Verkehrsminister, nicht im Bund und auch in keinem der Bundesländer, kann Ihnen aber jetzt sagen, ob das wirklich so sein wird. Denn das hängt von einer ganzen Menge an Parametern ab, nämlich davon, wie viele Menschen welche Tickets kaufen, wie viele Menschen mit dem Zug oder mit dem Bus fahren, ob man zusätzliche Fahrzeuge braucht oder ob diejenigen, die jetzt fahren, einfach einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften, indem mehr Menschen einen Zug benutzen. Es geht auch darum, welche Tickets diese Menschen vorher hatten.
Deshalb ist es tatsächlich aktuell absolutes Kaffeesatzlesen zu sagen, irgendwas wird teurer, irgendwas wird soundso viel kosten. Das bedeutet für mich aber ganz klar: Weil das keiner kann, brauchen wir eine verlässliche Finanzierung für dieses Ticket über ein bis zwei Jahre hinweg. Im Alternativantrag steht „zwei Jahre“; das würde bedeuten, mindestens bis Ende 2024, gern auch ein Stückchen darüber hinaus.
Deshalb stehe ich auch ganz eindeutig dazu, wie alle Verkehrsminister der Bundesländer, dass wir dieses Ticket, da es eingeführt worden ist und da ich auch ein Stück weit Verlässlichkeit für die Menschen brauche, über das Jahr hinweg geführt wird, und dass wir es dann auswerten - für das Jahr 2025 ist eine Evaluierung vorgesehen - und schauen, ob es passt.
(Zustimmung bei der FDP - Guido Kosmehl, FDP: Richtig!)
Alles andere macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Denn ich muss eine entsprechende Solidität an den Tag legen und dafür sorgen.
Jetzt zu einem anderen Punkt, der mich wirklich umtreibt. Ich habe das gestern auch meinen Kolleginnen und Kollegen gesagt. Woher kommt denn jetzt eigentlich die Diskussion, dass irgendetwas unsicher sei?
(Guido Kosmehl, FDP: Die GRÜNEN!)
Ich habe Folgendes festgestellt: Ich erzähle jetzt den Unternehmen bei uns im Land immer, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass dieses Ticket beendet wird, weil es politisch und fachlich völliger Unfug wäre. Natürlich gehe ich davon aus, dass dieser Zeitraum, den wir den Unternehmen signalisiert haben, entsprechend finanziert wird.
Aber es gibt Kräfte, die ganz offensichtlich große Freude daran haben, immer wieder zu erzählen, das müsse noch einmal klargemacht werden, es müsste jetzt ein Bundesminister, der übrigens genau wie wir im Haushaltsaufstellungsverfahren steht - wir wissen alle, mit welcher Sicherheit wir dann irgendwelche Zahlen nennen können , sagen, dass er dies wolle.
Dieser Bundesminister - jeder hier im Raum weiß, dass ich diesem Ticket nicht gerade mit Freudengesängen hinterhergehüpft bin - hat das Ticket auf den Weg gebracht.
(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)
Und er erzählt jetzt seit einem Jahr, wie wichtig dieses Ticket ist. Ich finde es völlig absurd, ständig, jeden Morgen rituell zu fordern, er solle mal erklären, dass er das Ticket wolle. Was ist eigentlich der Sinn des Ganzen? Die Verkehrsunternehmen unsicher zu machen? - Das unterstelle ich Ihnen nicht, Frau Lüddemann, aber das ist das Ergebnis.
Ich habe mir interessanterweise aus Hessen und aus Nordrhein-Westfalen große Sorgen anhören dürfen. Da frage ich doch - die haben auch Landesverkehrsminister , warum die ihren Unternehmen nicht einmal eine klare Antwort geben und schlicht und ergreifend sagen, dass wir als Länderminister alles tun, damit das funktioniert, und natürlich intensiv mit dem Bund diskutieren werden.
(Zustimmung bei der FDP, von Rüdiger Erben, SPD, und von Dr. Katja Pähle, SPD)
Deshalb glaube ich, dass uns bei dem Thema ein bisschen mehr Gelassenheit guttun würde. Wir haben jetzt eine Sonderkonferenz der Verkehrsminister gehabt, gestern und heute hat eine VMK stattgefunden. Heute ist auch noch einmal ein Beschluss zum Thema Deutschlandticket gefasst worden.
Deshalb glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind. Ich finde, wir alle zusammen sollten weder die Menschen noch die Unternehmen weiter bösgläubig und unruhig machen, sondern einfach einmal eine klare Haltung zeigen. Ich bin mir sicher, dass es das Ticket auch über das Jahr 2024 hinweg geben wird. - Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Jetzt gibt es noch mehrere Fragen. - Herr Heuer stellt die erste Frage.
Guido Heuer (CDU):
Danke, Herr Präsident. - Werte Frau Ministerin, wir sind gar nicht so weit auseinander. Eine Frage ist ja, wie sichern wir unsere Verkehrsbetriebe und Verkehrsverbünde ab, z. B. Marego bei uns. Wie ist der Stand der Diskussion und wann ist in dem Bereich der Verteilung der Einnahmen aus dem Deutschlandticket mit einem System zu rechnen?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Herr Abg. Heuer, das ist tatsächlich ein Punkt, den ich gerade thematisiert habe. Wir haben vor, im Jahr 2025 eine Evaluierung durchzuführen. Ich habe, glaube ich, auch im Ausschuss schon gesagt, dass die Aufgabe, die für mich persönlich die größte Herausforderung ist - der müssen wir uns im kommenden Jahr stellen , die Frage der Binnenverteilung ist.
Wie viel bekommt z. B. Berlin aus diesem Topf, wo es einen hohen Anteil, eine hohe Auslastung und einen Zweiminutentakt gibt? Wie viel bekommt ein Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt, die bei allem Respekt sehr hohe Vorhaltekosten haben, weil sie nicht in allen Ecken Mengen von Menschen haben, die unbedingt Bahn und Bus fahren wollen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Deshalb ist das für mich die Herausforderung. Ich hoffe dabei insgesamt auf Unterstützung von Landtagen der ländlichen Bundesländer, damit wir hier anders als mit dem Kieler Schlüssel ein deutlich stärkeres Prä bekommen für den ländlichen Raum, für die Vorhaltekosten, und dass die großen Städte, die urbanen Bereiche schon auch einmal schauen müssen, ob sie das eine oder andere nicht auch wirtschaftlicher darstellen können.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Bevor die nächste Frage von Frau Lüddemann gestellt wird, will ich nur kurz auf eines hinweisen, damit bei unseren Besuchern kein falscher Eindruck entsteht: Wir haben nicht in das Präsidialprinzip gewechselt. Die Regierung besteht immer noch aus mehreren Mitgliedern, sie sind nur halt alle gerade nicht da. Wir können zumindest konstatieren, dass die anwesenden Mitglieder der Landesregierung gerade eine 100-prozentige Frauenquote repräsentieren.
(Lachen und Zustimmung bei allen Fraktionen)
Falls das jemand hört, wäre der eine oder andere Vertreter der Landesregierung aufgefordert, sich hier einmal blicken zu lassen.
(Beifall bei allen Fraktionen)
Frau Lüddemann hat das Wort.
(Zuruf von der CDU - Sebastian Striegel, GRÜNE: Mit der Regierungsmehrheit schon!)
Cornelia Lüddemann (GRÜNE):
Sehr geehrte Verkehrsministerin, vermutlich werden wir an der Stelle schon aus parteipolitischen Gründen nicht auf einen Nenner kommen. Ich höre von meinen grünen Verkehrsministerkolleginnen und -kollegen, dass es einfach sinnvoll wäre, ein klares Signal zu bekommen. Sagen Sie es mir, wenn wir das an irgendeiner Stelle übersehen haben; nicht nur, dass das Deutschlandticket bleibt, sondern auch, dass die Finanzierung gesichert ist.
Wenn Sie sich so sicher sind, dass das alles klar ist, dann erklären Sie mir doch bitte den Punkt 2 des Alternativantrages; denn darin wird die Landesregierung gebeten, zur finanziellen Absicherung des Deutschlandtickets ab dem Jahr 2024 den erforderlichen Beitrag des Landes inklusive der zugesagten Nachschubpflicht abzusichern.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Ja, genau. Auch ich habe aktuell - wir sind in den Haushaltsberatungen; wenn Sie mal in den Haushalt hineinschauen
Cornelia Lüddemann (GRÜNE):
Und vom Bund auch.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Ja, natürlich fordern
Vizepräsident Wulf Gallert:
Ich habe Ihnen jetzt eine lange Leine gelassen. Aber es gibt eine Frage und eine Antwort und keine Zwiegespräche. Ich erteile hier das Wort und bitte um Disziplin. - Bitte.
(Zuruf von Marco Tullner, CDU)
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Der Alternativantrag sagt auch „zwei Jahre“. Wenn wir einmal rechnen, dann landen wir im Jahr 2025. Wir müssen natürlich das als Landesregierung - so habe ich das verstanden - das auch noch mal - der Haushaltsgesetzgeber beschließt das - entsprechend darstellen. Wenn Sie in den Haushaltsplanentwurf schauen, den wir dem Landtag vorgelegt haben, dann sehen Sie, dass dieser Betrag noch nicht darin steht.
Und ja, natürlich hat der Landtag das gute Recht, nach der ganzen Diskussion, die es gegeben hat, in Richtung Bundesregierung noch einmal eine entsprechende Formulierung zu senden. Ich muss nur sagen, aus der Mitte dieses Landtages, aus der Mitte dieser Regierungskoalition ist die Initiative zu dieser Diskussion nicht gekommen. Die kam aus anderen Bundesländern.
Ich muss ganz offen sagen: Ich finde das echt befremdlich. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kollegen hier einfach ein bisschen mehr Gelassenheit gezeigt und gesagt hätten: Das ist das, was wir vereinbart haben, und dabei bleiben wir.
Ich schärfe es jetzt noch ein bisschen an: Wenn jetzt irgendeine Kommune, parteipolitisch unabhängig, z. B. in Bayern, im Großraum München sagt, das ist zu unsicher, das ist viel zu viel Geld, das Risiko ist zu hoch, ich steige aus, dann bekommen wir einen Flächenbrand. Deshalb ist jeder Landesminister, glaube ich, gut beraten, noch einmal deutlich zu sagen, was wir vereinbart haben, noch einmal darauf hinzuweisen und wirklich mit Ruhe zu schauen, dass die Unternehmen auch drankommen.
Wir haben noch genügend andere Aufgaben zu erfüllen, z. B. das Thema Tarifgenehmigung etc., bei dem wir noch mit einer Übergangslösung arbeiten. Da haben wir schon noch Arbeit vor uns und die sollten wir einfach angehen, statt jedes Mal rituell immer die gleiche Frage zu diskutieren und immer wieder die gleiche Frage zu stellen, die x-mal beantwortet worden ist.
(Zustimmung bei der FDP und von Guido Heuer, CDU)