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Plenarsitzung

Transkript

Rüdiger Erben (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist leider ein Fakt, dass in den sozialen Medien einige Menschen alle Hemmungen verlieren. Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen der übelsten Sorte werden auf Facebook und Co. mit einer Selbstverständlichkeit geäußert, die im realen Leben undenkbar wäre.

Wenn es nur bei Worten bliebe, wäre das vielleicht nur halb so schlimm. Aber die daraus folgenden Wirkungen sollten wir nicht unterschätzen. Es fängt damit an, dass Betroffene verunsichert werden und sich aufgrund der Hassbotschaften nicht mehr trauen, in die Öffentlichkeit zu treten. Es endet leider auch mit viel Schlimmerem, nämlich damit, dass einige Menschen die Hassbotschaften im Netz zum Anlass nehmen, in der analogen Welt Gewalt anzuwenden. Wir kennen es vom Mord an Walter Lübcke, wir kennen es im Zusammenhang mit dem Anschlag von Halle und wir kennen den Fall des Tankstellenmordes in Idar-Oberstein durch einen Querdenker.

Es muss daher klargemacht werden, dass Hass und Hetze auch in der digitalen Welt strafbar sind und verfolgt werden. Die jüngste Presseberichterstattung zeigt aber in Deutschland und speziell auch in unserem Bundesland bedauerlicherweise das eine oder andere Defizit.

Die Intention des vorliegenden Antrags ist daher durchaus zu begrüßen. Das Kernproblem liegt allerdings nicht im Desinteresse einzelner Polizeibeamter oder Staatsanwälte an der Befassung mit diesem Thema. Es fängt schon mit einem wenig standardisierten Verfahren an. Anders gesagt: Bei einer analogen Straftat ist der Weg von der Anzeigenaufnahme über die Ermittlung bis hin zu einem eventuellen Gerichtsurteil für die beteiligten Behörden völlig klar.

Wie aber bspw. der Autor eines Hasspostings ermittelt werden soll, dafür gibt es von Land zu Land, und, ich vermute einmal, sogar von Strafverfolgungsbehörde zu Strafverfolgungsbehörde sehr unterschiedliche Wege. Der bereits erwähnte Beitrag aus dem ZDF-Magazin Royal hat das sicherlich auch schmerzhaft deutlich gemacht.

Ich halte aus diesem Grund auch das Aufziehen einer eigenen, landesweiten Strategie, wie im Antrag vorgeschlagen, für nicht ausreichend. Wenn bspw. jemand in Magdeburg einen Hasskommentar auf Telegram anzeigt, der von einer Person in Koblenz verfasst wird und sich auf einen Kommunalpolitiker aus Flensburg bezieht, dann nützt eine landeseigene Strategie sehr wenig.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Richtig!)

Vorrangig braucht es deswegen vor allem auch eine Koordination zwischen allen 16 Bundesländern, um den Anforderungen solcher Strafverfahren gerecht zu werden. Jeder Polizist, jeder Staatsanwalt im ganzen Bundesgebiet muss wissen, was bei der Verfolgung von Hass im Netz zu tun ist.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)

Die Bekämpfung kann und soll aber nicht allein Aufgabe der Behörden sein. Das lässt sich angesichts der Vielzahl von Plattformen und Benutzern selbst mit den bestmöglichen Ausstattungen realistischerweise nicht umsetzen. Die Betreiber sind also genauso in der Pflicht. Wer im Internet eine Möglichkeit zur öffentlichen Diskussion anmeldet, der muss auch durchsetzen, dass diese unter zivilen Gewohnheiten einer pluralistischen Demokratie abläuft. Deswegen sollten wir auch prüfen, ob Messengerdienste oder Spieleplattformen künftig vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz erfasst werden sollen. Wenn die Spielregeln klar und eindeutig von den Betreibern durchgesetzt werden, erliegen höchstwahrscheinlich weniger Menschen der Versuchung, ihren Hass im Netz auszuleben.

Ebenso muss es für Behörden die Möglichkeit geben - Frau Ministerin hat es eben angesprochen  , bei Straftaten im Netz die reale Persönlichkeit hinter dem Nutzerprofil leichter ausfindig zu machen. Das bedeutet aber eine Abwägung in der Frage: Entweder maximaler Datenschutz oder effektiver Schutz der Betroffenen von Hass im Netz?

Beides zusammen   das muss auch jedem klar sein   werden wir nicht bekommen. Für mich ist klar, wer Hassbotschaften verbreitet, verfassungswidrige Symbole in öffentlichen Gruppen teilt oder auf sonstige Art und Weise den Rahmen eines fairen demokratischen Austauschs verletzt, der darf sich nicht hinter der Anonymität im Netz verstecken können.

Es ist sinnvoll, wenn wir den Antrag der GRÜNEN überweisen und uns im Ausschuss weiter dazu austauschen. Ich beantrage die Überweisung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres und Sport.   Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)