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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seitens der Landesregierung halten wir den Antrag der Regierungsfraktionen für außerordentlich hilfreich in beiden Teilen. Die Alternativanträge, die wir von den Oppositionsfraktionen vorliegen haben, zeigen, dass Sie mit dem Antrag offensichtlich ein wichtiges Thema aufgegriffen haben, was im Moment die Menschen, nicht nur in unserem Bundesland, umtreibt.

Wir haben mit dem Antrag zwei unterschiedliche Themen fokussiert. Sie haben auf der einen Seite noch einmal bekräftigt, dass Sie eine Evaluierung des Azubi-Tickets haben wollen. Das werden wir zeitnah machen. Wir müssen es auch zeitnah machen, weil wir bis Ende Mai fertig sein müssen. Denn ab Juni soll dann auch das 9-€-Ticket des Bundes greifen. Darum wird es schwierig, dabei noch etwas zu evaluieren, was das Azubi-Ticket betrifft. Deshalb haben wir eine entsprechende Eilbedürftigkeit.

Was werden wir uns dabei anschauen? - Wir werden natürlich prüfen, was die Azubis von dem Ticket halten, wie sie z. B. den Preis und das Angebot bewerten. Wir werden uns aber auch das anschauen, was man üblicherweise die Abstimmung mit den Füßen nennt. Denn das, was ein Mensch sagt, was er gut oder richtig gut findet, ist immer das eine. Häufig macht es auch Sinn, das praktische Handeln mit zu vergleichen.

Wir werden uns deshalb auch ansehen, wo denn die Azubi-Tickets gekauft werden, ob es etwa ähnlich ist, wie in Thüringen, wo es tatsächlich nur die drei großen Oberzentren waren, oder ob wir ein Angebot haben, das auch im ländlichen Raum für Auszubildende attraktiv ist.

Daraus wollen wir dann entsprechend mit Ihnen Ableitungen treffen, um zu schauen, ob das Design dieses Azubi-Tickets auch passend ist oder ob wir Änderungen vornehmen müssen. Was uns aber alle, glaube ich, eint, ist in dem Fall, dass wir gerade für junge Menschen Mobilität sichern wollen.

Den gleichen Überlegungen folgt auch das 365-Tage-Ticket. Ich werbe auch noch einmal hier für diesen Namen. Denn zumindest die Damen und Herren aus dem Dessauer Raum kennen dort das Umweltticket, das Umweltjahresticket. Das ist etwas preiswerter.

Nein, ich kann die Sorge jetzt im Augenblick erst einmal nehmen. Wir haben nicht vor, Verkehrsbetrieben, die ein noch preiswerteres Ticket gefunden haben, weil es für sie wirtschaftlich ist, jetzt zu nötigen, dann 365 € im Jahr dafür zu nehmen. Um Gottes willen, wenn die das wirtschaftlich darstellen können, dann begrüßen wir das sehr und hoffen, dass wir auch das eine oder andere aus der Erfahrung schon ableiten können, die in Dessau gemacht wurden.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Dann hat sich eine Frage schon erledigt!)

Jetzt wissen wir natürlich, dass Dessau   das könnte jetzt als Frage kommen   nicht ganz so geeignet ist als Modell. Sonst hätte man sagen können, wir verzichten auf das Modell insgesamt und schauen uns einfach an, was in Dessau stattfindet. Aber ich glaube, in Dessau leben ganz viele dynamische, gesunde Menschen, die noch lieber Fahrrad fahren als Straßenbahn,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Gewagte These!)

weshalb wir dort diese entsprechende Information haben.

Auch bei dem 365-Tage-Ticket ist es so, dass wir im Koalitionsvertrag und auch in diesem Antrag vorliegend vorhaben, das nicht sofort über das ganze Land auszurollen. Sondern wir wollen im Zuge eines Modellprojektes zunächst einiges an Erfahrungen sammeln. Es gibt aktuell in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt, aber auch an anderen Stellen, entsprechende Modellprojekte, sodass wir tatsächlich nicht nur unser eigenes Modell hinterher zur Auswertung aufbereiten können, sondern auch noch andere Regionen hinzuziehen können.

Denn auch hier ist es unser Ziel, einfach mal zu schauen, wie die Menschen so etwas annehmen, das auch forschungsseitig zu begleiten, damit wir Ihnen hinterher wirklich auch eine zielgerechte Empfehlung abgeben können, wie wir hier weiter agieren. Deshalb auch zwei Modelle, eines davon in der Stadt. Denn dafür brauchen wir vorher keine Forschung zu machen. Dass es in der Stadt einfacher ist, ÖPNV zu nutzen, wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Und dann werden wir ein Modell im ländlichen Raum nehmen, weil wir dort noch ganz andere Herausforderungen haben, nämlich die Frage, wie kann ich überhaupt einen ÖPNV anbieten, den die Menschen auch annehmen.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht? Ich bin jemand, der maximal zehn Minuten auf ein Fahrzeug wartet. Wenn sich die zehn Minuten zu einer Stunde auswachsen oder ich meine gesamte Tagesplanung danach richtigen müsste, dass da mal so ein Bus fährt, dann ist meine Begeisterung, das zu nutzen, extrem gering. Und ich glaube, das ist bei den meisten auch so.

(Frank Bommersbach, CDU: Bei uns fährt der Bus dreimal am Tag!)

Diese Ableitung wollen wir dann gemeinsam mit Ihnen treffen, sodass wir dann wahrscheinlich für das Jahr 2023 erst einmal in das Modell gehen und anschließend wissen, wie wir zukünftig mit dem ÖPNV hier im Bundesland sachgerecht umgehen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Ministerin, auch hierzu gibt es eine Nachfrage, und zwar wieder von Herrn Henke. Und die kann er jetzt stellen.

 

Guido Henke (DIE LINKE):

Ihr Lächeln ermutigt mich, zu fragen. Frau Ministerin, Sie erwähnten eben das 9-€-Ticket. Zwei Verständnisfragen dazu: Der Finanzausschuss des Bundestages wird sich erst Mitte Mai dazu äußern und die verbindlichen Festlegungen treffen, wie die Finanzierung erfolgt. Halten Sie uns landesseitig darauf ausreichend vorbereitet, dass wir das wirklich erfolgreich zum 1. Juni umsetzen können? Denn es ist ja nur für 90 Tage geplant.

Und meine zweite Verständnisfrage: Was ist jetzt der Untersuchungszeitraum? Denn während der Sommerferien mit einem 9-€-Ticket macht es keinen Sinn, etwas anderes zu untersuchen. Was soll der Untersuchungszeitraum sein? Das wäre noch einmal ganz wichtig.

Und drittens, weil Sie so freundlich lächeln: Können Sie sich vorstellen, dass dieser 90-Tage-Zeitraum, dass ein 9-€-Ticket vielleicht auch verlängert werden könnte, wenn der Bund mitspielt? - Danke.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben das Wort.


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Ja, Herr Henke, ich kann mir immer sehr viel vorstellen. Aber ich glaube nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland hingeht, um uns als Bürgern in der Zukunft für 9 € deutschlandweit ein Ticket spendiert, und zwar jeden Monat.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Lebenslang! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Chip eingravieren!)

Ganz offen: Ich glaube nicht, dass das gut ist; denn es gibt schon immer noch einen Punkt, den man im Auge behalten muss. Mit öffentlichen Leistungen, die angeboten werden und bei denen man eigentlich überhaupt keinen nachvollziehbaren Grund mehr hat nachzufragen, ob es angemessen ist, ob es passt, haben wir alle die Erfahrung gemacht, dass es im Laufe der Zeit kein gutes Angebot wird.

Ich glaube, eine ein bisschen steuernde Wirkung, dadurch, dass wir als Kunden auch einen Preis bezahlen, der uns das wert oder eben nicht wert ist, macht auch Sinn. Und 9 € für einen ganzen Monat, das ist schon extrem preiswert. Ich glaube, in Halle kostet im Augenblick ein Monatsticket 56 €, vielleicht auch etwas höher. Magdeburg liegt auch locker in dem Bereich. Da geht es tatsächlich nur um den Verkehr innerhalb eines Ortes. Ich glaube, selbst Dessau hat 41 € für die Nutzung der Straßenbahn und des Busses.

Also, einfach nur, damit man so ein bisschen einen Preisvergleich hat. Hier kommt außerdem noch die Nutzung des Regionalverkehrs hinzu. Die Strecke Halle-Magdeburg kostet zweiter Klasse fast 300 € im Monat; damit wir alle mal ein Gefühl haben, über welches Defizit wir hierbei reden. Ich sage ganz klar: Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bund das auf Dauer ausgleicht. Ich kann eindeutig sagen, dass das Land Sachsen-Anhalt nicht in der Lage ist, das in der Höhe auf Dauer zu subventionieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)