Andreas Henke (Die Linke):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn in Deutschland feiernde Menschen kurz vor 0 Uhr den Countdown zum Jahreswechsel zählen, haben die rund 200 000 Einwohner auf Samoa im Pazifik das neue Jahr bereits begrüßt. Sie alle wissen: Dann folgen Neuseeland, Australien und Asien. Allen gemein ist: Es gibt zum Teil opulente Feuerwerke und sehr beeindruckende Pyroshows, Laser- und Animationsshows.
Diese Art, das neue Jahr zu begrüßen, ist eine weltumspannende Tradition ich würde an dieser Stelle gern die Geschichte bemühen , eine Tradition, die bereits etwa 1 400 Jahre zurückgeht und aus dem alten China kommt, die sich dann fortgesetzt hat, bis sie im 14. Jahrhundert in Griechenland und erst Anfang des 16. Jahrhunderts, exakt 1506, in Deutschland ankam, nämlich zu dem Reichstag in Konstanz. Zu Ehren von Kaiser Maximilian I. gab es das erste deutsche Feuerwerk.
Im gemeinsamen Genießen dieser Feuerwerke sind ausgesprochene Wünsche, Hoffnungen und Zuversicht bis heute das verbindende Element. Aber leider greift ein verbindendes Element auch bei jenen, die eben völlig enthemmt, stark alkoholisiert und gewaltbereit sind, Menschen, die mit Feuerwerkskörpern unsachgemäß hantieren, Böller und Raketen zur Zerstörung nutzen und selbst als Waffe einsetzen, wie z. B. zum Jahreswechsel 2023/2024, als mittels eines Notrufmissbrauchs die Feuerwehrkräfte in Halberstadt in einen Hinterhalt gelockt wurden, um sie dann mit Raketen zu beschießen, oder wie in diesem Jahr ein Obdachloser in Bonn oder, wie schon von der Frau Ministerin gehört, Polizistinnen und Polizisten in Berlin.
Leider gehört seit vielen Jahren auch dieses Bild zur Tradition: zerfetzte Hände, abgerissene Finger, zerstörtes Augenlicht, Brandverletzungen, Todesopfer und natürlich auch eine hohe Zahl an Sachschäden; Feuerwehr, Rettungskräfte, Notärzte und Polizei im Dauereinsatz.
Wohl auch deshalb ist in zunehmend mehr Ländern das private Feuerwerk mittlerweile verboten, unter anderem in den USA, Australien, Chile, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz und Irland. In Spanien hat man diese Regelungskompetenz auf die Ebene der Kommunen verlagert. Es gibt sehr viele Städte und Gemeinden in Spanien, die zumindest das private Feuerwerk aus den Innenstädten verbannt haben.
Spätestens seit der Petition der GdP und der Petition der Deutschen Umwelthilfe, die von wir hörten es bereits fast 2 Millionen Menschen im Land unterzeichnet wurden, hat die Frage des privaten Feuerwerks in der Tat eine gesellschaftliche Dimension erreicht. Es gibt also eine große Anzahl Menschen, die ein Ende dieser Exzesse von Gewalt, Verletzung und Zerstörung fordern.
Es gibt aber auch eine andere Zahl, die etwas anderes ausdrückt: 180 Millionen. 180 Millionen € haben Deutsche zum letzten Silvester für Böller und Raketen ausgegeben.
(Guido Kosmehl, FDP: Menschen, die in Deutschland leben!)
- Genau.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ich habe 200 Millionen € bei mir stehen!)
- Ich habe im Netz 180 Millionen € gefunden. Mögen wir uns darum jetzt nicht streiten.
Der Handel und pyrotechnische Verbände und Hersteller sprechen von einem Rekordumsatz. Die Frage, ob das private Feuerwerk verboten werden sollte,
(Guido Kosmehl, FDP: Nein!)
ist also nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten. Für die überwiegende Anzahl der Menschen ist das gemeinsame Abbrennen von Feuerwerk der schönste Abschluss des Jahres mit einer fröhlichen Feier und ebenso ein schönes und gewohntes Ritual, das neue Jahr in Deutschland zu begrüßen.
In der Abwägung gibt es also viele Aspekte zu bewerten: Die große Anzahl an friedlich feiernden Menschen, die verantwortungsbewusst, verantwortungsvoll damit umgehen, die Aspekte der Hersteller und Händler, Fragen nach der Belastung der Umwelt, Aspekte des Tierwohls wir hörten es bereits , gerade bei Haus- Wild- und Weidetieren, und nicht zuletzt die berechtigten Interessen der Rettungskräfte, Polizei, Feuerwehr, Notärzte und Notaufnahmen. Es geht also um den Schutz von Leben und Gesundheit, es geht um Kinder- und Jugendschutz und nicht zuletzt um den Schutz von Sachwerten, von öffentlichem und privatem Eigentum.
All diesen Interessen wollen wir Raum zur Artikulation, zur Meinungsäußerung geben. Wir wollen wissen, wie sie dazu stehen. Wir wollen in einem Fachgespräch in Erfahrung bringen, wie ihre Meinung dazu ist, vom Hersteller bis zur Feuerwehr. Deshalb bitten wir Sie an dieser Stelle um Unterstützung unseres Alternativantrages. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der Linken)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Henke. Es gibt eine Frage von Herrn Siegmund. Ja? - Ja. - Herr Siegmund.
Ulrich Siegmund (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Das Tolle ist, wenn man einmal ein bisschen über den Tellerrand hinausblickt und sich einmal wirklich vor Ort ein eigenes Urteil erlaubt, dann kommt man zu ganz anderen Schlüssen.
Sie haben gerade gesagt, dass bspw. in den USA Feuerwerk grundsätzlich verboten ist. Das muss ich zurückweisen. Ich hatte das große Glück, letztes Jahr in Louisiana und in Texas mit Freunden dort vor Ort zu feiern. Dort ist genau das Gegenteil zu dem, was Sie gerade gesagt haben, der Fall. Dort kommt Feuerwerk erst richtig in Mode, und zwar wird es überall an jeder Straßenecke zwei, drei Tage vor Silvester verkauft. Ich konnte mir dazu einen eigenen Eindruck machen. Die Leute haben ganz friedlich und wunderbar gefeiert.
Es passiert gerade in den USA Folgendes: Die Menschen sehen nämlich, wie wunderbar diese Tradition aus Europa ist. Es schwappt von Staat zu Staat; überall entwickeln sich die Interessenlagen dahin, es überall dort kulturell verwurzeln zu wollen. Das liegt ganz einfach daran, dass die Menschen sich daran erfreuen. Man sieht, wenn es vernünftig eingesetzt wird, dass es dann ein schöner Beitrag zum Jahreswechsel ist.
Dann habe ich den Leuten Bilder aus Berlin gezeigt. In der Nacht noch habe ich gesagt: Guckt einmal, das erreicht mich gerade aus meiner Heimat. Ich habe die Bilder gezeigt und sie haben gefragt: Was macht ihr mit eurem Land? Warum lasst ihr das zu? Warum lasst ihr euch die Tradition nehmen?
Deswegen möchte ich Sie fragen, ob Sie vielleicht auch bereit dazu wären, einmal mit solchen Ländern zu sprechen und dieses Bild in ihre Gedanken einzufügen; damit wir von solchen Beispielen vielleicht lernen können und uns nicht die Freiheit weiter nehmen lassen. - Danke schön.
(Zustimmung bei der AfD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Henke?
Andreas Henke (DIE LINKE):
Die Frage beantworte ich kurz und knapp: Selbstverständlich sind wir gern bereit, in einer globalisierten Welt von guten Erfahrungen aus anderen Ländern zu profitieren. Warum nicht?