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Plenarsitzung

Transkript

Elrid Pasbrig (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Emotionalität meiner Vorredner kann ich absolut nachvollziehen, nicht allerdings eine Aussage des Ministers, nämlich jene, dass er es schön fände, hier in jeder Sitzung darüber zu reden.

(Zustimmung - Lachen)

Ich begründe auch gleich, warum. Denn wir haben in der vergangenen Landtagssitzung schon eine Aktuelle Debatte zu den Fehlentwicklungen in der Agrarpolitik gehabt. Wir laufen Gefahr, dass wir hier unsere Argumente ständig wiederholen, ohne bereits wirklich Lösungen gefunden zu haben. Das ist genau das Problem. Wir haben es gerade vom Minister gehört: Es ist verdammt schwierig, hierzu eine einvernehmliche Lösung zu finden. Aber wir arbeiten daran und das ist das Wichtigste.

Um die Argumente nicht ständig wiederholen zu müssen, möchte ich heute einen neuen Aspekt in die Diskussion einbringen. Im Jahr 1970 maß die Erdbevölkerung nämlich 3,7 Milliarden Menschen. Im vergangenen Jahr haben wir die Marke von acht Milliarden Menschen übertroffen. Bereits im Jahr 1970 wurde die Frage diskutiert, wie wir die weiterhin wachsende Weltbevölkerung eigentlich ernähren können. Heute sind wir mehr als doppelt so viele Menschen auf der Erde. Wissen Sie, warum wir immer noch ausreichend Nahrungsmittel produzieren können?

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Weil Wissenschaft, Automatisierung und auch effizientere Strukturen in der Landwirtschaft dazu beigetragen haben.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Das heißt im Klartext, dahinter verbergen sich bspw. gentechnische Verfahren, Wirkstoffe, um Schädlinge fernzuhalten oder Unkräuter zu bekämpfen, und auch große Schläge, auf denen große Maschinen zum Einsatz kommen können.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU - Sandra Hietel-Heuer, CDU: Ja!)

Das möchte ich hier nicht unerwähnt lassen und am liebsten möchte ich mich eines Spruches von einem der Traktoren heute vor dem Landtag bedienen, nämlich:

(Daniel Roi, AfD: Die Ampel muss weg!)

„Ideologie macht nicht satt.“

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Die Landwirtschaft ist die Branche, die die Urproduktion verantwortet und von der jeder Mensch abhängig ist. Deswegen sage ich das hier noch einmal klar und deutlich für meine Fraktion: Wir sehen die Landwirtschaft als einen wichtigen Baustein unserer heimischen Wirtschaft

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und von Ministerin Eva Feußner)

und die Landwirte sind es, die uns mit gesunden Lebensmitteln versorgen. Wir alle hier im Raum wissen auch, dass die aktuell diskutierten Änderungen beim Bundeshaushalt nur der Auslöser für die Proteste waren, die Probleme aber schon viel länger als gut zwei Jahre bestehen. Sie sind vor allem eben auch unter CDU-Bundesministern entstanden und leider nicht gelöst worden. Das heißt, das Bashing der Ampel greift zu kurz.

Neben den bekannten Herausforderungen muss man eben auch an dieser Stelle klar sagen, dass die Landwirtinnen und Landwirte zu wenig für ihre Produkte bekommen. Das hat eben auch mit der großen Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel zu tun. Der Konzentrationsprozess in der Lebensmittelbranche, der zu einer Ballung von Marktmacht bei wenigen Konzernen geführt, der die Verhandlungspositionen der Erzeugerinnen und Erzeuger immer weiter geschwächt und der ihre Einkommen geschmälert hat, bedeutet eine klare Fehlentwicklung. Die Zahlen von 2021 besagen, dass Landwirte von einem Euro gerade einmal 22 Cent erhalten. Der Einfluss der Politik ist an dieser Stelle eher begrenzt. Vielleicht schaffen es die gezielten Protestaktionen der Landwirte, dass sich zukünftig mehr Verbraucherinnen und Verbraucher darüber Gedanken machen, warum Wurst im Supermarkt eigentlich so billig ist.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP, bei den GRÜNEN und von Kerstin Eisenreich, DIE LINKE)

Zu den Punkten im Antrag der GRÜNEN, Stichwort Agrarstrukturgesetz. Wir haben uns im vergangenen Jahr in mehreren Sitzungen des Landwirtschaftsausschusses sehr umfangreich mit Fachgesprächen dem Thema gewidmet und wir werden uns als Koalition, auch mit Blick auf die Gesetzentwürfe in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, weiter dazu verständigen. Der Blick in die genannten Bundesländer bestätigt unsere Ansicht, dass man diese juristisch äußerst diffizilen Vorhaben mit Bedacht angehen muss.

(Zustimmung von Dr. Falko Grube, SPD, und von Kathrin Tarricone, FDP)

Zu den Agri-PV-Anlagen. Verschiedene Projekte sind in Sachsen-Anhalt bereits angeschoben worden und natürlich werden wir als Koalition das Thema auch weiterhin begleiten. Dazu braucht es Ihren Antrag nicht.

Zu den tierhaltenden Betrieben. Diese sollen unterstützt werden, die neuen Möglichkeiten im Baurecht für den Umbau von Ställen zu nutzen. Das ist ohne Frage ein wichtiges Thema, aber die Frage ist doch: Wie? - Das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung mit einer Anschubfinanzierung von 1 Milliarde € aus dem Bundeshaushalt wird auf den Weg gebracht. Wir alle wissen aber, dass die Borchert-Kommission von einem sehr viel höheren Betrag ausgeht, nämlich von 3 Milliarden € bis 5 Milliarden € pro Jahr. Es ist klar, dass die Bundesländer die fehlenden finanziellen Mittel nicht werden stemmen können. Das heißt, es muss noch mehr kommen.

Zur Gentechnikregulierung. Das ist für mich ein weiter irritierender Punkt in Ihrem Antrag.

(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU)

Wir haben mit Forschungseinrichtungen in unserem Land ein richtiges Pfund, mit dem wir wuchern können,

(Zustimmung bei der FDP)

und einen Wissensvorsprung, den wir nutzen müssen. Statt Angst zu machen, sollten wir die neuen Möglichkeiten der Gentechnik, Stichwort CRISPR/Cas, nutzen,

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

weil wir diese angesichts des Klimawandels dringend brauchen.

Ich komme zum Schluss. Wir müssen gemeinsam mit einer Sprache sprechen und die Lösungen finden. Wir haben gehört, dass auch andere Fraktionen in diesem Haus sie nicht haben. Lassen Sie uns aber weiter gemeinsam daran arbeiten. Wir als SPD bleiben weiterhin im engen Austausch mit den Fachverbänden und lehnen den Antrag ab. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Frederking, Sie haben eine Intervention? - Dann machen Sie das bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Deshalb stehe ich ja die ganze Zeit hier. - Frau Pasbrig, Sie haben am Anfang Ihrer Rede gesagt,

(Zuruf: Lauter!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Tut mir leid, das ist nicht zu verstehen.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

wir hätten beim letzten Mal über Fehlentwicklung gesprochen und gefragt, wo jetzt die Lösungen seien. - Die Lösungen - nicht allumfassend, aber einige Lösungsansätze - haben wir mit den neun Punkten in unserem Antrag beschrieben.

(Kathrin Tarricone, FDP: Nein, eben nicht!)

Ich bitte doch darum, sich mit diesen Lösungsvorschlägen auseinanderzusetzen, unter anderem mit dem Tierschutz-Cent.

(Jörg Bernstein, FDP, lacht)

Sie monieren, wir brauchten eine dauerhafte, verlässliche und langfristige Finanzierung. Genau so hat es die Borchert-Kommission vorgeschlagen: 3 Milliarden € bis 5 Milliarden € pro Jahr.

(Zuruf von Kathrin Tarricone, FDP)

Dieses Geld soll über den Tierschutz-Cent generiert werden. Das ist das Ziel. Daher möchte ich alle bitten - auch hier im Land und auch mit Blick auf Minister Schulze; denn Sie haben einen Einfluss, wenn Sie sich äußern  , dass Sie diesem Vorhaben Vorschub leisten und es unterstützen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Elrid Pasbrig (SPD):

Liebe Frau Frederking, ich habe ja ausgeführt, dass wir vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag fordern, bereits auf den Weg gebracht haben. Ich bin leider aus Gründen der Zeit in meiner Rede nicht dazu gekommen zu sagen, dass wir natürlich den Landwirten vor allem Zeit verschaffen müssen. Das bedeutet Bürokratieabbau. Ehe wieder die Fragen kommen, wo denn die konkreten Vorschläge seien: Wir hätten einen konkreten Vorschlag, nämlich all die Daten, die bereits digital vorliegen, zusammenzuführen mittels Schnittstellen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Sie sind in der Regierung! - Weitere Zurufe)

Das können wir hier im Land umsetzen und wir müssen auch auf Anmeldefristen und überhaupt Meldefristen und Kontrollen achten. Das sind konkrete Vorschläge, die wir bereits gemacht haben. Ich habe es ausgeführt: Wir sollten diese Lösungen jetzt gemeinsam zusammenführen. Wir haben bereits einen Antrag im Landwirtschaftsausschuss vorliegen, den wir in der nächsten Sitzung behandeln werden.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Ich bin mir sicher, dass die Themen, die Sie heute angesprochen haben, dort auch wieder eine Rolle spielen werden. - Vielen Dank.