Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat hat die Unesco am 1. Dezember 2022 die Flößerei auf die repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen und damit ein weiteres Immaterielles Kulturerbe gewürdigt, das in Sachsen-Anhalt lebendig ist und das den kulturellen Reichtum unseres Landes widerspiegelt.
Ich wiederhole gern: Ich beglückwünsche alle Protagonisten, namentlich Herrn Dr. Thiel zu diesem großartigen Erfolg. Das galt allerdings ihm und seinem Team, nicht seiner Partei. Das mögen Sie als Wehrmutstropfen hinnehmen können.
(Oh! bei der LINKEN)
- Ja, das klang ein bisschen so.
(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Das habe ich auch nie behauptet!)
In dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE wird die Landesregierung aufgefordert neben dem Bundesverzeichnis auch eine Landesliste für das Immaterielle Kulturerbe aufzustellen, um damit regional bedeutende Kulturformen abzubilden. Bringt das etwas oder würde eine solche Liste eher ein Selbstzweck sein, ohne einen Mehrwert, der den damit verbundenen bürokratischen Aufwand rechtfertigen könnte?
Außer Frage steht, dass in Sachsen-Anhalt die vielfältigen regionalen Traditionen, Bräuche und Feste die Identifizierung mit dem lokalen und dem gesellschaftlichen Umfeld stärken. Ein schlichtes Auflisten hält diese Kulturformen weder lebendig, noch unterstützt es die Trägergruppen bei ihren Aktivitäten. Es liegt im Wesen des lebendigen Immateriellen Kulturerbes, dass es schlechterdings nicht möglich wäre es klingt am Ende des Antrages an , es im Landesarchiv zu archivieren.
Im Übereinkommen der Unesco zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes aus dem Jahr 2003, dass Deutschland im Jahr 2013 unterschrieben hat, werden unter anderem folgende Bereiche bezeichnet: mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, einschließlich der Sprache als Träger des lebendigen immateriellen Kulturerbes; darstellende Künste; gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste; Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum und nicht zuletzt, Herr Keindorf, traditionelle Handwerkstechniken.
Wir sprechen hier also von lebendigen kulturellen Ausdruckformen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden und die nicht statisch oder bloße Materialität sind. Darin unterscheiden sie sich vom Weltkulturerbe und vom Weltdokumentenerbe, zu denen bei uns die Lutherschriften und die Himmelsscheibe zählen.
Meine Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt nimmt sich bereits in umfassender Art und Weise seines Immateriellen Kulturerbes an. Insgesamt wurden seit dem Jahr 2013 Bewerbungen von 17 Trägergruppen zur Aufnahme in das Bundesverzeichnis vorgelegt. Sechs davon sind in die Bundesliste aufgenommen worden. Wir haben das eben gehört. Zudem ist Sachsen-Anhalt an mehreren erfolgreichen länderübergreifenden Anträgen beteiligt gewesen, die auch in das bundesweite Verzeichnis aufgenommen worden, wie jetzt sehe ich Herrn Schuhmann nicht das Chorsingen.
Anders als der Antrag annimmt, wird das in Sachsen-Anhalt bestehende Immaterielle Kulturerbe bereits sachgerecht dokumentiert und sichtbar gemacht. So unterstützt und betreut der Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, den wir sehr gern fördern, potenzielle und tatsächliche Bewerber für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis, z. B. mit Informationsveranstaltungen und mit Sprechstunden.
Ich sage mir jedenfalls immer: Wenn wir zivilgesellschaftliche Aktivitäten haben, die ein bestimmtes Aufgabenfeld abdecken, dann muss ich als Staat nicht auch noch intervenieren und muss ich nicht den Leuten vielleicht sogar den Spaß an ihrer Arbeit nehmen.
Seit dem Jahr 2022, also relativ aktuell, findet darüber hinaus eine ausführliche Dokumentation und eine ausführliche Erfassung des Immateriellen Kulturerbes mittels Fragebögen und mittels hochwertiger Fotografien in Sachsen-Anhalt statt, auch in der Verantwortung des Landesheimatbundes. Diese Ergebnisse werden im „Sachsen-Anhalt-Journal“, dem Journal des Landesheimatbundes, und anderen Publikationen veröffentlicht und somit einer interessierten Leserschaft zugänglich gemacht.
Für die kommenden Jahre sind außerdem weitergehende, nicht zuletzt auch digitale, Maßnahmen geplant, die darauf abzielen, das lebendige Kulturerbe in Sachsen-Anhalt interaktiv abzubilden und die Trägergruppen besser zu vernetzen.
Ich fasse zusammen und komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Die Uhr ist auch rot.
Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Ja, das geht hier immer so rasend schnell. - Das Immaterielle Kulturerbe lebt von den Menschen, die diese Traditionen oder diese Handwerkstechniken ausüben und die das Wissen darüber an jüngere Generation weitergeben. Das Engagement dieser Menschen wollen wir stärken und unterstützen. Auch das fördert das Land Sachsen-Anhalt in umfassender Form durch Kulturförderungen in den Bereichen bürgerschaftliches Engagement und Traditions- und Heimatpflege.
Eine Landesliste hilft weder dabei, das Immaterielle Kulturerbe im Land wachzuhalten, noch unterstützt es die Menschen, die es weitertragen und ausüben. So brächte es voraussichtlich keinen Mehrwert, aber wir können das gern im Ausschuss vertieft erörtern.
(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Machen wir!)
Insofern danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Zustimmung)