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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 15

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Einführung einer optionalen Festsetzung differenzierender Hebesätze im Rahmen des Grundvermögens bei der Grundsteuer des Landes Sachsen-Anhalt (Grundsteuerhebesatzgesetz Sachsen-Anhalt - GrStHsG LSA)

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/4588


Herr Ruland wird den Gesetzentwurf einbringen. - Herr Ruland, Sie haben das Wort.


Stefan Ruland (CDU): 

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte gedacht, dass wir zu einem so fortgeschrittenen Zeitpunkt bei der Grundsteuerreform noch einmal über dieses Thema debattieren würden. Ich will deshalb an dieser Stelle daran erinnern, warum überhaupt über die Grundsteuer in Sachsen-Anhalt bzw. in Deutschland so viel diskutiert wurde und bis heute diskutiert wird. Die Ursache lässt sich relativ einfach benennen: Bund, Länder und Gemeinden haben über Jahrzehnte hinweg keine Anpassung von Bewertungsmaßstäben vorgenommen. Bequemlichkeit ist nur einer der möglichen Gründe dafür. Dass man eventuell die Bürger nicht mit höheren Grundsteuern belasten wollte, ist ebenfalls denkbar.

Seit Beginn der 2000er-Jahre war aber allen Beteiligten bewusst, dass das alte Bewertungsmodell verfassungsrechtlich endlich sein würde. Dennoch kam es nicht zu einer bereits damals erforderlichen Grundsteuerreform. Mit seinem Urteil aus dem Jahr 2018 hat das Bundesverfassungsgericht dann festgestellt, was allen eigentlich bereits bekannt war, nämlich dass die alte Bewertungsmethodik zur Ermittlung des Grundsteuerwertes, auf den die Grundsteuer aufsetzt, nicht mehr der Realität entspricht.

Um eine Steuer erheben zu können, braucht es nun einmal einen nachvollziehbaren Anknüpfungspunkt. Wenn also die Steuer, wie im Falle der Grundsteuer, an die Grundstücke anknüpft, erscheinen Einheitswerte von vor Jahrzehnten mehr als ungeeignet. Deshalb war es auch in Sachsen-Anhalt erforderlich, eine Neubewertung vorzunehmen, um die Grundsteuererhebung weiterhin auf einer verfassungskonformen Basis zu ermöglichen, und damit die Kommunen in die Lage zu versetzen, Steuern in Höhe von rund 250 Millionen € vereinnahmen zu können.

Das Land Sachsen-Anhalt hat sich faktisch für das Bundesmodell entschieden, da wir kein eigenes Bewertungsmodell entwickelt haben. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

- Es stimmt aber, Herr Kosmehl. 

Es ist aktuell auch nicht der Zeitpunkt, über das Bewertungsmodell zu debattieren, werte Kolleginnen und Kollegen; denn ein großer Teil der Messbescheide hat die Steuerpflichtigen bereits erreicht. Die bereits häufig als Allheilmittel angesehene Änderung der Steuermesszahlen gefährdet die Substanz für die 250 Millionen € Steuereinnahmen der Kommunen existenziell. 

Zwei Bundesländer haben aber tatsächlich veränderte Steuermesszahlen im Rahmen der Ländergesetze festgelegt. Das sind Sachsen und das Saarland. Wenn Sie die Sachsen heute danach fragen, dann bekommen Sie zur Antwort, dass eben nicht das eingetreten ist, was man sich von dieser Anpassung versprochen hat. Es hat zwar eine Abmilderung der Belastungsverschiebung zwischen Gewerbe und Wohnen in den Großstädten gegeben, im ländlichen Raum hingegen hat das nicht besonders gut funktioniert. 

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP - Guido Kosmehl, FDP: Das stimmt!)

Aber zurück zu dem, was vor uns liegt. Es gibt Fristen zu beachten. Somit können verfassungsrechtlich sicher ab dem 1. Januar 2025 nur Grundsteuerbescheide erlassen werden, die auf dem Grundsteuerwert nach der neuen Bewertungsmethode aufsetzen. 

Die Finanzverwaltung hat - das muss auch einmal gesagt werden - die Mammutaufgabe Grundsteuerreform hervorragend gemeistert. Ich bin mir sicher, dass sich diese Aufgabe niemand freiwillig auf den Tisch gezogen hätte. In Sachsen-Anhalt waren es mehr als 1 Million wirtschaftliche Einheiten, die neu zu bewerten waren. Dafür spreche ich den Bediensteten der Finanzverwaltung im Namen der CDU-Fraktion meinen Dank und unsere Anerkennung aus. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn nun feststeht, dass erstens an der Bewertungsmethodik nicht zu rütteln ist und zweitens festgestellt werden kann, dass es zu Belastungsverschiebungen - jetzt aus der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes - innerhalb der Grundstücksarten auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch zu bedeutsamen Verschiebungen zugunsten der Nichtwohngrundstücke und zulasten der Wohngrundstücke kommt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann sind wir als Gesetzgeber gefordert.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Einführung einer optionalen Festsetzung differenzierender Hebesätze will die Koalition so bürgernah und so nah am Sachverhalt wie möglich die Belastungsverschiebung von Gewerbe zum Wohnen vermeiden. Dass es zu bedeutsamen Belastungsverschiebungen kommt, ist inzwischen mit echten Daten belegbar. Es ist ebenso belegbar, dass die Problematik in den Kommunen sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein wird. Die Überlegung ist deshalb, den Kommunen und damit auch den Vertretungen die Möglichkeit zu geben, mit zwei Hebesätzen angepasst auf die Individuellen Gegebenheiten zu reagieren. Das kann auch bedeuten, dass man sich entscheidet, wie bisher nur auf einen Hebesatz als zusammengefassten Hebesatz zu setzen. Wir stärken damit direkt die kommunale Selbstverwaltung und die Finanzhoheit der Kommunen bei ihren Realsteuereinnahmen. 

Ohnehin lassen sich kommunale Lenkungsziele mit Blick auf die zwei verschiedenen Grundstückstypen, also Wohn- und Nichtwohngrundstücke, viel besser im Rahmen der Hebesatzsatzungen als mit einer Hauptfeststellung der Grundstückswerte alle sieben Jahre erreichen.

Ich werbe deshalb für eine zügige Beratung in den Ausschüssen, damit das Gesetz zeitnah in Kraft treten kann und den Kommunen mit ihren Vertretungen ausreichend Zeit bleibt für die Berücksichtigung in den Hebesatzsatzungen ab dem Haushaltsjahr 2025 oder ggf. - wenn es so gemacht wird - in den jeweiligen Haushaltssatzungen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Ruland.