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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 30

Beratung

Flughafen Leipzig-Halle: Abflug statt Absturz!

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/4461

Änderungsantrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/4499


Einbringen wird diesen Antrag Frau Lüdemann. Bitte.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Flughafen Leipzig/Halle ist   d e r   Flughafen in Mitteldeutschland,   d e r   Flughafen für die Menschen in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der aktuelle Zustand und insbesondere auch das Agieren der Landesregierung geben allerdings Anlass zu einer Reihe von Fragen, die trotz unserer parlamentarischen Bemühungen nicht beantwortet wurden. Unser Antrag kommt daher einem Klärungs- und Aufklärungsinteresse nach. Er wirft viele Fragen rund um die Insolvenzgefahr und das zweistellige Millionenengagement des Landes auf. 

Wir haben bereits zu Jahresbeginn und darauf folgend mit Selbstbefassungsanträgen in den zuständigen Ausschüssen, also im Ausschuss für Infrastruktur und Digitales sowie im Ausschuss für Finanzen, versucht, Informationen dazu zu bekommen. Dem wurde nicht nachgekommen, während wir die Ereignisse und die sich stetig verschlechternde Lage der Mitteldeutschen Flughafen AG über die Medien beobachten mussten. 

Es bleibt absolut unverständlich - um nicht zu sagen: fahrlässig  , dass die Landesregierung nicht bereits zu Jahresbeginn über die schwierige Lage, die sich zwischenzeitlich zu einer Insolvenzgefahr gesteigert hat, berichtete. Im Gegenteil, sie hat den Landtag bewusst im Ungewissen gelassen. Noch bedauerlicher ist, dass durch dieses Lavieren die Zeit seitdem nicht genutzt werden konnte, um das Geschäftsmodell der Mitteldeutschen Flughafen AG zu überprüfen und weiterzuentwickeln. 

Die Unterstützung der Mitteldeutschen Flughafen AG mit Mitteln in zweistelliger Millionenhöhe, die von den beiden CDU-Ministerpräsidenten hemdsärmelig verkündet wurde, halten wir nur bei einer Überarbeitung des Geschäftsmodells für angebracht. Ohne die Details zu kennen, kann man auch nichts Näheres dazu sagen. 

Welche Verpflichtungen das Land zu welchen Konditionen nun konkret eingegangen ist, wird hoffentlich hier und heute durch die Landesregierung endlich dargelegt. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben. Während die Sanierer bereits sanieren, sollte die Landesregierung das Konzept dafür wenigstens erörtern, das sind wir nicht zuletzt den Angestellten und Anliegern unseres Flughafens schuldig. Die Landesregierung sollte sich den Menschen in Mitteldeutschland gegenüber rechenschaftspflichtig sehen; denn es ist deren Geld, das hier versprochen wurde. 

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Zweifelhaft erscheinen nicht nur die Umstände der Vertragsverhandlungen, über die sich DHL ungewöhnlich offen geäußert hat, sondern auch die Ergebnisse. 

Gerade weil wir es uns als Land nicht leisten können, dauerhaft strukturelle Defizite auszugleichen, sind wir äußerst interessiert daran, zu erfahren, wie die verhandelten Start- und Landegebühren einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen sollen.

Seit dem Jahr 2000 ist das Jahresergebnis durchgehend negativ. Der Flughafen schreibt Verluste und sitzt auf hohen Krediten. Der Handlungsbedarf ist also schon allein aus wirtschaftlich-finanzieller Perspektive gegeben. 

(Zuruf von der AfD) 

Es ist politisch doch sehr kurzsichtig, dass die Landesregierung am Parlament vorbei Gelder bereitgestellt und einem derart weitreichenden Vertrag wie dem mit DHL mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2053 ohne Austausch oder Informationen zugestimmt hat. Die Eigentümerschaft liegt beim Land und nicht bei der Landesregierung.

Soweit es in Erfahrung zu bringen war, wird das ansässige Logistikunternehmen zwar 20 % mehr zahlen, was aber nur etwa 12 Millionen € jährlich sind, soweit wir richtig informiert sind, während der Jahresfehlbetrag allein im Jahr 2022 allein 22,3 Millionen € betrug.

Die zuletzt zu stopfende Finanzlücke zur Abwehr der Insolvenzgefahr lag zudem bei 145 Millionen €. 81 Millionen € trägt Sachsen, 19 Millionen € trägt Sachsen-Anhalt und 45 Millionen € werden von den Banken aufgebracht. Mit einem solchen Ding versucht man doch nicht mal eben, an Landtag und Öffentlichkeit vorbeizuschleichen in der Hoffnung, der Debatte darüber entgehen zu können. 

Die Beantwortung der Frage, wie ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sein soll, muss doch ein ureigenes Anliegen der Landesregierung sein. Die dafür nötige Angemessenheit der Flughafenentgelte, also der Start- und Landegebühren des Logistikers, sind zu hinterfragen. Die 20-prozentige Steigerung hilft der wirtschaftlichen Schieflage nur bedingt ab. Und die Frage, ob die Steigerung durch die aufsummierte Inflation bis zum Jahr 2053 nicht völlig aufgezehrt wird, kommt als Problem noch hinzu.

Was ist denn der Plan? Wohin wird die Flughafen AG gesteuert: Abflug oder Absturz? Im Rahmen der Verhandlungen über die Gewährung finanzieller Unterstützungsmaßnahmen sehen wir die Möglichkeit, den für Sachsen-Anhalt irrelevanten Flughafen Dresden aus der Flughafengesellschaft auszugliedern. Damit kann der Freistaat Sachsen seine eigenständige Entscheidung treffen und die damit verbundenen Kosten tragen. 

Wir haben weder in finanzieller noch in sonstiger Hinsicht Interesse am diesem Flughafen. Und auch in Sachsen scheint es damit inzwischen nicht mehr weit her zu sein. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum die Menschen in Sachsen-Anhalt die Belastungen aus dem Kamikaze-Projekt Dresden mittragen sollten. Ein dauerhafter Ausgleich struktureller Defizite der Mitteldeutschen Flughafen AG kann für Sachsen-Anhalt nicht tragbar sein.

Ebenso wie in Sachsen sollte sich der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalts den Vertrag in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und verdeckte Subventionen kritisch anschauen und das Ergebnis uns als Parlament vorlegen. Wenn wir über den Flughafen und über die Vertragsverlängerungen mit DHL, die erheblich den Nachtflugverkehr betreffen, sprechen, dann geht es auch im Wesentlichen um die Anwohnerinnen und Anwohner, die vom Flugbetrieb betroffen sind und täglich mit dem Lärm leben müssen. 

(Zuruf von der AfD)

Die politische Debatte ist kein Selbstzweck für uns als Parlamentarier und Haushaltsgesetzgeber, sondern sie ermöglicht es den Betroffenen, die Abwägungen und Überlegungen der Landesregierung zumindest erfahren zu können.

Welche Anreize für moderne und damit leisere und kraftstoffsparende Maschinen wurden in die neuen Flughafenentgelte eingepreist? 

(Unruhe bei der AfD) 

Das ist eine wesentliche Frage. 

(Unruhe bei der AfD) 

Wird der Nachtzeitraum im Tarif anders behandelt als der Tag? 

(Zurufe von der AfD) 

Für die Akzeptanz des Flughafens vor Ort braucht es wirtschaftliche Anreize. Es geht darum, dem Gesundheitsschutz der Anwohnenden mit Lärm- und Nachtzuschläge nachzukommen. Dafür sollte es ökonomische Anreize geben, die dazu führen, dass nicht zeitkritische Fracht am Tag umgeschlagen und nicht nachts gelandet wird. Wie ist das berücksichtigt worden? Mit den bisherigen Worten „das ist streng geheim“ werden wir uns nicht zufriedengeben. Das hilft auch nicht, wenn es geht, die Akzeptanz des Flughafens vor Ort zu steigern. 

(Zuruf von der AfD)

Dass der auf grüne Initiative in Sachsen eingerichtete und installierte Fluglärmschutzbeauftrage nun für Sachsen-Anhalt zuständig ist, ist interessant. Wie allerdings jemand, der in Sachsen schon überlastet ist, jetzt auch noch für die Menschen in Sachsen-Anhalt wirken soll, bleibt das Geheimnis des obersten Lärmschutzbeauftragen, des Ministerpräsidenten nach eigener Aussage.

(Zuruf von der CDU: Der ist so kreativ!)

Mittels der Tarife auch moderne und spritsparende Motoren zu fördern, sollte im 21. Jahrhundert selbstverständlich sein. Das ist im Interesse der Airlines, und als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen hat sich auch der Flughafen Leipzig-Halle verpflichtet, bis zum Jahr 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Da wollen und müssen wir Fortschritte sehen.

(Zuruf von der AfD: Auf einem Flughafen?) 

Uns ist natürlich klar, dass einzelne und sehr konkrete Vertragsbestandteile vertraulich sein könnten. Hierfür bietet sich partiell und gut begründet die Vertraulichkeit im Fachausschuss an. Grundsätzlich berühren aber die Mitteldeutsche Flughafen AG und der Vertrag mit DHL wesentliche Aspekte von öffentlichem Interesse.

Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Lage der Mitteldeutschen Flughafen AG sind für Sachsen-Anhalt, einem der Hauptgesellschafter, natürlich von Relevanz. Der Landtag, zumal als Haushaltsgesetzgeber, hat eine Kontrollpflicht, der er nur mit informationeller Beteiligung nachkommen kann. Das bisherige Mauern der Landesregierung ist wenig hilfreich; es sei denn, man will die Opposition von genau diesen Kontrollrechten abschneiden. 

Im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung unseres Flughafens und seiner für die mitteldeutsche Region verkehrstechnisch und wirtschaftlich bedeutsamen Position sollten wir gemeinsam ein Konzept für einen wirtschaftlich tragfähigen Flughafen mit angemessener Größe und mit nur angemessener Belastung für die Menschen entwickeln.

Die Zukunft des Flughafens Leipzig-Halle - es wäre schön, wenn es anders herum wäre, aber es ist Leipzig-Halle - muss transparent mit den Betroffenen und der Region entwickelt werden und eben nicht im Hinterzimmer. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Lüddemann.