Rainer Robra (Staats- und Kulturminister):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, am 11. August ist es 100 Jahre her, dass Reichspräsident Ebert kraft seiner Befugnisse als Staatsoberhaupt und aus Anlass des dritten Verfassungstages der Weimarer Republik das Lied der Deutschen, wie Hoffmann von Fallersleben sein freiheitliches Gedicht schon im Jahr 1841 überschrieben hat, zur Nationalhymne des Deutschen Reiches der Weimarer Republik erhob, auch um dem strafrechtlichen Republikschutz einen positiven Republikschutz zur Seite zu stellen, wie es Heinrich August Winkler kürzlich in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geschrieben hat.
Der Hintergrund war die tiefe Krise, in die das Reich im Jahr 1922 gefallen war und die in der Ermordung des Reichsaußenministers Rathenau am 24. Juni 1922, also morgen vor 100 Jahren, gipfelte. Wir haben allen Anlass, seiner Ehren zu gedenken.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Es lohnt sich, meine Damen und Herren, sich Eberts Proklamation, veröffentlicht am 11. August 1922 in allen Tageszeitungen, zu vergegenwärtigen. Ich zitiere:
„Einigkeit und Recht und Freiheit! Dieser Dreiklang aus dem Liede des Dichters gab in Zeiten innerer Zersplitterung und Unterdrückung der Sehnsucht aller Deutschen Ausdruck; es soll auch jetzt unseren harten Weg zu einer besseren Zukunft begleiten.“
Ein Lied, gesungen gegen Zwietracht und Willkür, soll nicht Missbrauch finden im Parteikampf. Es soll nicht der Kampfgesang derer werden, gegen die es gerichtet war. Es soll auch nicht dienen als Ausdruck nationalistischer Überhebung.
Aber so wie einst der Dichter, so lieben wir heute Deutschland über alles. In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarz-rot-goldenen Fahnen der Sang von Einigkeit und Recht und Freiheit der festliche Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein.
Dieser Proklamation folgend, ist bei offiziellen Anlässen schon damals in erster Linie die dritte Strophe gesungen worden. Im Nationalsozialismus wurde nur die erste Strophe gesungen, regelmäßig unmittelbar gefolgt vom nationalsozialistischen Horst-Wessel-Lied, also ein Wechselbalg einer Hymne.
Im Jahr 1952 proklamierte Bundespräsident Heuss in einem Briefwechsel, gegengezeichnet von Kanzler Adenauer, aus Anlass der 30. Wiederkehr des Verfassungstages von Weimar abermals das Lied der Deutschen zur Nationalhymne. Gesungen wurde, wie wir alle wissen, nur die dritte Strophe. Im August 1991 folgten Bundespräsident von Weizsäcker und Kanzler Kohl dieser Verfassungstradition und erklärten die dritte Strophe zur Nationalhymne und damit zum Staatssymbol.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Staatspraxis ausdrücklich gebilligt. Angesichts der allgemeinen breiten Akzeptanz besteht zur Geltungskraft der Hymne als Staatssymbol kein Handlungsbedarf.
(Zustimmung bei der CDU, von Dr. Falko Grube, SPD, von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)
Meine Damen und Herren! Zur Praxis des Umgangs in den Schulen hat sich der damalige Bildungsminister Marco Tullner in der 60. Sitzung des Landtages am 22. November 2018, im Übrigen aus Anlass eines praktisch gleichartigen Antrages der AfD-Fraktion, fast inhaltsgleich, ausführlich geäußert. Ich bitte das im Protokoll zu der Drs. 7/3594 nachzulesen. Seitdem hat sich nichts Neues ergeben. Die Praxis ist unverändert. Die Nationalhymne spielt in den Schulen eine wichtige Rolle. Daran wird sich auch nichts ändern.
Die „Welt“ hat zum Thema Nationalhymne und AfD damals geschrieben, die AfD jage einem Phantom nach. - Ja, so ist es. Viel mehr ist aus meiner Sicht und aus der Sicht der Kollegin Feußner dazu nicht zu sagen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)