Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht der erste Vorstoß der AfD, die Landeszentrale für politische Bildung abzuschaffen oder ihre Arbeit, wie mit Blick auf das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“, zu diskreditieren.
Ich widerspreche der Behauptung des Antragstellers, dass vonseiten der Landeszentrale für politische Bildung eine tendenziöse Meinungsmache zu politisch einseitigen Wertvorstellungen stattfinden würde.
(Beifall bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Ich glaube, das sieht die Mehrheit des Parlaments genauso.
Das, was im Antrag als Verbreitung von tendenziösen Ideologien und Indoktrination beschrieben wird, ist nicht mehr und nicht weniger als die Umsetzung von Artikel 37a unserer Landesverfassung. Vielleicht kann ich an dieser Stelle ein bisschen Nachhilfe leisten Zitat :
(Zuruf von der AfD: Sehr gern!)
„Die Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, die Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems sowie rassistische und antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jedes Einzelnen.“
(Beifall bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Die Aufgabe der Landeszentrale für politische Bildung ist eine unabhängige, überparteiliche politische Bildungsarbeit auf der Grundlage der Ziele und der Wertvorstellungen des Grundgesetzes. So steht es im Errichtungsbeschluss.
Daran sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebunden. Der Garant für die Überparteilichkeit ist das Kuratorium jetzt kommt es , welches aus 13 Mitgliedern besteht und dem alle im Landtag vertretenen Fraktionen angehören. Auch Sie, sehr geehrte Abgeordnete der AfD.
(Dr. Katja Pähle, SPD: Sie kommen nur nicht!)
Ich zitiere aus der von den Mitgliedern dieses Gremiums beschlossenen Geschäftsordnung des Kuratoriums:
Der Direktor oder die Direktorin unterrichtet das Kuratorium rechtzeitig und regelmäßig über alle bedeutsamen Vorhaben sowie über Änderungen in den Schwerpunktsetzungen.
Darüber hinaus heißt es im Errichtungsbeschluss:
„Das Kuratorium gibt Anregungen für die Arbeit der Landeszentrale und nimmt Stellung zu Berichten und Planungen.“
Somit haben alle Fraktionen hier im Hohen Hause des Landtags durch ihre Kuratoriumsmitglieder die Möglichkeit, sich direkt über die Arbeit der Landeszentrale zu informieren und über diese im Rahmen der Kuratoriumssitzung oder im Gespräch zu diskutieren und eigene Ideen für politische Bildungsarbeit einzubringen.
(Zustimmung bei der CDU)
Der Vorwurf der mangelnden Neutralität und Überparteilichkeit der Landeszentrale, der im Antrag als vorrangiger Grund für eine Abschaffung formuliert wird, ist schlicht und ergreifend nicht wahr.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In Zeiten wie diesen, in denen die Demokratie in der ganzen Welt massiv unter Druck steht, in der Konflikte und Kriege die Nachrichten beherrschen, in der das gesellschaftliche Klima zunehmend rauer und zunehmend von Hass und Hetze geprägt wird, braucht es nicht weniger politische Bildung, sondern mehr.
(Beifall bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Über Ihre Beteiligung in diesem Kuratorium müssen wir uns, glaube ich, nicht unterhalten. Die ist eher mau. Zum Teil sind Sie gar nicht dort oder beteiligen sich nicht. Dort haben Sie genau diese Möglichkeiten. Das sind übrigens demokratische Prozesse, die dort stattfinden, in die Sie sich einbringen können. Das nehmen Sie einfach nicht wahr. Wenn Sie das dann kritisieren, dann ist das eher kontraproduktiv.
Die LpB, also unsere Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, leistet aus unserer Sicht wertvolle Arbeit. Ein wichtiger Teil ist die Arbeit an und mit den Schulen. Stellvertretend für die Vielzahl an Projekten möchte ich, ja, auch das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ nennen.
Die Gedenkstättenfahrten haben insbesondere in den letzten Jahren extrem zugenommen. Das begrüße ich sehr. Ich möchte sehr die Initiativen der Schulen, Gedenkstätten zu besuchen und dass sie das über den Antrag tun, also über die Landeszentrale, die das auch begleitet , hervorheben. Das ist eine sehr wertvolle Arbeit, die die Landeszentrale an dieser Stelle leistet.
(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Beides hat die Landeszentrale in den vergangenen Jahren an den Schulen des Landes etabliert und, wie gesagt, auch ausgebaut, sodass beides heute feste und wichtige Bestandteile der demokratischen Bildung an unseren Schulen sind.
(Angela Gorr, CDU: Und die Impulse kamen aus dem Kuratorium!)
- Auch das, liebe Frau Gorr. - Die großen Aufgabenbereiche unserer Landeszentrale sind in einer Zielvereinbarung festgelegt, welche mit dem Bildungsministerium gemeinsam erarbeitet wird und welche alle drei Jahre neu abgeschlossen wird. Jährlich wird in einem Umsetzungsbericht sehr transparent dargelegt, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln diese Aufgaben genau erfüllt werden. Dieser Bericht wird den Mitgliedern des Kuratoriums zur Kenntnis gegeben, wenn sie da sind, so dass sich die Mitglieder, sich jede Fraktion sehr detailliert mit der Arbeit auseinandersetzen und darüber informieren kann.
Wer sich mit diesem Bericht auseinandersetzt, wird schnell feststellen, dass die im vorliegenden Antrag formulierten Vorwürfe in keiner Weise der tatsächlichen Arbeit der Landeszentrale entsprechen.
(Zustimmung bei der SPD)
Es tut mir leid, aber Sie müssen teilnehmen, müssen sich vielleicht einmal informieren, müssen vielleicht einmal das eine oder das andere lesen oder sollten sich einbringen,
(Oliver Kirchner, AfD: Ich durfte ja nicht mehr teilnehmen!)
wenn Sie sich einbringen wollen. Aber vielleicht wollen Sie das gar nicht. Diesen Populismus kann ich nicht ertragen.
Die weiteren im Antrag genannten Aufgabenfelder zur Erforschung der Heimat-, Regional- und Landesgeschichte und des Brauchtums werden durch die Arbeit auch des Landesheimatbundes
(Dr. Katja Pähle, SPD: Genau!)
mit dem Vorsitzenden Herrn Tullner sehr toll unterstützt. Die historische Kommission für Sachsen-Anhalt sowie auch das Institut für Landesgeschichte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie unterstützen die Arbeit. Das ist alles abgedeckt. Sie arbeiten eng und kooperativ zusammen. Ich danke unserer Landeszentrale für politische Bildung, dass sie unseren Kindern und Jugendlichen ein breites Portfolio anbietet. Ich als Ministerin empfehle, den Antrag abzulehnen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Frau Ministerin Feußner. - Es gibt eine Nachfrage vom Abg. Herrn Siegmund. - Herr Siegmund, bitte.
Ulrich Siegmund (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Feußner, ich konnte mir vor wenigen Monaten ein eigenes Bild der sogenannten Arbeit dieser Landeszentrale für politische Bildung machen, und zwar hatten wir diesen Aktionstag auf dem Domplatz. Der Kollege Gordon Köhler und ich haben es doch tatsächlich gewagt, einfach einmal an so einem Workshop teilzunehmen, der dort gemacht wurde. Dieser hat sich an Lehrer gerichtet - an Lehrer, die dort ausgebildet wurden, mehr oder weniger geschult wurden, wie auch immer Sie das nennen wollen.
60, 70 Lehrer saßen dort in diesem Raum. Prof. P. hielt für die Lehrer einen Vortrag. In diesem formulierte er das Ergebnis, wie die Lehrer es schaffen können, einen Wahlerfolg der AfD zu verhindern.
(Tobias Rausch, AfD: Ja!)
Er hat empfohlen, an Schulen, an denen sich Lehrer oder Schüler offen zur AfD bekennen, eine Gefährderansprache durchzuführen.
(Zuruf von der AfD: Aha! - Frank Bommersbach, CDU: Sie waren bei der Veranstaltung gar nicht dabei!)
Das war die Zielstellung an die Lehrer. Frau Ministerin Feußner, ich frage Sie: Unterstützen Sie als Eva Feußner die Landeszentrale für politische Bildung, weil Sie Ihren Konkurrenten, die AfD, verhindern möchten, oder unterstützen Sie diese Landeszentrale, weil Sie selbst die Antifa-Position Ihrer Koalitionspartner übernommen haben?
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Feußner.
Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Die Landeszentrale für politische Bildung arbeitet unter dem Grundsatz des „Beutelsbachers Konsenses“, d. h. Neutralität bezüglich aller Richtungen zu wahren und zu informieren - zu informieren über Extremismus, über Radikalismus übrigens über Extremismus von links genauso wie von rechts und in dem Sinne keine Meinungsbildung vorzunehmen.
Wenn sich ich war bei diesem Vortrag nicht dabei; ich kann das nicht bestätigen Personen äußern, die sich in der einen oder in der anderen Richtung festlegen, dann ist das nicht richtig, das sage ich Ihnen ganz offen und ehrlich; denn die Landeszentrale hat eine Neutralität zu wahren, und aus meiner Sicht wahrt sie die auch.
(Oliver Kirchner, AfD: Anscheinend ja nicht!)
Bei Einzuladenden kann man das manchmal nicht ganz so klar kalkulieren. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Landeszentrale genau abwägt, wen sie einlädt, um den „Beutelsbacher Konsens“ zu wahren, und dass sie keine Indoktrination in die eine oder in die andere Richtung vornimmt; denn das ist nicht ihr Auftrag, sondern genau das Umgekehrte.
(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)
Dem einen oder dem anderen gefällt das vielleicht nicht. Das eine oder das andere Lager fühlt sich vielleicht verurteilt oder möchte die Übermoralisierung, die in manchen Bereichen stattfindet, nicht annehmen.
Damit muss man umgehen. Das ist nun einmal eine Sache der Demokratie. Man darf natürlich auch Dinge aussprechen, die stattfinden. Man muss auch nicht jede Position teilen. Die Landeszentrale hat den Auftrag zu erkennen, welche Positionen man wie oder auch anders wertet. Das ist genau der politische Auftrag. Zu klären, ob man in der einen oder anderen Sache populistisch unterwegs ist, ist eine Aufgabe der Landeszentrale. Eine Bewertung, eine Analyse und eine sachlich-kritische Diskussion sollen auch dort stattfinden. Das macht die Landeszentrale.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Siegmund, Sie haben eine kurze Nachfrage? - Und Frau Gorr, leider nicht, weil es
(Angela Gorr, CDU, winkt ab)
- Ja, okay.
Ulrich Siegmund (AfD):
Frau Feußner, Sie haben den Aufgabenbereich gerade sehr klar von der Grenzübertretung abgegrenzt. Das finde ich gut. Ich möchte Sie weiterhin darauf hinweisen, dass draußen bei einem Workshop für Sprühen irgendwelche Linksaußen-Sprühkünstler waren, die dort mit den Kindern Fuck-AfD-Botschaften an Wände sprühten.
(Tobias Rausch, AfD: Aha!)
Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang etwas fragen. Das Beispiel kommt hinzu zu der Botschaft von Prof. P., dass Lehrer aufgefordert sind, dafür zu sorgen, Wahlerfolge der AfD zu verhindern. Das hat er gesagt. Ich habe Fotos als Beleg. Wir haben zwei Zeugen. Welche Konsequenzen wird diese Grenzübertretung haben? Sie steht ganz klar im Widerspruch zu dem, was Sie gerade am Pult zitiert haben. Wir haben es ja Gott sei Dank protokollwirksam. Deswegen möchte ich fragen: Wenn ich Ihnen die Belege dafür nachliefern kann und Ihnen mit meinem Kollegen Gordon Köhler auch die entsprechenden Zeugenaussagen liefere, welche Konsequenzen wird das dann haben?
(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke - Ulrich Siegmund, AfD: Fotos, Herr Lange!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Ministerin Feußner.
Eva Feußner (Ministerin für Bildung):
Herr Siegmund, ich bitte Sie sehr innig, an den Kuratoriumssitzungen teilzunehmen. Tragen Sie das dort vor. Belegen Sie das. Dann werden wir das innerhalb des Kuratoriums auswerten.
(Zustimmung bei der SPD)
Wenn das so passiert ist, dann war die Neutralität natürlich nicht gegeben. Sie müssen es aber erst einmal vortragen. Sie machen hier einen politischen Diskurs daraus und nutzen nicht die Gremien, die eigentlich dafür gedacht sind. Das ist eigentlich der falsche Weg.
(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)
Nutzen Sie doch die Gremien. Nehmen Sie teil. Sprechen Sie die Punkte an. Dann wird das im Kuratorium behandelt. Dort gibt es im Übrigen demokratische Beschlüsse. Dorthin gehört das auch. Solche Behauptungen, die ich jetzt nicht belegen und nicht widerlegen kann Das tut mir jetzt leid. Sie haben natürlich die Möglichkeit, das dort, wo es hingehört, auch anzusprechen.